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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Go local – Forschungs- und Erprobungschancen durch die Gesundheitsregionen Niedersachsen

Meeting Abstract

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  • Lea Oesterle - Landesvereinigung für Gesundheit & Akademie für Sozialmedizin Nds. e. V. (LVG&AFS), Kommunale Gesundheit, Hannover, Germany
  • Maren Preuß - Landesvereinigung für Gesundheit & Akademie für Sozialmedizin Nds. e. V. (LVG&AFS), Kommunale Gesundheit und Pflege, Hannover, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf445

doi: 10.3205/19dkvf445, urn:nbn:de:0183-19dkvf4459

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Oesterle et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Das Projekt „Gesundheitsregionen Niedersachsen“ (GR) entwickelt seit 2014 kommunale Strukturen und innovative Projekte, die eine bedarfsgerechte und wohnortnahe Gesundheitsversorgung, Prävention und Gesundheitsförderung (P&GF) zum Ziel haben. Kommunen kommt dabei als Verantwortliche für die soziale Daseinsvorsorge (Art. 28 Abs. 2 GG) eine zentrale steuernde und koordinierende Rolle zu. Hierzu wird eine intensive träger- und sektorenübergreifende Kooperation und Vernetzung der Akteur*innen des Gesundheitswesens vor Ort sowie aus anderen Bereichen der regionalen Daseinsvorsorge angeregt. 37 von insgesamt 45 Landkreisen und kreisfreien Städten in Niedersachsen sind an dem Strukturaufbau beteiligt. In den Kommunen wird eine Koordinierungskraft eingestellt, eine Steuerungsgruppe (ca. 480 TN in 32 Strgr. (5 Kooperationsmodelle)) eingerichtet, über Gesundheitskonferenzen (69 seit 2015) eine Vernetzung der handelnden Akteur*innen vor Ort forciert, Engagement in Arbeitsgruppen (ca. 1.850 TN in über 140 AGs) gebündelt und Maßnahmen für verbesserte Vernetzungsstrukturen oder eine optimierte Versorgungs- und Angebotslage initiiert (ca. 40 bewilligte Projekte zuzüglich über andere Fördermittel umgesetzte Maßnahmen). Dabei reichen die bearbeiteten Themen von der ärztlichen und pflegerischen Versorgung (z. B. Nachwuchsgewinnungs- und -bindungsprogramme, digitale Lösungen zur interdisziplinären Kommunikation, Delegation von Leistungen und Behandlung von Patient*innen) über soziallagendifferenzierte Präventionsprogramme (z. B. Screenings bei Kindern) bis hin zur Sensibilisierung für psychische Erkrankungen oder die hospizliche und palliative Versorgung am Lebensende. Die GR bilden somit ein interessantes Feld mit vielseitigen Anknüpfungspunkten für Versorgungsforschung und den Transfer in die Praxis.

Fragestellung: Welche Wirkung wird durch den Strukturaufbau innerhalb der GR auf die bedarfsorientierte Gestaltung und Optimierung der Gesundheitsversorgung sowie P&GF vor Ort erzielt?

Methode: Perspektivisch soll ein wirkungsorientiertes Monitoring zum Einsatz kommen, um die langfristigen Auswirkungen des beschriebenen Strukturaufbaus prozesshaft darzustellen. Das bisher bestehende Konzept (angelehnt an Phineo (2017) „Kursbuch Wirkung“ der Bertelsmann Stiftung) bietet sich insbesondere bei komplexen Strukturaufbauprogrammen an, die darauf ausgerichtet sind, eine nachhaltige Wirkung zu entfalten. Es ist darauf ausgerichtet, regelmäßig Informationen zu erheben, um abzubilden, ob sich die Entwicklungen in den GR in Richtung vorab entwickelter Wirkungsziele bewegen. Es werden Impact, Outcome, Output sowie Input gemessen und in Relation zueinander gesetzt. Die Datenerhebung erfolgt anhand eines per E-Mail verschickten Fragebogens/Erhebungsrasters sowie ergänzende qualitative Interviews mit den jeweiligen Koordinierungskräften der GR. Durch die gemeinsame Netzwerkarbeit ist eine Vollerhebung realisierbar. Das differenzierte Befragungs- und Erhebungsraster nimmt Bezug auf die quantitative und qualitative Entwicklung der Strukturen vor Ort (im Rahmen der Koordinierungsstellen, Steuerungsgruppen, Arbeitsgruppen, Gesundheitskonferenzen) sowie der bearbeiteten Themenschwerpunkte.

Ergebnisse: Die Ergebnisse der Wirkungsanalyse bieten in Anbetracht der zur Verfügung stehenden Ressourcen eine vielversprechende Möglichkeit, um Ressourcen, Leistungen und die Wirkung des Projekts auf Zielgruppen- und Gesellschaftsebene in Relation zu setzen. So bilden sie die Grundlage, um Schlussfolgerungen für die Projektarbeit vor Ort und auf Landesebene zu ziehen und gegebenenfalls Verbesserungen anzustoßen.

Diskussion: Es ist herausfordernd, in hochkomplexen Projekten wie den GR eine tatsächlich verbesserte Gesundheit der Bevölkerung vor Ort als Auswirkung der Strukturentwicklungsprozesse nachzuweisen (die in GR entwickelten Projekte werden meist evaluiert). Ebenso herausfordernd ist die Erbringung eines evidenten Nachweises, dass die auf diesem Wege initiierten Vernetzungsaktivitäten Kooperationen auf kommunaler Ebene erleichtern, Synergien ermöglichen und Einsparpotenziale bieten. Der Status Quo der Versorgungslage, die Bedarfe zur Planung und Initiierung oder Optimierung von Maßnahmen und Angeboten sowie die Modellprojekte selbst werden wissenschaftlich erhoben. Dies geschieht in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit kommunaler Ressourcen oder Kooperationen mit Universitäten oder anderen Forschungseinrichtungen.

Praktische Implikationen: Das vorgesehene Konzept birgt viel Potenzial, um die Erkenntnisse andere Forschungsprojekte zu integrieren, die beispielsweise auf einzelne Themenschwerpunkte der Arbeit vor Ort ausgerichtet sind. Für die GR entsteht auf diese Weise ein großer Nutzen, da sowohl der geleistete Strukturaufbau wie auch die hieraus entstehenden Handlungsansätze systematisch evaluiert werden könnten. Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen könnten auf direktem Wege in das Handeln integriert werden.