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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Eigenschaften eines neuen Fragebogeninstruments zur Erhebung von „patient enablement“ (PE-13)

Meeting Abstract

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  • Achim Siegel - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen, Germany
  • Anna Ehmann - Unversitätsklinikum Tübingen, Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen, Germany
  • Monika A. Rieger - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf324

doi: 10.3205/19dkvf324, urn:nbn:de:0183-19dkvf3242

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Siegel et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: In den Jahren 2017 und 2018 wurde ein neues, 13 Items umfassendes deutschsprachiges Fragebogeninstrument (Akronym: PE-13) zur generischen Erhebung von „patient enablement“ entwickelt und validiert [1]. Die latente Variable „patient enablement“ ist ein Kernaspekt sowohl von Patienten-Empowerment als auch von Patientenaktivierung; sie beschreibt die Befähigung von Patienten, zum Zweck der Förderung und Erhaltung der eigenen Gesundheit möglichst selbständig und kompetent zu handeln sowie eine aktive Rolle in der Patient-Behandler-Beziehung wahrzunehmen. Genau diese beiden Aspekte – Selbstmanagement und eine effektive Patient-Behandler-Interaktion – wurden mittels einer explorativen Faktorenanalyse als die beiden Faktoren von „patient enablement“ ermittelt und in einer konfirmatorischen Faktorenanalyse bestätigt (Comparative Fit Index: 0,903; Cronbachs Alpha: 0,90 bzw. 0,82; vgl. ebd.). Die konvergente Validität des PE-13 wurde mittels hypothesengeleiteter Korrelationsanalysen nachgewiesen: Erwartungsgemäß korrelierte der PE-13 stark (r=0,57) mit der Allgemeinen Selbstwirksamkeitserwartung (SWE) sowie mit der Gesundheitskompetenz (HLS-EU-Q16; r=0,60). Mittelstarke Korrelationen resultierten mit der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (EQ-5D-Index: r=0,32) und mit dem momentanen Gesundheitszustand (EQ-VAS: r=0,41).

Die psychometrischen Eigenschaften des PE-13 können demnach als gut bis sehr gut angesehen werden. Für die Versorgungsforschung sind jedoch nicht nur die klassischen psychometrischen Eigenschaften von Interesse, sondern auch die Zusammenhänge des PE-13 mit den soziodemographischen Variablen Geschlecht, Alter und Schulbildung. Wichtig ist zudem, wie stark sich die PE-13-Score-Werte bei Menschen mit unterschiedlichen medizinischen Indikationen unterscheiden. Derartige Fragen sind vor allem dann von Belang, wenn ein Instrument – wie der PE-13-Fragebogen – eine latente Variable generisch (d.h. indikationen- und personengruppenübergreifend) zu erheben beansprucht.

Fragestellung: Welche Zusammenhänge bestehen zwischen dem PE-13-Gesamtscore einerseits und den Variablen Geschlecht, Alter und Schulbildung andererseits? Wie stark unterscheiden sich die PE-13-Werte von Versicherten mit und ohne chronische Erkrankung?

Methode: Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurden Befragungsdaten von 584 Versicherten verwendet, die im März 2017 in die Integrierte Versorgung Gesundes Kinzigtal eingeschrieben waren. Im Rahmen einer univariaten Varianzanalyse wurden für verschiedene Personengruppen jeweils deren PE-13-Score-Mittelwerte (inkl. des 95%-Konfidenzintervalls (KI)) berechnet. Zur Ermittlung der Stärke des Zusammenhangs zwischen zwei Variablen wurden bivariate Korrelationskoeffizienten nach Pearson bzw. Rangkorrelationskoeffizienten nach Spearman berechnet.

Ergebnisse: Es besteht kein (linearer) Zusammenhang zwischen dem Alter der Befragten und deren PE-13-Score-Wert (r=-0,06; p=0,196; N=547). Auch wenn man die Probanden in Altersquartile einteilt, ist kein signifikanter Zusammenhang zu erkennen (p=0,133). Ferner besteht kein relevanter und kein signifikanter Zusammenhang mit dem Geschlecht (Spearman's r=0,04; p=0,392; N=547): Bei den befragten Frauen resultierte mit 74,0 Indexpunkten ein etwas geringerer PE-13-Mittelwert (95%-KI: 72,1–75,9; n=307) als bei den Männern mit 75,2 Punkten (95%-KI: 73,2–77,3; n=240). Ein schwacher, aber signifikanter Zusammenhang besteht hingegen mit dem Schulbildungsabschluss der Befragten: Je höher der Bildungsabschluss, desto höher der PE-13-Score-Wert (Spearman's r=0,15; p < 0,000). Die Unterschiede zwischen den Gruppen sind jedoch gering; das zeigt auch der Gruppenvergleich zwischen den Befragten mit Hauptschul-abschluss (Mittelwert 73,1; 95%-KI: 71,3–74,9; n=342) und den Befragten mit Abitur oder Fachhochschulreife (Mittelwert 81,2; 95%-KI: 77,9-84,6; n=54). Ein schwacher, aber statistisch signifikanter Zusammenhang besteht auch zwischen dem PE-13-Score-Wert und dem Vorliegen einer chronischen Erkrankung (Spearman's r=0,10; p=0,029). Bei Versicherten mit chronischer Erkrankung beträgt der Mittelwert 73,1 Punkte (95%-KI: 71,3-74,9; N=312), bei Versicherten ohne chronische Erkrankung 76,2 Punkte (95%-KI: 74,1-78,4; N=225).

Diskussion und praktische Implikationen: Der neue Fragebogen PE-13 zeigt ähnliche (und nicht signifikant verschiedene) Mittelwerte für Frauen und Männer sowie für unterschiedliche Altersgruppen. Statistisch signifikante Mittelwertunterschiede bestehen hingegen für Versicherte mit unterschiedlichem Schulabschluss sowie für Menschen mit chronischer Erkrankung im Vergleich zu Menschen ohne chronische Erkrankung; die Unterschiede sind jedoch gering. Das Instrument, so scheint es bislang, ist daher in allen Patienten- bzw. Versichertengruppen gut einsetzbar.


Literatur

1.
Siegel A, et al. Validation of a new generic 13-item questionnaire for measuring patient enablement (PE-13, German version). 2019 [under review].