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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Interkulturelle Öffnung der Hospiz- und Palliativversorgung aus der Sicht der Versorgenden

Meeting Abstract

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  • Franziska Schade - Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Palliativmedizin, Göttingen, Germany
  • Christian Banse - Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Palliativmedizin, Göttingen, Germany
  • Nicola Rieder - Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Palliativmedizin, Göttingen, Germany
  • Friedemann Nauck - Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Palliativmedizin, Göttingen, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf217

doi: 10.3205/19dkvf217, urn:nbn:de:0183-19dkvf2171

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Schade et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Das Thema interkulturelle Öffnung im Gesundheitswesen bekommt mit steigenden Zuwanderungszahlen immer mehr Bedeutung. Es wird angenommen, dass Menschen mit Migrationshintergrund – gemessen an ihrem absoluten Bevölkerungsanteil – in der Versorgung unterrepräsentiert sind. Auch die Hospiz- und Palliativversorgung wird bisher von Menschen mit Migrationshintergrund wenig genutzt. Eine interkulturelle Öffnung der Hospiz- und Palliativversorgung wird gefordert, ohne das ausreichend Forschungen durchgeführt wurden, die untersuchen, was unter interkultureller Öffnung verstanden wird und wie eine interkulturelle Öffnung gelingen kann.

Fragestellung: Welches Verständnis von interkultureller Öffnung wird von MitarbeiterInnen der Hospiz- und Palliativversorgung vertreten? Welche spezifischen Ziele werden von verschiedenen Einrichtungen aus der Hospiz- und Palliativversorgung bei der Umsetzung verfolgt und wie kann eine erfolgreiche Umsetzung gelingen? Welche Faktoren sind aus Sicht der Mitarbeitenden hinderlich und/oder förderlich, um interkulturelle Öffnungsprozesse zu bewirken?

Methode: Qualitatives Forschungsdesign; Rekrutierung von MitarbeiterInnen aus Einrichtungen der Hospiz- und Palliativversorgung mit Erfahrung in der Begleitung von Menschen mit Migrationshintergrund; vier Fokusgruppengespräche in vier Städten Deutschlands mit je 4-8 TeilnehmerInnen; fünf themenfokussierte Einzelinterviews; inhaltsanalytische Auswertung nach Mayring.

Ergebnisse: Für die Befragten bedeutet das Konzept der interkulturellen Öffnung eine grundlegende Offenheit der gesamten Einrichtung gegenüber allen PatientInnen, die einen Bedarf an hospizlicher oder palliativer Versorgung aufweisen. Diese Offenheit sollte im Leitbild der Einrichtung verankert sein und sowohl durch die Leitungsebene als auch durch das Team selbst vertreten und durch dessen Zusammensetzung repräsentiert werden. In der Umsetzung wird forciert, individuelle Vorstellungen und Werte aller PatientInnen zu berücksichtigen, ganz gleich, welchen kulturellen Hintergrund und welche Biographie sie haben. Der Migrationshintergrund ist dabei nur ein wesentliches Merkmal, das sich etwa durch (fehlende) Sprachkenntnisse oder spezifische Religionszugehörigkeiten ausdrücken kann. Differenzen zwischen eigenen und fremden Werten und Vorstellungen sollen im Selbstverständnis der Einrichtungen gegenseitig respektiert und akzeptiert werden. Dabei ist für die Befragten wichtig, die persönliche Perspektive auf die Versorgungssituation immer wieder neu zu reflektieren. Als Ziel der interkulturellen Öffnung werden vor allem der Abbau bestehender Zugangsbarrieren und die gezielte Integration spezifischer (regionaler) Communities angestrebt. Unabdingbar hierfür ist der Einbezug aller Interessengruppen. Nicht nur auf Seiten der Einrichtungen wird ein Defizit in der interkulturellen Kompetenz vermutet – auch auf Seiten der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte braucht es Aufklärung zum Konzept der Hospiz- und Palliativversorgung.

Diskussion: Unter den Gesprächsteilnehmenden herrscht Konsens über die Wichtigkeit und den Bedarf einer interkulturellen Öffnung der Hospiz- und Palliativversorgung. Dennoch wird kritisch diskutiert, dass eine Öffnung der Versorgungsstrukturen nicht nur für Menschen mit Migrationshintergrund, sondern für alle im Zugang benachteiligten Gruppen (bspw. Menschen mit Behinderung) angestrebt werden sollte.

Praktische Implikation: Die interkulturelle Öffnung der Hospiz- und Palliativversorgung ist mit langwierigen Prozessen verbunden, welche in der Umsetzung alle beteiligten Interessengruppen ein-schließen sollte. Bildung, sowie Ausbau und Nutzung von (regionalen) Netzwerken werden dabei als wesentlicher förderlicher Faktor für eine erfolgreiche interkulturelle Öffnung gesehen.