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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Rheuma-VOR: Eine Proof-of-Concept-Netzwerkstudie für die Verbesserung der rheumatologischen Versorgungsqualität durch koordinierte Kooperation

Meeting Abstract

  • Andreas Schwarting - Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, ACURA Rheumakliniken Rheinland-Pfalz GmbH, Schwerpunkt Rheumatologie und klinische Immunologie, Mainz, Bad Kreuznach, Germany
  • Matthias Dreher - Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Schwerpunkt Rheumatologie und klinische Immunologie, Mainz, Germany
  • Gunter Aßmann - Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Innere Medizin I - Klinische Immunologie und Rheumatologie, Homburg, Germany
  • Torsten Witte - Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Immunologie und Rheumatologie, Hannover, Germany
  • Kirsten Hoeper - Regionales Kooperatives Rheumazentrum Niedersachsen e.V., Rheumatologie, Hannover, Germany
  • Konstantinos Triantafyllias - ACURA Rheumakliniken Rheinland-Pfalz GmbH, Rheumatologie, Bad Kreuznach, Germany
  • Jan Zeidler - Leibniz Universität Hannover, Center for Health Economics Research Hannover (CHERH), Hannover, Germany
  • Harald Binder - Universitätsklinikum Freiburg, Institut für Medizinische Biometrie und Statistik, Freiburg, Germany
  • Reinhold E. Schmidt - Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Immunologie und Rheumatologie, Hannover, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf207

doi: 10.3205/19dkvf207, urn:nbn:de:0183-19dkvf2076

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Schwarting et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Die Rheumatoide Arthritis (RA), die Psoriasis Arthritis (PsA) und die Spondylarthritis (SpA) zählen zu den häufigsten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Bei allen drei Erkrankungsbildern scheint sich das „window of opportunity“ [1], [2], [3] im Zuge der Therapie als ausschlaggebend herauszukristallisieren. Daher ist eine möglichst frühe Diagnose entscheidend.

Fragestellung: Die prospektive Studie verfolgt das Ziel, entzündlich-rheumatische Erkrankungen (RA, PsA und SpA) so früh wie möglich zu erkennen. Es stellt sich die Frage, ob dies mithilfe von Koordinationsstellen möglich ist und ob die Versorgungsqualität dadurch verbessert werden kann.

Methode: Der primäre Endpunkt ist der Anteil von Fällen mit tatsächlicher Indikation für eine unverzügliche Facharztüberweisung an allen gemeldeten Fällen.

Insgesamt kooperieren die Universitätsmedizin Mainz, die Medizinische Hochschule Hannover, das Rheumazentrum Niedersachsen, das Rheumazentrum Saarland des Universitätsklinikums des Saarlandes, das ACURA Rheumazentrum Rheinland-Pfalz, die niedergelassenen rheumatologischen Spezialisten, die Hausärzteverbände und die Landesverbände der Deutschen Rheuma-Liga e.V. und der Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew e.V., um die ca. 13 Millionen Einwohner zu erreichen.

Hierzu erhalten Primärversorger Zugang zu Screeningbögen, um eine mögliche Verdachtsdiagnose von Rheumatoider Arthritis, Psoriasis Arthritis und Spondylarthritis zu dokumentieren. Diese werden in der bundeslandspezifischen Koordinationsstelle gesichtet und der Patient bei manifestiertem Verdacht schnellstmöglich an den Facharzt weitervermittelt. Dieser bestätigt oder verwirft die Diagnose. Bei einer diagnostizierten rheumatischen Erkrankung erhalten die Ärzte und Patienten Fragebögen zu den Bereichen Soziodemografie, Lebensqualität, Funktionalität, Medikation, Diagnose, Wohlbefinden und Depressiver Symptomatik, um die sekundären Endpunkte zu überprüfen.

Um die Zuweisungsqualität weiter zu steigern, wurde für alle Patienten aus Rheinland-Pfalz, deren Verdachtsdiagnose durch die Koordinationsstelle bestätigt wurde, eine 15-minütige rheumatologische Sichtungssprechstunde im ACURA Rheumazentrum eingeführt. Die Fragebögen werden nach einem zwölfmonatigen Follow-up erneut ausgefüllt und mit einer gematchten Referenzgruppe des deutschen Rheumaforschungszentrums abgeglichen.

In der seit Oktober 2017 angelaufenen 30-monatigen Erhebungsphase sollen bis zu 8700 Personen gescreent werden.

Ergebnisse: Es werden vorläufige Daten (28.02.2019) vorgestellt. In Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Niedersachsen wurden mittlerweile fast 2750 Verdachtsdiagnosen von 1191 unterschiedlichen Zuweisern gemeldet. Insgesamt wurden 1402 Patienten durch die drei Koordinationszentralen zu einem der 49 teilnehmenden rheumatologischen Spezialisten überwiesen. Bei 547 Patienten wurde eine der drei Erkrankungen diagnostiziert. Rund 45 Patienten haben bereits den Follow-up- Termin nach einem Jahr wahrgenommen. Im Zuge der Sichtungssprechstunden wurden bis dato 182 Patienten gesichtet. Die Patienten warten durchschnittlich 41 Tage von der Verdachtsdiagnose bis zur verworfenen oder bestätigten rheumatologischen Diagnose. Aktuelle Ergebnisse werden auf der Tagung präsentiert.

Diskussion: Obwohl die durchschnittliche Wartezeit aktuell fast doppelt so lang ist wie die 23,9 Tage im rheinland-pfälzischen Vorgängerprojekt ADAPTHERA, sind die gegenwärtigen Studienergebnisse im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt als sehr positiv zu bewerten [4]. Ziel ist es, weiterhin die Screeningqualität und Screeningzahlen vor allem im 1-Jahres-Follow-up zu steigern.

Praktische Implikation: Bisherige Studien zeigen positive Ergebnisse. So befanden sich innerhalb des landesweiten Netzwerks ADAPTHERA ca. 75 Prozent der diagnostizieren Früharthritis-Kohorte nach 2 Jahren in Remission (DAS28 < 2,6) [4]. Entsprechende Entwicklungen werden bei allen Erkrankungsbildern innerhalb von Rheuma-VOR erwartet. Bei erfolgreicher Evaluation der Studie ist geplant, das Rheuma-VOR-Modell auf weitere Bundesländer auszudehnen.

Anmerkung: Der Aufbau von Rheuma-VOR wird aus Mitteln des Innovationsfonds über drei Jahre gefördert. Der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss fördert in den Jahren 2016 – 2019 neue Versorgungsformen, die über die bisherige Regelversorgung hinausgehen und diese nachhaltig verbessern.


Literatur

1.
Boehncke WH, Menter A. Burden of disease: psoriasis and psoriatic arthritis. Am J Clin Dermatol. 2013;14:377-388.
2.
Claudepierre P. Spondyloarthritis: a window of opportunity? Joint Bone Spine. 2014;81:197-199.
3.
O’dell JR. Treating rheumatoid arthritis early: a window of opportunity? Arthritis Rheum. 2002;46:283-285.
4.
Lauter A, Triantafyllias K, Leiß R, et al. ADAPTHERA – Landesweit transsektorales Versorgungsnetzwerk für Patienten mit früher rheumatoider Arthritis zeigt anhaltende Remissionen in der Regelversorgung. Z Rheumatol. 2019;78(7):660-669.