gms | German Medical Science

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Therapie und Überleben beim rezidivierten Ovarialkarzinom – eine populationsbezogene Untersuchung in Ostbayern

Meeting Abstract

  • Franziska Haslbeck - Tumorzentrum Regensburg, Institut für Qualitätssicherung und Versorgungsforschung der Universität Regensburg, Regensburg, Germany
  • Olaf Ortmann - Caritas-Krankenhaus St. Josef Regensburg, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Lehrstuhl der Universität Regensburg, Regensburg, Germany
  • Michael Gerken - Tumorzentrum Regensburg, Regensburg, Germany
  • Elisabeth C. Inwald - Caritas-Krankenhaus St. Josef Regensburg, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Lehrstuhl der Universität Regensburg, Regensburg, Germany
  • Monika Klinkhammer-Schalke - Tumorzentrum Regensburg, Institut für Qualitätssicherung und Versorgungsforschung der Universität Regensburg, Regensburg, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf420

doi: 10.3205/19dkvf420, urn:nbn:de:0183-19dkvf4202

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Haslbeck et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund und Fragestellung: Das Ovarialkarzinom ist in der gynäkologischen Onkologie das Karzinom mit der höchsten Mortalitätsrate. Die Rezidive sind sowohl durch eine schlechte Prognose als auch ein schlechtes Gesamtüberleben gekennzeichnet. In der S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge maligner Ovarialtumoren“ herrscht Einigkeit darüber, dass im Rezidiv auch eine Chemotherapie erfolgen sollte. Der Stellenwert der operativen Therapie im Rezidiv ist dagegen noch ein Gebiet mit vielen offenen Fragen. Die vorliegende Studie soll einen Beitrag zur Qualitätssicherung der Behandlung von Patientinnen mit rezidivierten Ovarialkarzinom liefern. Hierfür wurde die Therapie und das Überleben in der Situation des Rezidivs populationsbezogen in einer retrospektiven Kohortenstudie anhand der Daten eines klinischen Krebsregisters untersucht.

Methode: Daten des regionalen klinischen Krebsregisters am Tumorzentrum Regensburg von Patientinnen mit Wohnort innerhalb der Oberpfalz, die im Zeitraum 1998–2013 die ICD-10-Diagnose C56 Bösartige Neubildung des Ovars gestellt bekamen und ein Rezidiv entwickelten, wurden erfasst, aufbereitet und analysiert. Als Endpunkte wurde das therapieabhängige Überleben nach Rezidiv unter Nicht-Operierten und Operierten mittels Kaplan-Meier-Analysen und multivariablen Cox-Regressionsanalysen ermittelt. Die Ergebnisse dieser Studie wurden außerdem mit den Qualitätsindikatoren der aktuell gültigen S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge maligner Ovarialtumoren“ abgeglichen.

Ergebnisse: Für das Patientenkollektiv von 300 rezidivierten Patientinnen mit Ovarialkarzinom ergab sich ein medianes Gesamtüberleben von 21,6 Monaten mit einem 2-Jahres-Gesamtüberleben (2Y-OS) von 47,5% und einem 5-Jahresüberleben von (5Y-OS) von 16,25%. In der Kaplan-Meier-Analyse stellte sich in der Rezidivsituation das Alter, eine platin- und taxolbasierte Chemotherapie sowie eine kombinierte Therapie bestehend aus Operation gefolgt von einer platinbasierten Chemotherapie als signifikante Prognosefaktoren für das Gesamtüberleben dar. Der Überlebensvorteil der operierten und mit adjuvanter Chemotherapie behandelten Patienten konnte in der multivariablen Cox-Regressionsanalyse bestätigt werden (HR:0,162; 95%-KI: 0,094-0,279; p < 0,001). Selbst eine alleinige Chemotherapie wirkt sich günstig auf das Gesamtüberleben aus (HR:0,430; 95%-KI: 0,256-0,723; p=0,001).

Die günstigsten Überlebenszeiten im Rezidiv zeigten in der multivariablen Cox-Regressions-Analyse die Operierten und adjuvant mit Platin und Taxol behandelten Patienten mit einer medianen Gesamtüberlebenszeit von 53,4 Monaten (HR:0,118; 95%-KI: 0,058-0,242; p < 0,001). Jedoch auch eine operative Therapie gefolgt von einer alleinigen insbesondere platinhaltigen Chemotherapie wirkt sich günstig auf das Gesamtüberleben aus (medianes OS für die Gruppe „Platin mono“ 34,2 Monate p < 0,001 vs medianes OS 29,6 Monate in der Gruppe „andere Chemo“, p=0,001).

Unter den im Rezidiv Nicht-Operierten Patienten wirkt sich in der multivariablen Analyse im Rezidiv eine platin- und taxolhaltige Kombinationstherapie am günstigsten auf die Überlebenszeit aus (Medianes OS 23,55 Monate HR:0,326; 95%-KI: 0,158-0,673; p = 0,002). Auch eine alleinige Chemotherapie zeigt einen günstigen Effekt auf das Gesamtüberleben, wobei eine platinbasierte Monotherapie einer anderen therapeutischen Substanz überlegen ist (Platin mono vs andere Chemo 16,8 Monate vs 10,8 Monate HR:0,351; 95%-KI: 0,184-0,669; p=0,001).

Diskussion und praktische Implikationen: Nach den S3-Leitlinien soll bei Patienten im Rezidiv eine Chemotherapie durchgeführt werden. Der positive Effekt einer Chemotherapie – insbesondere einer platin-basierten Kombinationstherapie – konnte in der vorliegenden Untersuchung bestätigt werden. Auch eine operative Therapie im Rezidiv gefolgt von einer platin- und taxolhaltigen Chemotherapie erbrachte einen signifikanten Überlebensvorteil. Während beim primären Ovarialkarzinom eine operative Therapie gefolgt von einer adjuvanten Chemotherapie etablierter Standard ist, ist der Stellenwert der Rezidiv-Chirurgie noch Gegenstand der Forschung. Retrospektive Studien wie auch die vorliegende sprechen für den Nutzen einer operativen Therapie im Rezidiv. Es werden weitere Studien notwendig sein, um den Nutzen einer operativen Therapie für ein selektives Patientengut zu validieren.