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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Die Auswirkungen unterschiedlicher Definitionen zur Schwere der Psoriasis in der Routineversorgung

Meeting Abstract

  • Matthias Augustin - Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), CVderm, Hamburg, Germany
  • Anna Langenbruch - Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), CVderm, Hamburg, Germany
  • Mandy Naatz - Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), CVderm, Hamburg, Germany
  • Kristian Reich - Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), CVderm, Hamburg, Germany
  • Andreas Körber - Universitätsklinikum Essen, Klinik für Dermatologie, Essen, Germany
  • Dirk Maaßen - Hautarztpraxis Maxdorf, Hautarztpraxis Maxdorf, Maxdorf, Germany
  • Ulrich Mrowietz - Universitätsklinikum Schleswig-Holstein - Campus Kiel, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Kiel, Germany
  • Diamant Thaçi - Universitätsklinikum Schleswig-Holstein - Campus Lübeck, Institut und Exzellenzzentrum Entzündungsmedizin, Lübeck, Germany
  • Ralph von Kiedrowski - Dermatologische Spezialpraxis Selters, Dermatologische Spezialpraxis Selters, Selters, Germany
  • Marc A. Radtke - Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), CVderm, Hamburg, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf439

doi: 10.3205/19dkvf439, urn:nbn:de:0183-19dkvf4392

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Augustin et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Beurteilung der Erkrankungsschwere ist ein wesentlicher Bestandteil in der Versorgung von Patienten mit Psoriasis (Schuppenflechte). Bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis wird systemische Behandlung empfohlen. Die Beurteilung des Schweregrades basiert im Allgemeinen auf dem Psoriasis Area and Severity Index (PASI; 0-72; höherer Wert bedeutet schwerere Erkrankung) und dem Dermatologischen Lebensqualitätsindex (DLQI; 0-30; 30 = maximale Einschränkung der Lebensqualität). Es liegen jedoch unterschiedliche Schweregrad-Definitionen anhand dieser Scores vor.

Ziel: Bestimmung der Anteile von Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis anhand unterschiedlicher Definitionen aktueller Leitlinien.

Methode: Bundesweite Querschnittsdaten von 3.274 Patienten (≥ 18 Jahre alt) mit Psoriasis aus mehr als 200 dermatologischen Praxen und Kliniken wurden hinsichtlich des Schweregrades ihrer Psoriasis untersucht.

Ergebnisse: Unter den 3.274 Patienten (43,4% weiblich, mittleres Alter 51,7 Jahre) betrug die mittlere Krankheitsdauer 21,4 Jahre, 18,4% hatten eine Psoriasis-Arthritis und 33,4% eine Psoriasis mit Nagelbeteiligung. Der mittlere PASI betrug 9,4 und der DLQI durchschnittlich 6,9. Der Anteil von Patienten, die entsprechend der Europäischen Leitlinie die Kriterien für eine mittelschwere bis schwere Psoriasis (PASI AND DLQI > 10) erfüllten, betrug 14,0%, obwohl 45,3% mindestens einen PASI oder DLQI von > 10 erreichten. Die Berücksichtigung aller Patienten als mittelschwer bis schwer, bei denen eine systemische Behandlung vorlag, erhöhte diesen Anteil auf 56,9 % bzw. 75,2 %. Bei Einschätzung der Schwere nur mithilfe eines PASI > 10 lag der Anteil der Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis bei 35,3% bzw. 69,3%.

Diskussion: Der Anteil von Patienten mit Psoriasis, bei denen von einer mittelschweren bis schweren Erkrankung ausgegangen wird, variiert je nach Schweregrad-Definition erheblich. Die Berücksichtigung aller Patienten als mittelschwer bis schwer, bei denen eine systemische Therapie vorlag, erhöhte diesen Anteil deutlich, obwohl diese Patienten nicht der Definition von PASI > 10 und DLQI > 10 entsprechen. Um der Abbildung der Versorgungsrealität jedoch gerecht zu werden, wurde diese Patientengruppe in die aktuelle Analyse einbezogen und machte 42,9% der Kohorte aus. Die unterschiedlichen Definitionen können zu Unsicherheit und Ungleichheit beim Zugang zu Systemtherapien führen.

Praktische Implikationen: In der Routineversorgung sollte die Verschreibung von Medikamenten für Patienten, die eine systemische Behandlung benötigen, auf einer erweiterten Definition beruhen, die sowohl solche mit objektiv mittelschwerer bis schwerer Psoriasis (PASI > 10) als auch solche mit starker Krankheitslast (DLQI > 10) einbezieht. Besonders bei sichtbaren Hautstellen wie Nägel, Kopfhaut und Gesicht ist dies wichtig. Darüber hinaus sollten klinische Entscheidungen für antipsoriatische Behandlungen vorzugsweise auf der Grundlage des Bedarfs und der Patientenpräferenzen getroffen werden. Ein solches Konzept geht über PASI und DLQI hinaus und muss individuelle Behandlungsziele für eine personalisierte Therapie beinhalten.