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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

10 Jahre gesetzliches Hautkrebsscreening – Was sagt die Bevölkerung?

Meeting Abstract

  • Valerie Frederike Andrees - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Hamburg, Germany
  • Gefion Girbig - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen, Hamburg, Germany
  • Magdalene Krensel - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen, Hamburg, Germany
  • Matthias Augustin - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen, Hamburg, Germany
  • Nicole Zander - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen, Hamburg, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf348

doi: 10.3205/19dkvf348, urn:nbn:de:0183-19dkvf3482

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Andrees et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Im Jahr 2015 lag die altersstandardisierte Prävalenz des malignen Melanoms (MM) bei 0,37% und des nicht-melanozytären Hautkrebses (NMSC) bei 1,7%. Zählt man die Inzidenzraten des MM und des NMSC zusammen, ist Hautkrebs die häufigste Krebserkrankung in Deutschland. Um eine frühzeitige Diagnosestellung zu unterstützen, wurde im Jahr 2008 das gesetzliche Hautkrebsscreening (gHKS) eingeführt. Das gHKS besteht aus einer Hautuntersuchung durch einen Hautarzt oder Hausarzt und kann von gesetzlich Versicherten ab dem 35. Lebensjahr alle 2 Jahre in Anspruch genommen werden.

Fragestellung: Wie ist der Informationsstand der Allgemeinbevölkerung hinsichtlich des gHKS sowie der wahrgenommene Ablauf und Aufwand, sprich Wartezeit und Anfahrtsweg, des gHKS?

Methode: Zufällig ausgewählte deutschsprachige Personen ab 18 Jahren aus der gesamten Bundesregion wurden telefonisch zum gesetzlichen Hautkrebsscreening befragt. Die Querschnittserhebung fand zwischen dem 22.01.2019 und dem 01.02.2019 statt. Inhalte der Befragung waren die Kenntnis über und Inanspruchnahme des gHKS, wobei der Fokus auf den Aufwand und den Ablauf des gHKS gelegt wurde. Die Datenauswertung erfolgte deskriptiv über die gesamte Stichprobe sowie gesondert für die Gruppe der ab 35 Jährigen. Außerdem wurden Subgruppenanalysen für ausgewählte soziodemographische Variablen wie Alter, Geschlecht, Bildungsstatus, Region und Ortsgröße durchgeführt. Um ein repräsentatives Meinungsbild der Gesamtbevölkerung zu erhalten, wurden Gewichtungsfaktoren für diese Variablen miteinbezogen. Ein Teil der Fragen wurde bereits in vergleichbaren Surveys vorangegangener Jahre (2013, 2015, 2017) untersucht und in die Antworten wurden in der Auswertung mit diesen verglichen.

Ergebnisse: Insgesamt nahmen 1.015 Personen an dem Telefonsurvey teil. 60% der Befragten gaben an, dass Hautkrebs kein Thema sei, das sie besorgt. Unter den Männern waren es 69,6% und unter den Frauen 51,2%. Im Vergleich zu den Vorjahren nahm die Besorgnis ab. 44,5% der Befragten wussten, dass gesetzlich Krankenversicherte ab 35 Jahren alle zwei Jahre einen Anspruch auf das gHKS haben. Dieses Wissen nahm mit zunehmendem Alter und Bildungsniveau zu. Von den Befragten haben 452 (44,5%) mindestens einmalig jemals an einem gHKS teilgenommen, Männer seltener als Frauen. Im Vergleich zu Vorjahren war eine steigende Tendenz zu beobachten. Die meisten Teilnehmer (41%) haben maximal zwei Wochen auf Ihren Termin gewartet, wobei Frauen durchschnittlich länger als Männer gewartet haben. Meistens erfolgte die Anfahrt mit dem Auto (61%), mit zunehmender Ortsgröße aber vermehrt auch durch andere Fortbewegungsmöglichkeiten wie öffentliche Verkehrsmittel, Fahrrad fahren oder gehen. Bei 88% der Teilnehmer dauerte die Anfahrt bis zu 30 Minuten und nur bei 2% länger als 60 Minuten. 23% der Teilnehmer gab an, beim Arzt im Vorfeld keine Möglichkeit zum Stellen von Fragen zum gHKS gehabt zu haben. Der Anteil steigt mit zunehmenden Alter und bei geringerem Bildungsniveau. Ähnliche Ergebnisse zeigten sich zur Aufklärung vor dem gHKS und zur Aufklärung über Möglichkeiten der Hautkrebsvorbeugung.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass die Besorgnis der Allgemeinbevölkerung zum Thema Hautkrebs abnimmt, obwohl die Prävalenzraten weiter steigen. Bei Frauen ist die Besorgnis ausgeprägter ist als bei Männern. Das spiegelt sich auch in der Teilnahmerate am gHKS wieder. Der Wissensstand über den Anspruch auf ein gHKS ist nicht sehr hoch in der Bevölkerung. Die meisten gHKS-Teilnehmer fühlten sich beim Screening gut informiert und hatten in Bezug auf Wartezeit und Anfahrtsweg einen sehr geringen Aufwand.

Praktische Implikationen: Da die Prävalenzraten für Hautkrebs weiter steigen, ist es wichtig, in Zukunft die Allgemeinbevölkerung hinsichtlich Risiken und Vorsorge des Hautkrebs besser zu informieren. Diejenigen, die an einem gHKS teilgenommen haben, berichten größtenteils positiv von dem Erlebnis. Allerdings sollten für die Zukunft Strategien entwickelt werden, um insbesondere mehr Männer und Menschen mit niedrigerem Bildungsniveau für das Thema Hautkrebs zu sensibilisieren.