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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Wissen, Willen, Wirksamkeit. Eine Studie über Patientenverfügungen im Demenz-Kontext und die Rolle des Patientenvertreters

Meeting Abstract

  • Julia Fischer - Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, Zentrum für Kognitive Störungen (Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie), München, Germany
  • Maria Tensil - Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, Zentrum für Kognitive Störungen (Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie), München, Germany
  • Julia Hartmann - Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, Zentrum für Kognitive Störungen (Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie), München, Germany
  • Carola Roßmeier - Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, Zentrum für Kognitive Störungen (Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie), München, Germany
  • Lina Riedl - Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, Zentrum für Kognitive Störungen (Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie), München, Germany
  • Ralf J. Jox - Medical Center and University of Lausanne, Geriatric Palliative Care, Lausanne, Switzerland
  • Janine Diehl-Schmid - Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, Zentrum für Kognitive Störungen (Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie), München, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf291

doi: 10.3205/19dkvf291, urn:nbn:de:0183-19dkvf2914

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Fischer et al.
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Gliederung

Text

Die Anwendung von Patientenverfügungen im Kontext einer Demenzerkrankung wird in der Literatur fachübergreifend intensiv diskutiert. Theoretische wie empirische Arbeiten beschäftigen sich mit unterschiedlichen Aspekten zur praxiswirksamen Relevanz von Patientenverfügungen im Versorgungsalltag von Demenzkranken. Allerdings wird in der Debatte jenen Personen, die durch die Patientenverfügung zum Patientenvertreter ernannt werden, zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

Unsere anwendungsorientiert ausgerichtete Studie erhebt, welche Rolle Patientenvertreter für die praxiswirksame Relevanz von Patientenverfügungen spielen. Im Zentrum unseres Forschungsvorhabens steht dabei die Frage, wie Patientenvertreter Patientenverfügungen bei Entscheidungsfindungsprozessen rund um die (palliativ-) medizinische Versorgung von Personen mit fortgeschrittener Demenz verwenden.

Wir haben mit 25 Patientenvertretern halbstrukturierte Leitfadeninterviews durchgeführt. Die Fallauswahl erfolgte nach dem Sampling-Prinzip der maximalen Varianz. Aus 100 Patientenverfügungen, die im Rahmen der EPYLOGE-Studie (Diehl-Schmid et al., BMC Psychiatry, 2018) gesammelt wurden, wurden jene Verfügungen ausgewählt, die sich in Form und Inhalt maximal unterscheiden. Die circa 40-minütigen Interviews mit den Patientenvertretern wurden mit einem Aufnahmegerät aufgezeichnet und anschließend transkribiert. Die Interviews wurden unter Verwendung der Software MAXQDA zunächst fallspezifisch (mit Abgleich der jeweils relevanten Patientenverfügung) und anschließend fallübergreifend ausgewertet.

Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Praxiswirksamkeit von Patientenverfügungen im Demenz-Kontext vom (1) Wissen sowie vom (2) Willen der Patientenvertreter abhängt. Ersteres bezieht sich auf Fälle, in denen sich das lücken- oder fehlerhafte Wissen der Patientenvertreter zum Geltungsbereich von Patientenverfügungen im Allgemeinen und/oder zu den Inhalten der jeweils relevanten Verfügung im Konkreten auf die Versorgung des Demenzkranken auswirkt. Letzteres bezieht sich auf Fälle, in denen sich Patientenvertreter dem vorab verfügten Patientenwillen nicht (mehr) unterordnen wollen bzw. können. Diese Fälle betreffen insbesondere Entscheidungen rund um die künstliche Ernährung der Demenzkranken.

Als praktische Implikationen unserer Ergebnisse schlagen wir eine bessere Vorbereitung der (zukünftigen) Patientenvertreter vor. Wir halten die Schaffung bzw. Forcierung von Angeboten, die die als Patientenvertreter vorgeschlagenen Personen über die rechtlichen Rahmenbedingungen von Patientenverfügungen sowie insbesondere über die Verantwortlichkeiten eines Patientenvertreters aufklären, für bedeutsam – zeigt doch unsere Studie, welch zentrale Rolle der Patientenvertreter für die praxiswirksame Relevanz von Patientenverfügungen spielt.