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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Entwicklung eines Instrumentenkatalogs zur Umsetzung einer diversitätssensiblen Versorgung – Ergebnisse eines systematischen Reviews

Meeting Abstract

  • Maria Dyck - Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Gesundheit, Lehrstuhl für Versorgungsforschung, Witten, Germany
  • Tugba Aksakal - Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Gesundheit & Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Lehrstuhl für Versorgungsforschung & AG3 Epidemiologie und International Public Health, Witten & Bielefeld, Germany
  • Yüce Yilmaz-Aslan - Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, AG3 Epidemiologie und International Public Health, Bielefeld, Germany
  • Fabian Erdsiek - Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Gesundheit, Lehrstuhl für Versorgungsforschung, Witten, Germany
  • Oliver Razum - Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, AG3 Epidemiologie und International Public Health, Bielefeld, Germany
  • Patrick Brzoska - Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Gesundheit, Lehrstuhl für Versorgungsforschung, Witten, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf247

doi: 10.3205/19dkvf247, urn:nbn:de:0183-19dkvf2477

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Dyck et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Menschen in unserer Gesellschaft sind durch eine Vielfalt verschiedener Merkmale gekennzeichnet. Dazu gehören z.B. Geschlecht, Alter, sozioökonomischer Status, Behinderung und Migrationshintergrund, aber auch ihre Gewohnheiten und Lebensumstände. Wenn die mit diesen Merkmalen einhergehenden Erwartungen in der Versorgung nicht angemessen berücksichtigt werden, kann sich das negativ auf die Versorgungszufriedenheit und den Behandlungserfolg auswirken. Diversitätssensible Instrumente können die Nutzerorientierung in der Versorgung erhöhen. Befragungen zeigen, dass sich auch Rehabilitationseinrichtungen der Notwendigkeit einer diversitätssensiblen Versorgung bewusst sind. Allerdings kommen entsprechende Instrumente kaum zum Einsatz. Ein Grund hierfür ist, dass es bisher an einer systematischen Übersicht von Instrumenten mangelt, die für die rehabilitative Versorgung infrage kommen.

Fragestellung: Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung eines Instrumentenkatalogs, welcher Rehabilitationseinrichtungen bei der Umsetzung einer diversitätssensiblen Versorgung unterstützen kann. Dazu wurden verfügbare Instrumente einer diversitätssensiblen Versorgung auf Basis eines systematischen Reviews zusammengestellt und auf ihre Implementierbarkeit in der Gesundheitsversorgung (z.B. Rehabilitation) bewertet.

Methode: Die Entwicklung des Instrumentenkatalogs basierte auf einer systematischen Literaturrecherche in den Datenbanken Pubmed, CINHAL, Web of Science und EconLit mithilfe einer zuvor festgelegten Suchstrategie gemäß den von der Cochrane Collaboration definierten Standards systematischer Reviews (Pollock & Berge 2018). Es wurden alle Studien von 1990 bis zum aktuellen Zeitpunkt eingeschlossen, die Instrumente einer diversitätssensiblen Versorgung sowie relevante Umsetzungsstrategien berücksichtigten. Studien sind ausgeschlossen worden, wenn sie nicht auf die Gesundheitsversorgung übertragbar waren. In einem weiteren Schritt wurde ‚graue‘ Literatur zum Thema über die Internetsuchmaschinen Google Search und Google Scholar, darunter relevante Monografien und Buchbeiträge sowie Beschreibungen vom Projekten, identifiziert. Die Recherche wurde deutsch-, englisch- und französischsprachig durchgeführt. Die ermittelten Treffer wurden von zwei Mitarbeiterinnen unabhängig voneinander im Blick auf Relevanz überprüft.

Ergebnisse: Auf Basis der standardisierten Suchstrategie konnten 3.909 Veröffentlichungen identifiziert werden. Eine initiale Bewertung fand auf Basis der Titel statt, um Veröffentlichungen aus anderen Disziplinen ausschließen zu können. Die verbleibenden 241 Veröffentlichungen wurden auf Basis ihrer Abstracts auf inhaltliche Passung zur Fragestellung überprüft, wobei 161 Veröffentlichungen ausgeschlossen wurden. Die verbleibenden 80 Veröffentlichungen wurden im Volltext erfasst und bewertet. Identifizierte Instrumente konnten der organisatorischen, der Mitarbeiter- und der Patienten-Ebene zugeordnet werden. Es wurde deutlich, dass sich Instrumente häufig nur auf einzelne Diversity-Dimensionen (z.B. Migrationshintergrund oder Alter) beziehen. Hierbei dominieren v.a. sprach-, kultur- und migrationssensible Angebote, besonders im französischsprachigen Raum. Nur wenige der Instrumente sind evaluiert. Zudem sind selten praxisorientierte Anleitungen oder Hinweise dazu verfügbar, wie Instrumente in der Versorgungspraxis implementiert werden können und wie mit Implementierungsproblemen umgegangen werden kann.

Diskussion: Bisher mangelt es an einer systematischen Übersicht von diversitätssensiblen Maßnahmen, die in der rehabilitativen Versorgung eingesetzt werden können. Ziel des Vorhabens war es, eine solche Übersicht zu erstellen und infrage kommende Instrumente auf ihre Anwendbarkeit für die Rehabilitation zu bewerten. Eine Vielzahl der identifizierten Instrumente bezieht sich auf einzelne Diversitätsmerkmale, wobei der Schwerpunkt auf kultur-, sprach- oder migrationssensiblen Inhalten liegt. Dies zeigt die Notwendigkeit auf, ganzheitliche diversitätssensible Instrumente zu entwickeln, mittels derer möglichst viele Diversitätsmerkmale berücksichtigt werden können. Ebenso müssen bestehende Instrumente Evaluationsstudien unterzogen werden. Ferner bedarf es praxisorientierter Anleitungen, z.B. in Form von Handlungsleitfäden, die Versorgungseinrichtungen bei der Implementierung geeigneter Instrumente in der Versorgungspraxis unterstützen.

Praktische Implikationen: Die Ergebnisse fließen in die Erstellung eines Katalogs ausgewählter Instrumente ein, die Rehabilitationseinrichtungen bei der Umsetzung einer diversitätssensiblen Versorgung unterstützen können. Der Katalog wird in einem weiteren Schritt gemeinsam mit einer Auswahl von Rehabilitationseinrichtungen und Rehabilitationsträgern hinsichtlich der Umsetzbarkeit und der Übertragbarkeit konsentiert und um eine praxisorientierte Handlungshilfe erweitert.