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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Entwicklung eines Patienten-Navigationsmodells für Patienten mit Schlaganfall und Lungenkrebs

Meeting Abstract

  • Kathrin Gödde - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Public Health, Berlin, Germany
  • Hella Fügemann - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Public Health, Berlin, Germany
  • Ute Goerling - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Charité Comprehensive Cancer Center, Berlin, Germany
  • Anke Kristin Desch - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Public Health, Berlin, Germany
  • Judith Stumm - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Germany
  • Nina Rieckmann - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Public Health, Berlin, Germany
  • Andreas Meisel - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Centrum für Schlaganfallforschung Berlin, Berlin, Germany
  • Jacqueline Müller-Nordhorn - Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Bayerisches Krebsregister, Nürnberg, Germany
  • Christine Holmberg - Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Brandenburg, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf204

doi: 10.3205/19dkvf204, urn:nbn:de:0183-19dkvf2047

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Gödde et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: In einer älter werdenden deutschen Gesellschaft kommt der Versorgung von Patienten mit altersassoziierten Erkrankungen, wie Lungenkrebs oder Schlaganfall, eine große Bedeutung zu. Durch eine Fragmentierung des Gesundheitssystems sowie der Versorgungslandschaft können für die Patienten Barrieren und Schwierigkeiten im Zugang zu optimaler Versorgung und Unterstützung entstehen. Patientennavigation stellt hier ein patienten-orientiertes Versorgungsmodell dar, um die Patienten individuell und entsprechend ihrer Präferenzen entlang ihres kompletten Versorgungsverlaufes zu unterstützen und zu begleiten.

Fragestellung: Ziel dieses Forschungsprojektes war es, definierte Kernkomponenten eines patienten-orientierten Navigationsmodells für Lungenkrebs- und Schlaganfallpatienten in Deutschland zu definieren.

Methode: Im Rahmen einer Mixed-Methods-Studie wurden durch quantitative und qualitative Methoden Barrieren einer optimalen Versorgung von Lungenkrebs- und Schlaganfallpatienten untersucht. Diese beinhaltete die Untersuchung bereits bestehender Unterstützungsangebote, die Durchführung von Patienteninterviews zu wahrgenommenen Versorgungsbarrieren aus Patientenperspektive, sowie Sekundärdatenanalysen zur Identifikation vulnerabler Patientenpopulationen suboptimaler Versorgung. Durch regelmäßige Treffen der durchführenden Wissenschaftler wurden erhaltene Ergebnisse zusammengeführt und folgende zuvor definierte Kernkomponenten eines Patienten-Navigationsmodells definiert: Aufgaben des Navigators, Zielpopulation, Interaktionsform, krankheitsspezifische/-übergreifende Komponenten, beruflicher Hintergrund des Navigators und Integration ins Gesundheitssystem.

Ergebnisse: Es wurde ein patienten-orientiertes Navigationsmodell für zwei prototypische altersassoziierte Krankheiten, Schlaganfall und Lungenkrebs, entwickelt. Als Aufgaben des Navigators wurden die Unterstützung der Patienten bei administrativen Hürden, bei der persönlichen Versorgungsorganisation und -koordination sowie die Vermittlung der Patienten an spezifische Unterstützungs- und Beratungsangebote definiert. Neben krankheitsspezifischen Unterstützungsbedarfen der Patienten zeigten sich auch krankheitsübergreifende Bereiche der Navigation, wie z.B. die Unterstützung bei administrativen Aufgaben. Entsprechend der genannten Aufgaben des Navigators wurde ein beruflicher Hintergrund der sozialen Arbeit mit zusätzlichem krankheitsspezifischem Training als ideal für den Navigator definiert. Vulnerable Patientengruppen einer suboptimalen Versorgung und somit Zielpopulation der Navigation waren unter anderem ältere Patienten, Patienten ohne ein unterstützendes soziales Netzwerk und multimorbide Patienten. Es wurde zudem anhand der erhobenen qualitativen Daten deutlich, dass der Navigator aus Sicht der Patienten ein konstanter Ansprechpartner mit der Möglichkeit flexibler Interaktionsformen zwischen Navigator und Patient sein sollte.

Diskussion: Im Rahmen der vorliegenden Studie konnte auf Grundlage von qualitativen und quantitativen Daten einer Mixed-Methods-Studie ein patienten-orientiertes Navigationsmodell für Patienten der zwei prototypischen altersassoziierten Erkrankungen Lungenkrebs und Schlaganfall entwickelt werden. Die Umsetzbarkeit und Effektivität des Navigationsmodells in Bezug auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität und die Zufriedenheit mit der Versorgung der Patienten muss in Folgestudien evaluiert werden.

Praktische Implikationen: Durch eine alternde Gesellschaft in Deutschland ist ein Anstieg altersassoziierter Erkrankungen zu erwarten, deren Versorgung häufig durch das Vorkommen von Komorbiditäten sehr komplex ist oder durch das Fehlen sozialer Unterstützung der Patienten erschwert wird. Patientennavigatoren können Patienten bei der Organisation und Koordination ihrer Versorgung in einem fragmentierten deutschen Gesundheitssystem unterstützen und somit entstehende Barrieren im Versorgungsverlauf abbauen.

Anmerkung: Dieses Projekt wurde im Rahmen der BMBF Förderlinie für Strukturaufbau Versorgungsforschung durchgeführt.