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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Situation der Pflege in Krankenhäusern in München

Meeting Abstract

  • Susann Schmidt - Landeshauptstadt München, Referat für Gesundheit und Umwelt, München, Germany
  • Bettina Kieslinger - Landeshauptstadt München, Referat für Gesundheit und Umwelt, München, Germany
  • Eva Rosenfeld - Landeshauptstadt München, Referat für Gesundheit und Umwelt, München, Germany
  • Christian Nagel - Landeshauptstadt München, Referat für Gesundheit und Umwelt, München, Germany
  • Ender Temizdemir - IGES Institut GmbH, Gesundheitspolitik, Berlin, Germany
  • Monika Sander - IGES Institut GmbH, Gesundheitspolitik, Berlin, Germany
  • Stefan Loos - IGES Institut GmbH, Gesundheitspolitik, Berlin, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf404

doi: 10.3205/19dkvf404, urn:nbn:de:0183-19dkvf4043

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Schmidt et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Das Thema Pflege gehört aufgrund des Pflegepersonalmangels bundesweit zu den gesundheitspolitischen Themen mit oberster Priorität. Für die Stadt München lagen bisher keine Daten vor, die eine umfassende und systematische Analyse der Situation der Pflege erlauben.

Fragestellungen:

  • Wie stellt sich die Situation der Pflege in Münchner Krankenhäusern hinsichtlich Personal, Ausbildung, Studium, Anerkennungsverfahren sowie Fort- und Weiterbildung dar?
  • Mit welchen Maßnahmen kann dem Fachkräftemangel begegnet werden?
  • Lässt sich der Pflegepersonalbedarf für München in den nächsten zehn Jahren abschätzen?

Methoden: Die Primärdaten-Erhebungen unterteilten sich in schriftliche Befragungen der Krankenhausstandorte, der Pflegekräfte in Krankenhäusern, der Berufsfachschulen und Hochschulen sowie der Schülerinnen und Schüler und Studierenden. Inhaltlich bezogen sich die Befragungen unter anderem auf die Personalsituation, Ausbildung, Arbeitsbelastung, Zufriedenheit, Lebensbedingungen und Zukunftspläne der Beschäftigten und des pflegerischen Nachwuchses. Eine Sekundärdatenanalyse diente dazu, die Ergebnisse der Primär-Erhebungen auf die Grundgesamtheit hochzurechnen und zukünftige Entwicklungen der Rahmenbedingungen für München abzuschätzen.

Ergebnisse: An der Befragung der Krankenhäuser haben sich 16 von insgesamt 52 Klinikstandorten in München beteiligt. Die 16 Krankenhäuser repräsentierten etwa 48% der Gesamtzahl der Betten und 46 % der vollstationären Fälle, wenn man die Daten der Strukturierten Qualitätsberichte aus dem Jahr 2016 zugrundelegt. Die Krankenhäuser berichteten von zunehmenden Schwierigkeiten, vakante Stellen in der Pflege zu besetzen. Die Befragung der Pflegekräfte konnte an 17 von 52 Klinikstandorten realisiert werden. Es haben sich 1186 Gesundheits- und Krankenpfleger/innen und Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/innen daran beteiligt. Ihre Arbeitsbelastung spiegelt sich in der Anzahl der geleisteten Überstunden wider (durchschnittlich 15 Überstunden pro Monat/Beschäftigte). Ein Großteil der Pflegekräfte zeigte sich unzufrieden mit dem Einkommen (76%), mit der Anerkennung für die Tätigkeit (66%) und mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (41%). Gleichzeitig identifizierten sich die Befragten aber stark mit ihrem Beruf.

An der Befragung der Berufsfachschulen haben sich 14 von 21 Schulen beteiligt. Auch die beiden Hochschulen mit Studiengängen im Bereich Pflege konnten befragt werden. Insgesamt liegen Auskünfte von 307 Schülerinnen und Schülern und 156 Studierenden vor. Rund ein Drittel der Auszubildenden in der Gesundheits- und Krankenpflege ist unzufrieden mit der Praxisanleitung. Ein Fünftel der Befragten gab an, nach Ende der Ausbildung nicht in dem gelernten Beruf arbeiten zu wollen.

Für die nächsten zehn Jahre wird allein infolge des Nachbesetzungsbedarfs in der Pflege und des zu erwartenden pflegerischen Nachwuchses von einem steigenden Pflegepersonalbedarf in den Kliniken ausgegangen. Hierbei ist noch nicht der steigende Pflegebedarf berücksichtigt, z. B. infolge der Bevölkerungsentwicklung, der Veränderung der Altersstruktur der Bevölkerung und veränderter altersspezifischer Häufigkeiten von Krankenhausaufenthalten.

Diskussion: Einige Ergebnisse der Studie stehen in Einklang mit den Ergebnissen anderer Untersuchungen zur Situation der Pflegekräfte in Deutschland [1], [2], [3]. Die Ergebnisse der Münchner Studie zeigen, dass sowohl Maßnahmen der Personalbindung als auch der Personalgewinnung notwendig sind, um dem Pflegepersonalmangel entgegenzuwirken.

Implikationen: Es müssen dringend passgenaue Maßnahmen auf Bundes-, Landes- und auf kommunaler Ebene ergriffen werden, die dem Pflegekräftemangel wirksam begegnen. Die Landeshauptstadt München unternimmt in dieser Hinsicht bereits einige erfolgversprechende Aktivitäten, wie z.B. die Leitung eines „Runden Tisches Pflege“, die Etablierung eines Pflegescouts für pflegefachliche Beratung und Hilfestellung im Rahmen des Anerkennungsverfahrens und die Vorbereitung einer regionalen Pflegekampagne. Aber auch die Kliniken, Einrichtungen und Ausbildungsstätten sind in der Pflicht, ihren Gestaltungsspielraum zu nutzen und Lösungsstrategien umzusetzen, die die Personalsituation der Pflegekräfte verbessern.


Literatur

1.
Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung e.V. (dip), Hrsg. Pflege-Thermometer 2009. Eine bundesweite Befragung von Pflegekräften zur Situation der Pflege und Patientenversorgung im Krankenhaus. 2010 [aufgerufen am 15.04.2019]. Verfügbar unter: https://www.dip.de/fileadmin/data/pdf/material/dip_Pflege-Thermometer_2009.pdf Externer Link
2.
Köppen J, Zander B, Busse R. Die aktuelle Situation der stationären Krankenpflege in Deutschland, Ergebnisse der G-NWI-Studie (Neuauflage RN4Cast) [Präsentation]. In: Kongress Pflege; 20.-21.01.2017; Berlin. [aufgerufen am 15.04.2019]. Verfügbar unter: http://www.gesundheitskongresse.de/berlin/2017/praesentationen/ Externer Link
3.
Deutsches Krankenhausinstitut e.V. Krankenhaus Barometer Umfrage 2018. 2018 [aufgerufen am 15.04.2019]. Verfügbar unter: https://www.dkgev.de/service/publikationen-downloads/krankenhaus-barometer/ Externer Link