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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Spezialisierung der Schlaganfallversorgung in Deutschland in Stroke Units

Meeting Abstract

  • Dijana Naumoska - Philipps-Universität Marburg, Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie, Marburg, Germany
  • Michael Schneider - Philipps-Universität Marburg, Institut für Versorgungsforschung und klinische Epidemiologie, Marburg, Germany
  • Otto Busse - Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft e.V., Stroke-Unit Zertifizierungsausschuss der DSG, Berlin, Germany
  • Max Geraedts - Philipps-Universität Marburg, Institut für Versorgungsforschung und klinische Epidemiologie, Marburg, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf373

doi: 10.3205/19dkvf373, urn:nbn:de:0183-19dkvf3733

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Naumoska et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Angesichts des jährlich zu verzeichnenden Anstiegs an Fällen mit einem Schlaganfall – z. B. nur Hirninfarkte ICD-10 G45/I63 im Jahr 2006 300.490 und 2016 370.193 – rückt die Qualität der Schlaganfallbehandlung immer stärker in den Fokus der Gesundheitspolitik. Einzelne, jedoch nicht alle Bundesländer haben daher eine gesetzlich verpflichtende externe Qualitätssicherung zum akuten Schlaganfall (eQS-SA) eingeführt. Gleichzeitig existieren verschiedene Schlaganfallregister, die ebenfalls das Ziel der Qualitätsverbesserung verfolgen. Zudem spezialisieren sich immer mehr Abteilungen als so genannte Stroke Units, die sich zum Teil einer externen Zertifizierung durch die Deutsche Schlaganfallgesellschaft unterziehen. Welche dieser Maßnahmen tatsächlich eine Qualitätsverbesserung der Patientenversorgung erreichen, ist bisher unklar. Deshalb wird zurzeit das vom Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss Projekt „Qualitätsgesicherte Schlaganfallversorgung: Hessen im Vergleich zum übrigen Bundesgebiet“ (QUASCH) (Förderkennzeichen: 01VSF18041) durchgeführt. Als eine der Basisinformationen für dieses Projekt muss die Entwicklung der Schlaganfallhäufigkeit und die Durchdringung der Regionen Deutschlands mit Stroke Units bzw. eQS-SA analysiert werden.

Fragestellung: Wie hat sich die kodierte Anzahl von Schlaganfällen in Stroke Units im Zeitraum von 2006 bis 2016 entwickelt? Gibt es Unterschiede in den Bundesländern mit verpflichtender eQS-SA im Vergleich zu Bundesländern ohne verpflichtende eQS-SA hinsichtlich der Durchdringung mit Stroke Units und des Anteils dort behandelter Patienten?

Methode: Im Projekt wurden zwei Datenquellen verknüpft, um über die Institutionskennzeichen zertifizierter Krankenhäuser Untersuchungen hinsichtlich der Stroke Unit-Entwicklung auf Ebene der Bundesländer zu ermöglichen: a) Aus allen beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) eingereichten Qualitätsberichten deutscher Krankenhäuser des Zeitraums 2006 bis 2016 wurden relevante Strukturmerkmale extrahiert (z.B. Anzahl der Betten, Trägerschaft, Anzahl ICD-10 G45/I63, OPS 8-981/8-98b). b) Aus Daten der Deutschen Schlaganfallgesellschaft (DSG) zu zertifizierten Stroke Units im Untersuchungszeitraum wurden Informationen über die Zertifizierung, Rezertifizierung und den Zertifizierungszeitraum der entsprechenden Krankenhäuser bzw. Stroke Units entnommen. Eine DSG-Zertifizierung setzt Minimalanforderungen an die zu zertifizierenden Schlaganfall-Spezialeinheiten in den Krankenhäusern voraus, aktuell z.B. eine Mindestanzahl behandelter Schlaganfallpatienten (Regionale Stroke Unit: ≥ 200 mit Entlassdiagnose ICD 10: G45, I63, I64) und erbrachter Interventionen (z.B. Thrombolysehäufigkeit: regionale Stroke Unit ≥ 25 Lysen/Jahr). Da die Angaben in den Qualitätsberichten hinsichtlich einer tatsächlichen DSG-Zertifizierung inkonsistent sind, wurde in Anlehnung an die DSG-Zertifizierungs-Anforderungen von einer vorhandenen Spezialeinheit ausgegangen, wenn mindestens zehn neurologische Komplexbehandlungen in einem Krankenhaus kodiert wurden. Die Daten wurden deskriptiv ausgewertet.

Ergebnisse: Im Beobachtungszeitraum wurden insgesamt n=17.414 Qualitätsberichte in die Analysen einbezogen. Für das Jahr 2006 werden n=263 und für 2016 n=463 spezielle Einheiten (mit und ohne Zertifikat) zur Behandlung von Schlaganfällen geschätzt. In Deutschland wurden im Jahr 2006 n=92.919 Fälle und im Jahr 2016 n=335.317 (OPS 8-981 und 8-98b) in speziellen Schlaganfalleinheiten (mit und ohne Zertifikat) kodiert. Im Jahr 2006 lag die Anzahl der in (zertifizierten und nicht zertifizierten) Stroke Units kodierten ICD-10 G45 bei n=40.459 und I63 bei n=100.168, im Jahr 2016 bei G45 n=125.613 und I63 n=280.670. Die Anzahl DSG-zertifizierter Stroke Units lag im Jahr 2006 bei n=153 und im Jahr 2016 bei n=297. Ausgehend von allen Krankenhäusern mit Kodierung von mindestens 10 neurologischen Komplexbehandlungen pro Jahr verfügen Bundesländer, die eine verpflichtende eQS-SA durchführen, über durchschnittlich mehr spezielle Schlaganfalleinheiten (zertifiziert und nicht zertifiziert): eQS-SA=89% ; nicht-eQS-SA=87%.

Diskussion: Im Verlauf der Zeit ist sowohl die Anzahl der in den Qualitätsberichten kodierten Schlaganfälle gestiegen, als auch die Anzahl der nicht-/zertifizierten Stroke Units und der dort behandelten Patienten. Die Daten werden im Verlauf des Projekts genutzt, um Aussagen hinsichtlich des Einflusses von externen Qualitätssicherungsmaßnahmen bzw. Spezialisierungen im Bereich der akuten Schlaganfallversorgung auf das Gesundheitsergebnis der Patienten treffen zu können.