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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Das Erleben von Trägern eines Links-Ventrikel-Assist-Device

Meeting Abstract

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  • Stefanie Lemme - Niels-Stensen–Kliniken, Marienhospital Osnabrück, Stabstelle Pflegewissenschaft, Osnabrück, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf354

doi: 10.3205/19dkvf354, urn:nbn:de:0183-19dkvf3546

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Lemme.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Zielsetzung: Der Fortschritt der Medizin bringt immer weiterentwickelte Therapien und Technisierung mit sich. Seit wenigen Jahren ist das Links Ventrikel Assist Device (LVAD) für Menschen mit einer weit fortgeschrittenen Herzinsuffizienz etabliert. Das LVAD ist ein Unterstützungssystem, das zwischen der linken Herzkammer und der aufsteigenden Aorta implantiert wird und das Blut aus dem Herzen in den Körperkreislauf saugt. Zur Stromversorgung gehört die Driveline, die durch die Bauchdecke geführt wird und mit einem körpernah getragenen Akku verbunden ist.

Um der wachsenden Sparte der Trägerinnen und Träger eines LVADs in der Pflege und Versorgung gerecht zu werden, zielt diese Arbeit darauf ab, das Erleben sowie die Gestaltung des Alltags der Trägerinnen und Träger, ihre Aktivitäten, Einschränkungen und die Adaption in das häusliche Umfeld näher zu beleuchten.

Methoden: Eine ausführliche Literaturanalyse zeigt auf, dass die vorhandene Literatur sich häufig widerspricht und wenige Detailaspekte zum Erleben der Trägerinnen und Träger eines LVADs bekannt sind. Daher ist der Forschungsansatz qualitativ. Zur Erreichung des Ziels dienen sieben halbstrukturierte, leitfadengestützte Einzelinterviews mit Trägerinnen und Trägern, die mindestens fünf Monate durch ein LVAD unterstützt werden. Der Feldzugang erfolgt über eine Herzklinik, die LVADs implantiert und regelmäßige Nachkontrollen durchführt. Im Rahmen der Kontrollen finden die Interviews statt.

Die Auswertung der Interviews erfolgt nach der inhaltsanalytischen Methode nach P. Burnard, die an die Grounded Theory angelehnt und so für die Auswertung halbstrukturierter Interviews gut geeignet ist. Es wurden sechs Kategorien herausgearbeitet, an denen sich die Darstellung der Ergebnisse und die Diskussion orientieren.

Ergebnisse: Der vorherige Krankheitsverlauf der Trägerinnen und Träger beeinflusst das Erleben, den Entscheidungsprozess zum LVAD, die Erwartungen an das System, das Erleben vorheriger und jetziger Aktivitäten sowie Veränderungen und Einschränkungen im Alltag. Das Sample weist sowohl Trägerinnen und Träger mit einem akuten Einstieg in die Erkrankung, wie auch mit einem vorherigen chronischen Verlauf auf. Daher werden die Ergebnisse der beiden Gruppen getrennt voneinander dargestellt.

Einer der markantesten Unterschiede ist der zeitliche Faktor vom Einstieg in die Erkrankung bis zur Implantation des Systems.

Die erste Gruppe hat einen akuten Einstieg in die Erkrankung, beispielsweise nach einem schweren Herzinfarkt. Sie haben wenig Zeit, eine bewusste Entscheidung für oder gegen ein LVAD zu treffen. Zudem werden Transitionen, wie der Wechsel von der Berufstätigkeit in die Rente, deutlicher sichtbar als in der zweiten Gruppe.

Die zweite Gruppe war bereits lange vor der LVAD-Implantation chronisch erkrankt. Sie treffen eine bewusstere Entscheidung für dieses System und erleben einen deutlicheren Anstieg ihrer körperlichen Kraft.

Diskussion und Ausblick: Die Gegenüberstellung der Ergebnisse aus den Interviews und der Literaturanalyse zeigen einige Übereinstimmungen sowie auch Widersprüche auf. Viele Modelle chronischer Erkrankung lassen sich auf die LVAD-Trägerinnen und Träger anwenden, bei einigen, wie dem Verlaufskurvenmodell, müssen allerdings Anpassungen vorgenommen werden.

Um eine bedarfsgerechte und empathische Versorgung zu gewährleisten, ist es wichtig, ihr Erleben und ihre möglichen Verlaufskurven zu kennen. Pflegende und andere Akteure in der Versorgung sind dann in der Lage, Probleme zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Bisher fehlen Übersichtsarbeiten sowie eine Unterteilung der LVAD-Trägerinnen und Träger mit vorherigen akuten oder chronischen Verläufen.