gms | German Medical Science

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Alters- und geschlechtsspezifische Prävalenzen von Angstsymptomen sowie deren Zusammenhang mit Verlusterfahrungen bei Hochaltrigen

Meeting Abstract

  • Franziska D. Welzel - Universität Leipzig, Medizinische Fakultät, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP), Leipzig, Germany
  • Janine Stein - Universität Leipzig, Medizinische Fakultät, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP), Leipzig, Germany
  • Michael Pentzek - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Medizinische Fakultät, Institut für Allgemeinmedizin, Düsseldorf, Germany
  • Horst Bickel - Technische Universität München, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, München, Germany
  • Siegfried Weyerer - Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim & Universität Heidelberg, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim & Universität Heidelberg, Mannheim, Germany
  • Birgitt Wiese - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin, AG Medizinische Statistik und IT-Infrastruktur, Hannover, Germany
  • Hans-Helmut König - Universität Hamburg, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung, Hamburg, Germany
  • Martin Scherer - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Allgemeinmedizin, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Hamburg, Germany
  • Wolfgang Maier - Universitätsklinikum Bonn, & DZNE der Helmholtz Gesellschaft, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Bonn, Germany
  • Michael Wagner - Universitätsklinikum Bonn, & DZNE der Helmholtz Gesellschaft, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Bonn, Germany
  • Steffi G. Riedel-Heller - Universität Leipzig, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP), Leipzig, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf469

doi: 10.3205/19dkvf469, urn:nbn:de:0183-19dkvf4695

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Welzel et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Ängste zählen neben depressiven Beschwerden zu den häufigsten psychischen Beschwerden im Erwachsenenalter. Bisher jedoch fehlen Studien zu Ängsten im hohen Lebensalter, insbesondere für die Altersgruppe hochaltriger Menschen.

Fragestellung: Ziel der vorliegenden Arbeit war es, alters- und geschlechtsspezifische Prävalenzen von Angstsymptomen in einer großen Stichprobe hochaltriger Hausarztpatienten zu erfassen. Ferner sollten mögliche Prädiktoren der Angstsymptomatik, insbesondere der Einfluss von Verlusterfahrungen (Tod einer nahestehenden Person), für diese Altersgruppe untersucht werden.

Methode: Basierend auf den Daten der German Study on Ageing, Cognition and Dementia in Primary Care Patients (AgeCoDe-/AgeQualiDe) wurde eine Stichprobe von 897 hochaltrigen Hausarztpatienten (Mittelwert: 86,8 Jahre) mittels deskriptiver und logistischer Regressionsanalysen untersucht. Angstsymptome wurden über die Kurzform des Geriatric Anxiety Inventory (GAI-SF) erfasst. Verlusterfahrungen wurden über die Frage nach Todesfällen im engeren Lebensumfeld in den letzten 18 Monaten erhoben.

Ergebnisse: Bei 14,5% (95%-KI 12,4 – 16,8) der hochaltrigen Hausarztpatienten lag eine Angstsymptomatik vor. Die höchsten Prävalenzraten fanden sich für 82 bis 85-jährige Frauen (17,2%, 95%-KI 12,6 – 22,1) sowie für 86 bis 90-jährige Personen beiderlei Geschlechts (15,9%, 95%-KI 12,6 – 19,2). Personen mit einem Verlusterlebnis innerhalb der letzten 18 Monate hatten eine fast zweifach erhöhte Chance (Odds Ratio: 1,91, 95%-KI 1,15 – 3,17) für das Vorliegen einer Angstsymptomatik im Vergleich zu Personen ohne Verlusterfahrung. Erwartungsgemäß waren zudem depressive Symptome und verminderte kognitive Leistungsfähigkeit mit Angst assoziiert. In der Regressionsanalyse fanden sich keine signifikanten Zusammenhänge für soziales Netzwerk, Geschlecht, Alter, Gebrechlichkeit sowie körperliche Erkrankungen im Zusammenhang mit Angstsymptomen.

Diskussion und praktische Implikation: Diese Studie berichtet erstmals detaillierte Alters- und geschlechtsspezifische Prävalenzangaben für Angstsymptome und assoziierte Risikofaktoren in einer großen populationsbasierten Stichprobe hochaltriger Menschen. Angstsymptome stellen eine häufige psychische Belastung bei über 80-jährigen dar. Die Ergebnisse verweisen darauf, die vielfältigen Verlusterfahrungen älterer Menschen in der klinischen Praxis als potentiellen Risikofaktor für behandlungsbedürftige Ängste ernst zu nehmen.