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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Der Zusammenhang zwischen Schwangerschaftsabbruch und dem Risiko von psychischen Störungen in Deutschland

Meeting Abstract

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  • Karel Kostev - IQVIA, Epidemiologie, Frankfurt am Main, Germany
  • Matthias Kalder - Universitätsklinikum Marburg, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Marburg, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf228

doi: 10.3205/19dkvf228, urn:nbn:de:0183-19dkvf2288

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Kostev et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Fragestellung: Der Schwangerschaftsabbruch ist mittlerweile ein weit verbreitetes Verfahren. In den letzten Jahren haben sich mehrere Studien mit dem Zusammenhang zwischen Schwangerschaftsabbruch und psychiatrischen Störungen beschäftigt, aber ihre Ergebnisse waren manchmal widersprüchlich.

Ziel war es, den Zusammenhang zwischen Schwangerschaftsabbruch und dem Risiko von Depressionen, Angststörungen, Anpassungsstörungen und somatoformen Störungen in Deutschland zu analysieren.

Methode: Diese retrospektive Kohortenstudie, die auf den Daten von 281 gynäkologischen Praxen aus der bundesweiten Disease Analyzer-Datenbank basierte, umfasste Frauen in Deutschland, die sich zwischen Januar 2007 und Dezember 2016 (Indexdatum) erstmals einem Schwangerschaftsabbruch unterzogen hatten. Frauen mit Lebendgeburten wurden den Frauen mit Schwangerschaftsabbruch 1:1 nach Alter, Indexjahr und Arzt zugeordnet.

Diese Studie umfasste 17.581 Frauen mit Schwangerschaftsabbruch und 17.581 Frauen mit Lebendgeburt. Das Durchschnittsalter betrug 32,7 (SA 5,4) Jahre.

Das wichtigste Outcome der Studie war das Risiko von Depressionen, Angststörungen, Anpassungsstörungen und somatoformen Störungen in Abhängigkeit eines Schwangerschaftsabbruchs. Überlebensanalysen und Cox-Regressionsmodelle wurden verwendet, um den Zusammenhang zwischen Schwangerschaftsabbruch und psychiatrischen Störungen zu untersuchen.

Ergebnisse: Innerhalb von 10 Jahren nach dem Indexdatum wurde bei 6,7 % der Teilnehmerinnen mit Schwangerschaftsabbruch und bei 5,4 % der Teilnehmerinnen mit Lebendgeburt eine Depression diagnostiziert (Log-Rank p-Wert=0,003). Die entsprechenden Ergebnisse waren 3.4 % bzw. 2.7 % für Angststörungen (Log-Rank p-Wert=0,255), 6,2 % bzw. 5,6 % für Anpassungsstörungen (Log-Rank p-Wert=0,116) und 19,3 % bzw. 13,3 % für somatoforme Störungen (Log-Rank p-Wert < 0,001). Schwangerschaftsabbruch war signifikant mit Depression (Hazard-Ratio [HR]=1,34), Anpassungsstörungen (HR=1,45) und somatoformen Störungen (HR=1,56), aber nicht mit Angststörungen assoziiert (HR=1,17).

Diskussion: Es zeigte sich ein positiver Zusammenhang zwischen Schwangerschaftsabbruch und mehreren psychiatrischen Erkrankungen in Deutschland. Weitere Analysen werden empfohlen, um herauszufinden, wie sich ein Schwangerschaftsabbruch so negativ auf die psychische Gesundheit auswirken kann.

Praktische Implikationen: Basierend auf diesen Ergebnissen sollten Frauen, die sich einem Schwangerschaftsabbruch unterzogen haben, regelmäßig von Gynäkologen und Hausärzten betreut werden. Wenn negative Emotionen identifiziert werden, sollten diese Frauen an Experten für psychische Erkrankungen (z. B. Psychiater, Psychologen) überwiesen werden, und diese Fachleute sollten individuelle Verfahren einleiten und möglicherweise eine pharmakologische Behandlung in Betracht ziehen.