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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Instrument zur Messung der Qualität der Versorgung durch Hebammen im Wochenbett aus Sicht der Klientinnen

Meeting Abstract

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  • Mirjam Peters - Hochschule für Gesundheit, Department für angewandte Gesundheitswissenschaften, Bochum, Germany
  • Rainhild Schäfers - Hochschule für Gesundheit, Department für angewandte Gesundheitswissenschaften, Bochum, Germany
  • Petra Kolip - Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Bielefeld, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf226

doi: 10.3205/19dkvf226, urn:nbn:de:0183-19dkvf2266

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Peters et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Das deutsche Modell der aufsuchenden Wochenbettbetreuung ist in seinem Umfang weltweit einzigartig. Gesetzlich Versicherte haben in Deutschland in den ersten 12 Wochen nach der Geburt ihres Kindes Anspruch auf Hebammenhilfe (SGB V §24d), dabei sind insgesamt bis zu 36 häusliche Besuche mögliche (Anlage 1.3 Vergütungsverzeichnis zum Vertrag nach § 134a SGB V). Die Inanspruchnahme ist steigend. Bisher findet jedoch keine Messung der Qualität in diesem Versorgungsbereich statt. Zudem wurden in den letzten Jahren neue Versorgungsmodelle wie die Wochenbettambulanz entwickelt, für die bisher kein geeignetes Instrument zur Überprüfung oder zum Vergleich zur Verfügung steht. Allgemeine Patientenbe-fragungsinstrumente sind nicht für gesunde Frauen in dieser Zeit geeignet und auch international existiert bisher kein Instrument zur Messung der Qualität der Versorgung im häuslichen Wochenbett (Peters & Schäfers, 2018).

Fragestellung: Entwicklung einer modellgestützten und validen Skala zur Messung der Qualität der Versorgung durch Hebammen im Wochenbett aus Sicht der Klientinnen.

Methode: Zur Messung der Qualität aus Klientinnensicht wurden Patient Reported Experiences (PREMs) genutzt, da diese weniger problematisch im Hinblick auf die Risikoadjustierung und die Akzeptanz durch die Anbieter sind und die Veränderungsmotivation der Anbieter stärker befördern kann, als bei Patient Reported Outcomes (PROMs) (Schrappe et al., 2017). Um die Qualität valide messen zu können, wurde im Vorfeld der Instrumentenentwicklung eine Ziel-Mittel-Hierarchie nach dem Hybrid model of concept development nach Schwartz-Barcott und Kim (1993) entwickelt. Anhand der nun vorliegenden Ziele und Subziele konnte eine inhalts-valide Skala gestaltet werden.

Die Fragebogenentwicklung und Validierung wurde anhand der klassischen Testtheorie vorgenommen: [1] literaturbasierte Itementwicklung auf der Grundlage der Ziel-Mittel-Hierarchie [2] Pretest n=16 [3] Hauptkomponentenanalyse und Testung psychometrische Eigenschaften anhand einer Gelegenheitsstichprobe (04/2018) n= 133 [4] Validierung inklusive konfirmatori-scher Faktorenanalyse (CFA) anhand einer zufälligen Clusterstichprobe n=1778 (bis 12/2018).

Ergebnisse: Für die explorative Faktorenanalyse (EFA) wurde anhand des Scree-Tests eine Faktorenanzahl von drei ermittelt. Die Itemzahl konnte von 90 auf 17 reduziert werden mit einer Varianzauf-klärung von 66%. Die interne Konsistenz (Cronbach‘s α) des Instruments beträgt α. = .93. Zwischen den beiden theoretisch getrennten Faktoren Sicherheit und Orientierung konnte faktoranalytisch nicht unterschieden werden. Die beiden anderen theoretisch postulierten Fak-toren konnten jedoch in der EFA dargestellt werden. Der Faktor Vertrauensvolle Beziehung umfasst 5 Items mit einem Cronbachs Alpha von α. =.87 und bezieht sich auf verschiedene Kriterien, die den Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung als Voraussetzung für weitere Ziele der Versorgung durch Hebammen ermöglichen. Der Faktor Persönliche Kontrolle enthält ebenfalls fünf Items und hat einen Cronbachs Alpha von α. =.89, er erhebt die respektvolle Versorgung und die Möglichkeit der Einbeziehung in Entscheidungen. Der gemeinsame Faktor Sicherheit und Orientierung enthält 7 Items und hat einen Cronbachs Alpha von α. =.85. In ihm sind Items sowohl zur Versorgung auf psychische wie auch auf physischer Ebene und zu den edukativen Aspekten der Versorgung durch Hebammen enthalten. Die Ergebnisse der CFA werden derzeit ausgewertet und auf dem Kongress präsentiert.

Diskussion: In der Qualitäts- und Patientensicherheitsforschung wird die stärkere Einbindung der Sicht-weise der Nutzer*innen bei der Bestimmung der Qualität in der Versorgung gefordert. Es konnte eine Skala erstellt werden, die anhand von PREMs die Sichtweise der Klientinnen in die Qualitätsbewertung der Versorgung durch Hebammen einfließen lassen kann. Diese zeigt bisher gute Qualitätseigenschaften. Hervorgehoben werden kann die sorgfältig ausgearbeitete theoretische Grundlage der Skalenkonstruktion, die anhand der Ziel-Mittel-Hierarchie entwickelt wurde.

Praktische Implikationen: Erstmals entsteht ein Instrument, das Hebammen für die Evaluation ihrer Arbeit innerhalb ihres Qualitätsmanagements nutzen können (Anlage 3a zur Qualitätsvereinbarung zum Vertrag nach § 134a SGB V). Um eine Nutzung der Skala in der Praxis zu ermöglichen, wird derzeit eine Befragung zu den Chancen, Barrieren und Gestaltungsvoraussetzungen durchgeführt. Das Instrument ermöglicht zudem den Vergleich verschiedener Versorgungsmodelle, wie zum Beispiel aufsuchende Wochenbettbetreuung gegenüber Wochenbettambulanzen.

Anmerkung: Diese Studie wird innerhalb des Projektes HebAB.NRW unter finanzieller Förderung durch das Landeszentrum Gesundheit NRW (Förderkennzeichen LZG TG 72 001/2016) umgesetzt. Die Durchführung des Forschungsprojektes wurde durch die Ethik-Kommission der Hochschule für Gesundheit in Bochum begutachtet und positiv beschieden.