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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Daten aus dem deutschen Mukoviszidose Register: Berichtsband über die Versorgungssituation von 91 spezialisierten Mukoviszidose-Einrichtungen in Deutschland. Situation für das Berichtsjahr 2017

Meeting Abstract

  • Miriam Schlangen - Mukoviszidose e.V., Mukoviszidose Institut gGmbH, Bonn, Germany
  • Katharina Heuing - Mukoviszidose e.V., Bonn, Germany
  • Manuel Burkhart - Mukoviszidose e.V., Mukoviszidose Institut gGmbH, Bonn, Germany
  • Lutz Nährlich - Justus-Liebig-Universität Gießen, Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Abteilung Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie, Gießen, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf414

doi: 10.3205/19dkvf414, urn:nbn:de:0183-19dkvf4141

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Schlangen et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Mukoviszidose (Cystische Fibrose, CF) ist eine seltene, genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung. In Deutschland beträgt die Inzidenz bei Neugeborenen 1 : 3 300 bis 1 : 4 800. Durch eine Störung des Salz- und Wasserhaushalts im Körper bildet sich bei Mukoviszidose-Betroffenen ein zähflüssiges Sekret, das Organe wie die Lunge und die Bauchspeicheldrüse irreparabel schädigt. Patienten mit der seltenen Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose benötigen aufgrund der Multiorganbeteiligung eine umfassende, spezialisierte Versorgung durch ein interdisziplinäres und multiprofessionelles Team.

Das deutsche Mukoviszidose Register ist eine wichtige Informationsquelle zur Beurteilung des Gesundheitszustandes der Patienten mit Mukoviszidose in Deutschland. Mit diesem Register verfolgt der Mukoviszidose e.V. folgende Ziele:

  • die Versorgungssituation von Patienten mit Mukoviszidose in Deutschland zu erfassen, zu analysieren und zu verbessern,
  • die Daten als Grundlage für Versorgungsforschung, Therapieentwicklung und das Projekt Benchmarking (Vergleich zwischen den Ambulanzen / Lernen von den Besten) bereitzustellen,
  • die Registerdaten für Patienten und Therapeuten in jährlich erscheinenden Berichtsbänden aufzubereiten und transparent darzustellen.

Darüber hinaus bieten die Daten des Registers den teilnehmenden CF-Einrichtungen die Möglichkeit zur internen Qualitätssicherung.

Im Jahr 2017 wurden Verlaufsdatensätze von 6.106 Patienten dokumentiert. Der Berichtsband enthält Auswertungen zum Gesundheitszustand auf Grundlage dieses Kollektivs. Ausgewertet wurden unter anderem krankheitsführende Parameter wie der Ernährungsstatus, die Lungenfunktion, Komplikationen und Therapien. Darüber hinaus können die Versorgungsstrukturen bundesweit dargestellt werden.

Methodik: Betreiber des Registers ist die Patientenorganisation Mukoviszdose e.V.. Dokumentiert werden die Daten durch die CF Ambulanzen, das Datenmanagement und die Statistik erfolgt durch das Interdisziplinäre Zentrum Klinische Studien der Universität Mainz. Das Datenschutzkonzept beinhaltet die getrennte Speicherung von identifizierenden und medizinischen Daten.

Die Verlaufsdatensätze werden in den sogenannten Stufe I Ambulanzen einmal jährlich als Status für das gesamte Kalenderjahr dokumentiert, bzw. aus den besuchsbezogenen Datensätzen, den sogenannten Stufe II Ambulanzen aggregiert. Dabei bestimmt eine mindestens einmal im Jahr vorliegende Komplikation bzw. eine Dauertherapie, ein mikrobiologischer Nachweis oder eine chronische Infektion die Ausprägung für das gesamte Berichtsjahr. Liegen für einen Patienten aus mehreren Ambulanzen Verlaufsdaten vor, weil er im Berichtszeitraum die Ambulanz gewechselt hat, werden diese ebenfalls zu einem Datensatz für den Berichtsband aggregiert.

Im Berichtsband 2017 können erstmalig die Ergebnisse einer Mortalitätsanalyse für Deutschland vorgestellt werden. In diese Auswertung gehen alle Patienten ein, die im jeweiligen Berichtsjahr verstorben sind, unabhängig davon ob ein Verlaufsdatensatz vorliegt oder nicht. Dabei werden alle Patienten, die ihre Einwilligung vor dem Tod zurückgezogen haben, ausgeschlossen.

Ergebnisse: Für das Berichtsjahr 2017 gehen Verlaufsdatensätze von 6106 Patienten in die Auswertung ein. Der Anteil der erwachsenen dieses Kollektiv beträgt 58,1 Prozent. 29 Prozent der Mukoviszidose-Patienten befinden sich in der Altersgruppe 18-29 Jahre. Die Auswertungen zeigen, dass 18,2 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit Mukoviszidose untergewichtig sind, insbesondere in der Altersgruppe der 14 bis 17-jährigen. Ab diesem Alter kann auch ein Abfall der FEV 1 gezeigt werden.

Es haben sich insgesamt 91 Mukoviszidose-Einrichtungen am Register beteiligt. Dabei betreuten 47 Einrichtungen weniger als 50 Mukoviszidose-Patienten und 44 Einrichtungen mehr als 50 Mukoviszidose-Patienten, das entspricht über 80 Prozent der am Register dokumentierten Menschen mit Mukoviszidose.

Als Schwerpunkt des vorliegenden Berichtsbandes wird auf das 2016 eingeführte Neugeborenenscreening eingegangen. Es konnte gezeigt werden, dass sich infolge des Screenings die Anzahl dokumentierter Neudiagnosen auf 206 erhöht hat und sich entsprechend das mediane Alter bei Diagnosestellung auf 0,17 Jahre verringert hat. Es zeigt sich, dass im betrachteten Kollektiv bereits ein Jahr nach Einführung 52% der Neudiagnostizierten über das Neugeborenenscreening entdeckt wurden.

Darüber hinaus können erstmals Aussagen zu Lebenszeit, dem mittleren Überlebensalter und der Lebenserwartung aufgenommen werden. Das mittlere Überlebensalter für den Zeitraum 2012 bis 2016 lag bei 47,5 Jahren. Die Lebenserwartung eines in diesem Zeitraum geborenen Menschen mit Mukoviszidose in Deutschland lag bei 50 Jahren.

Diskussion/Schlussfolgerung: Die skizzierten Ergebnisse haben direkten Einfluss auf die Erfordernisse der Versorgungsstrukturen. Man kann davon ausgehen, dass aufgrund der derzeit verfügbaren Therapiemöglichkeiten die Zahl der erwachsenen Patienten ansteigt, gleichzeitig zeigen die Ergebnisse von Auswertungen zu Ernährungszustand, Lungenfunktion und Begleiterkrankungen, dass gerade in dieser Patientengruppe ein Bedarf für eine spezialisierte Erwachsenenversorgung durch ein multiprofessionelles Team besteht. Die Darstellung der derzeitigen Versorgungstrukturen zeigt, dass die Versorgungslandschaft auf diese Entwicklung noch nicht vorbereitet ist.

Schlüsselbegriffe: Register, medizinische Daten, Versorgungssituation, Versorgungsstruktur, seltene Erkrankungen, Mukoviszidose