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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Wie wirkt sich ein fehlendes stationäres Entlassungsgespräch auf das Wohlbefinden von Patienten aus?

Meeting Abstract

  • Ronny Zenker - Universitätsklinikum Dresden, Allgemeinmedizin, Dresden, Germany
  • Karen Voigt - Universitätsklinikum Dresden, Allgemeinmedizin, Dresden, Germany
  • Ansgar Jonietz - Was hab' ich?" gemeinnützige GmbH, Geschäftsführung, Dresden, Germany
  • Antje Bergmann - Universitätsklinikum Dresden, Allgemeinmedizin, Dresden, Germany
  • Henna Riemenschneider - Universitätsklinikum Dresden, Allgemeinmedizin, Dresden, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf447

doi: 10.3205/19dkvf447, urn:nbn:de:0183-19dkvf4477

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Zenker et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Eine Vielzahl an Patienten wird mit unklaren bzw. unzureichenden Informationen zum Krankenhausaufenthalt und zur weiteren Behandlung entlassen [1]. Es gibt Evidenz, dass medikamentenbezogene Probleme mit mangelndem Entlassmanagement (z.B. unzureichende Qualität des Arztbriefes und der Entlassungsgespräche) assoziiert sind [2].

Fragestellung: Welche Auswirkungen hat ein fehlendes Entlassungsgespräches auf das Wohlbefinden des Patienten nach einem Krankenhausaufenthalt?

Methoden: In einer randomisiert kontrollierten Studie (2016–2018) wurden stationär behandelte Patienten aus der Abteilung der Inneren Medizin einer Klinik in Bad Ems mittels eines Fragebogens auf ihr Wohlbefinden und Behandlungszufriedenheit nach Entlassung befragt. Weitere Daten wurden zu Krankenhausaufenthalt, Entlassungsgespräch und soziodemografischen Merkmalen der Patienten erhoben. Ergänzend zum Picker-Fragebogen „Stationäre Versorgung“ [1] unterstützten selbstentwickelte Items. Es erfolgte ein univariater statistischer Vergleich der Items nach Nichtvorliegen und Vorliegen eines Entlassungsgespräches mittels des Chi-Quadrat-Tests und eine multivariate Analyse mittels eines logistischen Regressionsmodells mit den Faktoren Alter, Geschlecht, Bildungsniveau und selbstberichteten Gesundheitszustand.

Ergebnisse: Von 1.772 postalisch versendeten Fragebögen konnten 417 (23,5%) in die Analyse einbezogen werden. 77,6% der Patienten berichteten von einem vorhandenen und 22,4% von einem fehlenden Entlassungsgespräch. Die beiden Patientengruppen unterschieden sich nicht signifikant im selbstberichteten Gesundheitszustand, Alter und Geschlecht. Patienten mit einem fehlenden Entlassungsgespräch hatten ein schwach signifikant höheres Bildungsniveau.

Ein fehlendes Gespräch wurde mit signifikant mehr „ausgeliefert sein“ (60,5% vs. 30,9%), sowie weniger Geborgenheit (46,3% vs. 76,9%), Mitbestimmung (38,2% vs. 66,2%) und Respekt (66,2% vs. 89,8%,) assoziiert. 43,0% der Patienten ohne ein Entlassungsgespräch verbinden den Krankenhausaufenthalt mit Angst (vs. 32,9% mit Gespräch, n.s.).

Weiterhin hatten Patienten ohne ein Entlassungsgespräch ein signifikant vermindertes Vertrauen in die Ärzte (87,5% vs. 95,7%) und fühlten sich weniger in Entscheidungsprozesse einbezogen (64,7% vs. 92,7%). Sie beurteilten zudem ihre gesamte Behandlung und Betreuung (40,2% vs. 81,1%) und den Behandlungserfolg (56,5% vs. 85,6%) jeweils schlechter.

Das logistische Regressionsmodell zeigte einen signifikanten Einfluss vom Entlassungsgespräch auf den Behandlungserfolg, „ausgeliefert sein“, Geborgenheit, Mitbestimmung und Respekt.

Diskussion: Fast ein Viertel der stationär behandelten Patienten berichteten von einem fehlenden Entlassungsgespräch. Patienten mit fehlendem Entlassungsgespräch berichteten vermindertes Wohlbefinden und Behandlungserfolg und bewerteten den gesamten Krankenhausaufenthalt sowie ihr Vertrauen zu Ärzten schlechter. Es ist anzunehmen, dass dadurch weniger Informationen vom Arzt an den Patienten vermittelt werden und offene Fragen ungeklärt bleiben. Gemäß dem gesetzlich geforderten Entlassmanagement sollten Patienten jedoch ausreichend informiert und beraten sein [3].

Unterstützend könnten zusätzliche patientenorientierte Informationen, z.B. ein leichtverständlicher Entlassungsbrief (Patientenbrief) weiterbestehende Informationsdefizite nach stationärem Aufenthalt vermindern.

Praktische Implikationen: Ein vorhandenes Entlassungsgespräch ist nicht nur für das Wohlbefinden der Patienten wichtig, sondern ist auch mit dem selbstberichteten Behandlungserfolg assoziiert und sollten ausreichend für alle Patienten sichergestellt werden.


Literatur

1.
Stahl K, Lietz D, Riechmann M, Günther W. Patientenerfahrungen in der Krankenhausversorgung: Revalidierung eines Erhebungsinstruments. Zeitschrift für Medizinische Psychologie. 2012;21:11-20.
2.
Freyer J, Kasprick L, Sultzer R, et al. A dual intervention in geriatric patients to prevent drug-related problems and improve discharge management. International Journal of Clinical Pharmacy. 2018;40:1189.
3.
Bundesschiedsamt. Rahmenvertrag über ein Entlassmanagement beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung nach § 39 Abs. 1a S. 9 SGB V (Rahmenvertrag Entlassmanagement). 2016 [Zugriff: 16.04.2019]. Verfügbar unter: https://www.kbv.de/media/sp/Rahmenvertrag_Entlassmanagement.pdf Externer Link