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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Bauchspeicheldrüsenkrebs – Inzidenz und Versorgungszahlen in Nordwest-Niedersachsen unter Betrachtung von routinemäßig erhobenen Sekundärdaten

Meeting Abstract

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  • Claudia Vohmann - Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen, Registerstelle, Oldenburg, Germany
  • Verena Nicole Uslar - Universitätsklinik für Viszeralchirurgie, Pius Hospital, Klinik für Allgemein- und Viszeralchriurgie, Oldenburg, Germany
  • Dirk Weyhe - Universitätsklinik für Viszeralchirurgie, Pius Hospital, Klinik für Allgemein- und Viszeralchriurgie, Oldenburg, Germany
  • Joachim Kieschke - Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen, Registerstelle, Oldenburg, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf424

doi: 10.3205/19dkvf424, urn:nbn:de:0183-19dkvf4240

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Vohmann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Bauchspeicheldrüsenkrebs gehört zu den Krebserkrankungen mit steigender Inzidenz und schlechter Prognose. Tumore werden oftmals erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, da in frühem Stadium selten Symptome auftreten. Nur bei etwa 20% der Patientinnen und Patienten kommt zum Zeitpunkt der Diagnosestellung eine Operation als kurativer Ansatz in Frage. Neoadjuvante Therapien mit einberechnet, werden insgesamt 40-50% der Patientinnen und Patienten operativ behandelt. In Niedersachsen gab es 2015 sechs von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierte Pankreaskrebszentren, inzwischen sind es zwölf (März 2019).

Fragestellung: Wie viele Personen erkranken an Bauchspeicheldrüsenkrebs in der Region Weser-Ems (ehem. Regierungsbezirk, im Vergleich zu Niedersachsen) und wo werden die Patientinnen und Patienten stationär versorgt? Wie hoch ist der Anteil derjenigen, die in zertifizierten Zentren behandelt werden? Können diese Fragestellungen mit den vorliegenden Datenquellen beantwortet werden?

Methodik: Für die Inzidenz von Bauchspeicheldrüsenkrebs (ICD-10 C25) wurden geschlechtsspezifische Fallzahlen und Raten (je 100.000 Einwohner) für die Jahre 2006 bis 2015 des Epidemiologischen Krebsregisters Niedersachsen (EKN) herangezogen. Die Krankenhausdiagnosestatistik (KHDS) des Landesamtes für Statistik Niedersachsen lieferte Krankenhausbehandlungsfälle mit Diagnose C25 nach Wohnorten (auf Landkreisebene in Niedersachsen, sonst Bundesland) und Behandlungsorten (11 Regionen in Niedersachsen, davon 3 in Weser-Ems) stratifiziert, für die Jahre 2010-2015. Aus den strukturierten Qualitätsberichten der Krankenhäuser (SQBs) standen behandelte Hauptdiagnosefälle (C25) aus den Jahren 2010, 2012-2015 der einzelnen Leistungserbringer zur Verfügung. Dabei werden aus Datenschutzgründen kleine Werte unter vier nicht differenziert aufgeschlüsselt; für diese Untersuchung wurde in solchen Fällen ein Durchschnittswert von zwei angenommen. Die Angaben zu zertifizierten Pankreaskrebszentren stammen von der Deutschen Krebsgesellschaft.

Ergebnisse: 2015 erkrankten 860 Männer und 853 Frauen in Niedersachsen (NDS) neu an Bauchspeicheldrüsenkrebs, in der Region Weser-Ems waren es 236 Männer und 233 Frauen. Die Fallzahlen sind seit 2006 stetig angestiegen. Bei den altersstandardisierten Inzidenzraten ist ein leicht ansteigender Trend in Niedersachsen und der Region Weser-Ems zu beobachten. Die Inzidenzraten liegen 2015 in der Region Weser-Ems mit 12,9 (Männer) und 10,0 (Frauen) nahe den Raten für Niedersachsen mit 13,8 und 10,7.

Die Krankenhausbehandlungsfälle mit C25 und Wohnort NDS bzw. Weser-Ems sind von 2010 bis 2015 ebenfalls angestiegen (von 2.837 auf 3.523 bzw. von 812 auf 1.172 für beide Geschlechter zusammen). Auf einen Neuerkrankungsfall in NDS kommen zwei Krankenhausbehandlungsfälle mit Wohnort NDS (2010–2015 gemittelt); für Weser-Ems sind es 2,3. Über die Zeit ist in Weser-Ems das Verhältnis von 1,9 (2010) auf 2,5 (2015) angestiegen (in NDS von 1,9 auf 2,1).

84% der C25-Krankenhausfälle mit Wohnort Niedersachsen wurden auch in Niedersachsen stationär behandelt (2010–2015), 16% in anderen Bundesländern. Aus der Region Weser-Ems wurden durchschnittlich 90% der Fälle in Niedersachsen behandelt, aus den Kreisen Emsland, Grafschaft Bentheim und Wesermarsch dieser Region waren es jedoch nur 80 %.

Behandlungsorte: Rund 39% der C25-Krankenhausfälle mit Wohnort Weser-Ems wurden zwischen 2010–2015 in Westniedersachsen stationär behandelt, 25% im Oldenburger Raum und 25% in Ostfriesland/Nordseeküste (d.h. in einer der drei Behandlungsregionen in Weser-Ems), 1% in anderen Regionen Niedersachsens und 10% außerhalb Niedersachsens.

Aus den SQBs lässt sich ermitteln, dass 14% der Krankenhausfälle mit C25-Diagnose, die 2015 in Niedersachsen behandelt wurden (auch mit Wohnort außerhalb Niedersachsens), in einem von sechs zertifizierten Zentren behandelt wurden. In der Region Weser-Ems, mit drei zertifizierten Pankreaskrebszentren in Oldenburg und Osnabrück, betrug der Anteil 25%.

Diskussion: Deutschlandweit ist aufgrund der demografischen Entwicklung ein Anstieg der absoluten Fallzahlen zu beobachten. Die Inzidenzraten liegen in der Region Weser-Ems, in Niedersachsen und Deutschland auf einem Niveau und die zeitlichen Verläufe ähneln sich. Methodische Limitationen der Auswertung sind der Fall- statt Patientenbezug in der KHDS und den SQBs sowie eine fehlende Differenzierung in Wohn- und Behandlungsort bei den SQBs.

Das neue Klinische Krebsregister Niedersachsen wird für den onkologischen Bereich zukünftig eine neue Datengrundlage schaffen, mit der Fragen zu Versorgungsaspekten differenzierter beantwortet werden können.

Praktische Implikationen: Um eine Verbesserung für Erkrankte an Bauchspeicheldrüsenkrebs zu erzielen, wäre es wünschenswert, den Anteil der Behandelten in zertifizierten Zentren zu erhöhen. In Niedersachsen gibt es inzwischen zwölf zertifizierte Zentren, in der Region Weser-Ems liegen zwei davon.