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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Umgang mit Psychopharmaka/Antihistaminika in der vollstationären Pflege in München (Psych-FEM)

Meeting Abstract

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  • Nadine Knorr - Katholische Stiftungshochschule München, München, Germany
  • Anita Hausen - Katholische Stiftungshochschule München, Fakultät Pflege, München, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf395

doi: 10.3205/19dkvf395, urn:nbn:de:0183-19dkvf3953

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Knorr et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Daten belegen eine hohe Rate an Psychopharmakaverordnungen in der vollstationären Pflege. Grundsätzlich zeigt sich bei Frauen eine zwei- bis dreifach höhere Psychopharmakaverordnung als bei Männern. Die altersspezifische Betrachtung der Daten zeigt ein differenzierteres Bild. Die Verordnungsmengen sind dann nicht mehr grundsätzlich bei Frauen höher. So liegen Männer im höheren Alter bei den Tagesdosierungen mittlerweile deutlich vorne. Bei Menschen mit einer Demenz ist das Risiko, Benzodiazepine verordnet zu bekommen, sogar um das 1,5-fache erhöht. Solche geschlechter- und erkrankungsspezifischen Differenzen sind medizinisch kaum begründbar, widersprechen den Leitlinien und bergen ein hohes Abhängigkeitsrisiko der Betroffenen [1]. Der Einsatz von Benzodiazepinen bei Menschen mit einer Demenzerkrankung ist allgemein als kritisch einzuschätzen [2]. Als Folge der Einnahme solcher Medikamente können unter anderem Stürze, Gangunsicherheiten, Verlust der kognitiven Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit, Erinnerung oder Lernen entstehen [3]. Eine weitere Problematik birgt die zunehmende Sensibilisierung für die Thematik der Psychopharmakagabe. Diese kann dazu führen, dass anstelle von Psychopharmaka nun Antihistaminika verabreicht werden, die nicht als Psychopharmaka gelabelt werden, aber auch den Effekt der Erhöhung der Müdigkeit haben.

Fragestellung:

  • Welche Psychopharmaka/Antihistaminika werden als Regel – und Bedarfsmedikation in welchem Umfang verbraucht? (Uhrzeit, Indikationen, Dauer, Polypharmazie)
  • Welche Möglichkeiten sehen und entwickeln Pflegende, um den Psychopharmaka/Antihistaminikaverbrauch in der vollstationären Pflege zu reduzieren?

Methode: Zum Einsatz kommt ein Methodenmix: Durch eine Dokumentenanalyse (in fünf vollstationären Pflegeeinrichtungen) werden unter Berücksichtigung des Datenschutzes Daten zu ca. 150 Bewohnerinnen und Bewohnern im Raum München erhoben. Im Mittelpunkt steht dabei der Verbrauch und die Verabreichung von Psychopharmaka/Antihistaminika als FEM. Diagnosen, Stürze und Krankenhausaufenthalte werden u.a. erhoben und ausgewertet. Anschließend werden Leitfadeninterviews und Fokusgruppen mit Pflegenden und Hausärzten durchgeführt. Mit den Interviews sollen die Ergebnisse der Dokumentenanalyse gestützt und ggf. ergänzt werden. Mit der Durchführung von Fokusgruppen werden Möglichkeiten mit Pflegenden und Hausärzten erarbeitet.

Die Verbindung aus quantitativem und qualitativem Ansatz ermöglicht ein differenziertes Bild der Versorgungspraxis von Psychopharmaka/Antihistaminika in der vollstationären Pflege in München zu zeichnen.

Ergebnisse: Erste Ergebnisse der Dokumentenanalyse liegen bis zum diesjährigen Versorgungsforschungskongress vor.

Diskussion: Der Studie liegt eine Limitation zu Grunde, da die Einrichtungen auf die Stadt München beschränkt sind. Zudem ist davon auszugehen, dass durch die Maßnahme des Betreuungsgerichts, Medikamentenblätter von Heimbewohnern einzufordern, bereits eine Reduktion der Gabe von Psychopharmaka/Antihistaminika vorgenommen worden ist.

Praktische Implikationen: Aufgrund der Datenlage werden Handlungsempfehlungen abgeleitet, um das Bewusstsein für Risiken und Alternativen zum Psychopharmaka- und Antihistaminikaverbrauch sowie Möglichkeiten der Reduktion beim Pflegepersonal und den Ärzten anzustreben.

Förderung: Eine Förderung des Projektes erfolgt durch die Landeshauptstadt München und durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege.


Literatur

1.
Glaeske G, Schicktanz C. BARMER GEK Arzneimittelreport 2012. Siegburg: Asgard; 2012.
2.
Glaeske G, Schicktanz C. BARMER GEK Arzneimittelreport 2013. Siegburg: Asgard; 2013.
3.
Thürmann PA, Holt-Noreiks S, Nink K, Zawinell A. Arzneimittelversorgung älterer Patienten. In: Günster C, Klose J, Schmacke N, Hrsg. Versorgungs-Report 2012. Schwerpunkt: Gesundheit im Alter. Stuttgart: Schattauer; 2012. S. 111-130.