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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Beteiligung von heterogenen Zielgruppen (65+) an der Entwicklung von präventiven Technologien und deren Erfahrungen und Vorstellungen zum Thema partizipativer Forschung

Meeting Abstract

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  • Alexander Pauls - Jade Hochschule Wilhelmshaven Oldenburg Elsfleth, Technik und Gesundheit für Menschen, Oldenburg, Germany
  • Frauke Koppelin - Jade Hochschule Wilhelmshaven Oldenburg Elsfleth, Technik und Gesundheit für Menschen, Oldenburg, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf357

doi: 10.3205/19dkvf357, urn:nbn:de:0183-19dkvf3577

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Pauls et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: In Forschungs- und Entwicklungsprojekten hat die frühzeitige Beteiligung älterer Menschen aufgrund des demografischen Wandels in den letzten Jahren zugenommen und einen hohen Stellenwert erhalten. Hierzu gehören z. B. präventive Technologien, die auf eine gesündere Lebensweise abzielen, wie Geräte zur Unterstützung der körperlichen Aktivität. Um Technologien für eine breite Zielgruppe zu gestalten, ist eine Beteiligung unterschiedlicher Gruppen notwendig. Bis heute bleibt aber unklar, ob und wie die unterschiedlichen Gruppen einbezogen werden können und welche Erfahrungen und Wünsche diese Menschen an einer frühzeitigen Beteiligung an Forschung- und Entwicklungsprojekten haben. Als grundsätzliche Herausforderung kann einerseits die Heterogenität des älteren Menschen mit seinen individuellen Bedarfen, anderseits der fehlende Zugang zu speziellen Gruppen, wie Menschen mit einem Migrationshintergrund sowie die fehlenden zeitlichen Ressourcen von Seiten der Entwickler/innen und Wissenschaftler/innen aufgeführt werden.

Fragestellung: Ziel war die Ermittlung der Teilnahmemotivation, der Erfahrungen an Studien und Vorstellungen über eine zukünftige Beteiligung bei Personen ab 65 Jahren. Die Studie wurde im Rahmen des Teilprojekts „TECHNOLOGY“ durchgeführt und gehört zum BMBF-geförderten Präventionsforschungsnetzwerk „AEQUIPA“ („Körperliche Aktivität, Gerechtigkeit und Gesundheit: Primärprävention für gesundes Altern“, Laufzeit: 02/2018-01/2021; Nr.: 01EL1422E). Ziel des Teilprojekts ist die Erforschung und Entwicklung neuer Technologien zur individuellen Gesundheitsvorsorge.

Methode: Es handelte sich um eine qualitative Studie, in der primär die Analyse der Nutzerbedarfe und -akzeptanz von zwei in der Entwicklung befindenden präventiven Technologien (zur Erinnerung, Motivation und Assessment der körperlichen Aktivität) im Vordergrund stand. Die Datenerhebung wurde anhand von Fokusgruppen und Fragebögen durchgeführt. Für die Fokusgruppen wurde ein strukturierter Ablaufplan verwendet. Der Fragebogen enthielt neben allgemeinen Angaben wie Alter und Geschlecht, u. a. Fragen zu den Erfahrungen zum Thema „Studien“ und in welcher Phase sich die Teilnehmenden eine frühzeitige Beteiligung zukünftig vorstellen können. Da das Sample heterogen zusammenstellt werden sollte, lag der Fokus auf die Rekrutierung von schwer erreichbaren Zielgruppen, wie Menschen mit einem Migrationshintergrund, mit geringer Technikaffinität und mit einem niedrigen-mittleren Bildungsstand. Der Zugang zu den Zielgruppen erfolgte durch eine vorhandene Probandendatenbank und durch Multiplikatoren in zwei Stadtteiltreffs. Die Transkripte wurden inhaltsanalytisch ausgewertet; die Kategorienbildung erfolgte hierbei induktiv als auch deduktiv. Die quantitativen Daten aus den Fragebögen wurden deskriptiv berechnet.

Ergebnisse: Insgesamt haben 27 Personen (15 weiblich) an drei Fokusgruppen teilgenommen. Das Alter betrug im Durchschnitt 74,8 (65-90) Jahre. Zwei Gruppen wurden unterteilt nach dem Geschlecht durchgeführt und an der dritten Gruppe nahmen Frauen und Männer mit einem Migrationshintergrund teil. In den Fokusgruppen stand bei dem Thema „Teilnahmemotivation“ überwiegend die Neugier und das Interesse an den Themen „Forschung“, „Technik“ und „Gesundheit und Sport“ im Fokus. Die Teilnehmenden mit einem Migrationshintergrund nannten zusätzlich den sozialen Austausch als Motivationsgrund. Bei den Erfahrungen an Studien und Forschungsprojekten nannten die Teilnehmenden am häufigsten, dass sie vorher mindestens schon einen Fragebogen (n=8) ausgefüllt und an Interviewgesprächen (n=8) teilgenommen haben. Jeweils vier Personen nannten, dass sie in der Vergangenheit an Telefonumfragen oder mindestens an einer Testung einer Dienstleistung oder eines Produktes beteiligt waren. Der Mehrheit des Samples (n=19) reicht es demnach zukünftig aus, an der üblichen Form an Studien und Projekten teilzunehmen. Zehn Personen könnten sich dennoch auch eine stärkende Partnerschaft in Form einer gleichberechtigten Zusammenarbeit von Forscher/innen und Personen aus der Gesellschaft vorstellen und neun Personen eine gesteuerte/gezielte Beratung z. B. in Form eines Expertengesprächs.

Diskussion: Durch die Einbindung von Multiplikatoren aus zwei Stadtteiltreffs konnte ein Zugang zu Personen hergestellt werden, die über herkömmliche Strategien vermutlich schwerer zu erreichen gewesen wären. Obwohl das Sample klein war, konnten die Gruppen heterogen zusammengestellt und hilfreiche Erkenntnisse über die Erfahrungen und Vorstellungen zu den Themen „Studien“ und „Beteiligungsformen“ abgeleitet werden.

Praktische Implikationen: Die Erkenntnisse helfen partizipative und zielgruppengerechte Beteiligungsformate zu entwickeln, um Menschen ab 65 Jahren zukünftig intensiver einzubinden.