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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Die Messung fluktuierender Gesundheitszustände bei Menschen mit multipler Sklerose: Entwicklung eines „intensive longitudinal assessment“ des EQ-5D-5L

Meeting Abstract

  • Christine Blome - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen, Hamburg, Germany
  • Jill Carlton - University of Sheffield, School of Health and Related Research, Sheffield, United Kingdom
  • Christoph Heesen - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Hamburg, Germany
  • Mathieu F. Janssen - EuroQol Group, EuroQol Group, Rotterdam, Netherlands
  • Andrew Lloyd - Acaster Lloyd Consulting Ltd, Acaster Lloyd Consulting Ltd, London, United Kingdom
  • Marina Otten - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen, Hamburg, Germany
  • Rachel Sommer - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen, Hamburg, Germany
  • John Brazier - University of Sheffield, School of Health and Related Research, Sheffield, United Kingdom

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf313

doi: 10.3205/19dkvf313, urn:nbn:de:0183-19dkvf3131

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Blome et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Bei Personen mit multipler Sklerose (MS) können Symptome und Beeinträchtigungen erheblich fluktuieren. Diese zeitliche Dynamik wird von patientenberichteten Endpunkten (PROs) in der Regel nicht erfasst. So fragt auch der häufig verwendete Fragebogen EQ-5D-5L nach verschiedenen Beeinträchtigungen am aktuellen Tag, ohne dabei Schwankungen zu erfassen.

Fragestellung: Ziel unserer Studie war es, eine “intensive longitudinal assessment” (ILA)-Version des EQ-5D-5L zu entwickeln. Bei diesem Messansatz – auch bekannt als „Ambulatory Assessment“ – bewerten Patienten mittels eines Mobiltelefons für die Dauer mehrerer Tage mehrfach täglich ihre Gesundheit.

Methode: Eine erste ILA-Version wurde anhand der Ergebnisse zweier Fokusgruppen mit 4 bzw. 5 MS-Betroffenen entwickelt. In den Fokusgruppen berichteten die Teilnehmer/innen zu jeder der vom EQ-5D-5L erfassten Beeinträchtigungen, in welchem Muster dieses typischerweise fluktuiert. Zudem diskutierten sie, welche Spezifikationen einer ILA-Version aus ihrer Sicht am besten geeignet wären, diese Schwankungen zu erfassen.

Das ILA wurde anschließend in mehreren Wellen von jeweils 3-5 Patient/innen im Alltag 7-9 Tage lang getestet. In anschließenden kognitiven Interviews wurden die Patient/innen zur Anwendbarkeit und Augenscheinvalidität des ILA befragt sowie dazu, welche Schwierigkeiten bzw. Verbesserungsmöglichkeiten sie sahen. Hierbei wurden auch die individuellen Antwortmuster der Patient/innen grafisch präsentiert und besprochen. Vor und nach der ILA-Testung füllten die Patient/innen zusätzlich die Standardversion des EQ-5D-5L aus.

Entsprechend den Rückmeldungen der Teilnehmer/innen jeder Testungsrunde wurde die ILA-Version optimiert und die jeweils resultierende überarbeitete Version in der folgenden Welle getestet (insg. bis zu 30 Patient/innen). Dies erfolgt so lange, bis eine Datensättigung erreicht ist, d. h. sich keine Änderungsbedarfe mehr aus den Rückmeldungen ergeben.

Ergebnisse: In den Fokusgruppen berichteten die Betroffenen, dass ihre Beeinträchtigungen sowohl innerhalb eines Tages als auch von einem Tag zum anderen deutlich schwanken können. Sie sahen eine ILA-Version mit 3 Erhebungen pro Tag über eine Dauer von 7 Tagen als am besten geeignet an. Die Fragen sollten sich rückblickend auf die Zeit seit der jeweils vorangegangenen Erhebung beziehen (z. B. in der morgendlichen Erhebung auf die Zeit seit dem Schlafengehen). Nicht alle Items des EQ-5D-5L sollten zu jedem Zeitpunkt erfragt werden, wie z. B. die visuelle Analogskala zur Gesundheit insgesamt: diese sollte nur einmal täglich am Abend erhoben werden.

Aktuell haben die ersten 2 Patientengruppen die ILA-Version getestet, die dritte ist terminiert. Die Rückmeldungen der Teilnehmer/innen veranlassten mehrere Anpassungen des ILA, z. B. hinsichtlich der genauen Erhebungszeiten sowie der Häufigkeit, mit der das Item zu Angst/Niedergeschlagenheit erhoben wird. Alle bislang interviewten Patient/innen präferierten die ILA-Version gegenüber der herkömmlichen Erhebung des EQ-5D-ILA, da sie diese als informativer, aber nicht als zu belastend bewerteten. Aktuell werden die folgenden Erhebungsrunden durchgeführt, bis eine Datensättigung erreicht und somit die finale ILA-Version entwickelt ist; dies wird für Ende Mai 2019 erwartet.

Diskussion: Eine einwöchige ILA-version des EQ-5D-5L kann gesundheitliche Schwankungen innerhalb eines Tages sowie von einem Tag zum nächsten erfassen und scheint für Menschen mit MS gut handhabbar zu sein.

Praktische Implikationen: Die Erhebung der subjektiven Gesundheit anhand einer ILA-Version des EQ-5D-5L kann in zukünftigen Studien eingesetzt werden, um aussagekräftigere Daten zu erhalten sowie zeitliche Schwankungen abzubilden.