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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Interventionsansätze zur Reduktion von Stigmatisierung bei Menschen mit sichtbaren chronischen Hauterkrankungen – ein systematisches Review

Meeting Abstract

  • Janine Topp - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung i. d. Dermatologie u. bei Pflegeberufen (IVDP), Hamburg, Germany
  • Valerie Frederike Andrees - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung i. d. Dermatologie u. bei Pflegeberufen (IVDP), Hamburg, Germany
  • Ines Schäfer - SmartStep Data Institute GmbH, Hamburg, Germany
  • Rachel Sommer - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung i. d. Dermatologie u. bei Pflegeberufen (IVDP), Hamburg, Germany
  • Natascha-Alexandra Weinberger - SRH Hochschule für Gesundheit Gera, Forschungsgruppe COPE, Gera, Germany
  • Claudia Luck-Sikorski - SRH Hochschule für Gesundheit Gera, Forschungsgruppe COPE, Gera, Germany
  • Ulrich Mrowietz - Universitätsklinikum Schleswig-Holstein - Campus Kiel, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Kiel, Germany
  • Matthias Augustin - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung i. d. Dermatologie u. bei Pflegeberufen (IVDP), Hamburg, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf433

doi: 10.3205/19dkvf433, urn:nbn:de:0183-19dkvf4332

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Topp et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Sichtbarkeit chronischer Hauterkrankungen geht mit einer gesellschaftlichen Diskriminierung und Stigmatisierung einher. Zusätzlich zur Krankheitslast ergeben sich durch die wahrgenommene und erlebte Stigmatisierung weitere psychosoziale Beeinträchtigungen. Ansätzen zur Reduktion von Stigmatisierung kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu.

Fragestellung: Welche Interventionsansätze zur Reduktion von Stigmatisierung bei Menschen mit sichtbaren chronischen Hauterkrankungen sind bekannt? Wie sind die Qualität dieser Ansätze und deren Ergebnisse einzuschätzen?

Methoden: Im Mai 2018 wurde eine systematische Literaturrecherche in den elektronischen Datenbanken EMBASE, MEDLINE, Web of Science und PsychINFO durchgeführt. Studien, welche Interventionsformate zur Reduktion von Stigmatisierung bei Menschen mit sichtbaren chronischen Hauterkrankungen beschreiben und evaluieren, wurden eingeschlossen. Die Datenextraktion umfasste die Interventionsbeschreibung, die Zielpopulation und das Setting sowie die verwendeten Ergebnisparameter und das Studienergebnis selbst. Die CASP Checkliste wurde eingesetzt, um die methodische Qualität der eingeschlossenen Studien zu bewerten.

Ergebnisse: 19 Studien mit sehr unterschiedlichen Studiendesigns und Stichprobengrößen erfüllten die Einschlusskriterien. Insgesamt 13 davon verfolgten das Ziel die Stigmatisierung von Menschen mit Lepra zu reduzieren. Zielpopulationen der übrigen Studien waren Personen mit Vitiligo, Haarausfall, Neurodermitis, Nagelpilz, Gesichtsentstellungen und Ulcus cruris. Die Interventionen in 10 Studien adressierten die stigmatisierte Personengruppe selbst: Ansätze zur Verbesserung der Selbstwahrnehmung, zur Förderung der Partizipation sowie zur Steigerung der Lebensqualität konnten die Selbststigmatisierung reduzieren. Die Interventionen in 4 Studien richteten sich an die potentiell stigmatisierende Allgemeinbevölkerung: Durch den Abbau von Berührungsängsten in der allgemeinen Bevölkerung, die Aufklärung von Personengruppen und die Beeinflussung der Risikowahrnehmung konnte das öffentliche Stigma reduziert werden. Die Interventionen der übrigen 5 Studien verfolgten das Ziel sowohl die Selbststigmatisierung als auch das öffentliche Stigma zu beeinflussen. Die Qualität der eingeschlossenen Studien war größtenteils schlecht.

Diskussion: Die systematische Literaturübersicht macht deutlich, dass es an qualitativ hochwertigen Studien zur Reduktion von Stigmatisierung bei Menschen mit sichtbaren chronischen Hauterkrankungen mangelt. Trotzdem liefern die identifizierten Studien wichtige Hinweise für die Entwicklung, Implementierung und Evaluation zukünftiger Interventionen.

Praktische Implikation: Die erhebliche Krankheitslast durch wahrgenommene und erlebte Stigmatisierung und der Mangel an qualitativ hochwertigen Studien zeigen einen klaren Handlungsbedarf auf. Die Ergebnisse des Reviews fließen in die Konzeption eines neuen, komplexen Interventionsformates ein. Dabei wird ein besonderer Fokus auf die Verstetigung des Interventionsformates gelegt, um so langfristig wahrgenommene und erlebte Stigmatisierung von Menschen mit sichtbaren chronischen Hauterkrankungen nachhaltig positiv zu beeinflussen.