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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Pflegesprechstunde in der Hausarztpraxis

Meeting Abstract

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  • Andreas Büscher - Hochschule Osnabrück, Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP), Osnabrück, Germany
  • Juliane Erdmann - Hochschule Osnabrück, Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Osnabrück, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf179

doi: 10.3205/19dkvf179, urn:nbn:de:0183-19dkvf1796

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Büscher et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Zur Bewältigung von chronischer Krankheit und Pflegebedürftigkeit im häuslichen Umfeld ist ein enges Zusammenwirken zwischen Pflege und Medizin (insbesondere Hausärzten, ambulanten Pflegediensten und nichtärztlichen Therapeuten) zur Sicherstellung der Versorgungskontinuität erforderlich. Die Sektorengrenzen zwischen Pflege und Medizin stellen jedoch eine besondere Herausforderung dar, weil System- und Rechtsgrenzen (SGB V und SGB XI) die Kooperation eher erschweren, als fördern.

Unter dem Eindruck eines sich abzeichnenden Mangels an professionellen und familiären Pflegepersonen, zunehmender Komplexität von Pflegesituationen durch Multimorbidität, die Strategie „ambulant vor stationär“, die zunehmende Singularisierung in den Pflegehaushalten und die ausdünnende hausärztliche Versorgung in ländlichen Regionen entsteht ein besonderer Unterstützungsbedarf bei den etwa 1,4 Mio. Pflegebedürftigen, die ausschließlich durch das familiäre Umfeld gepflegt werden.

Auf Seiten pflegebedürftiger Menschen und ihrer Angehörigen gibt es einen kontinuierlichen Begleitungs- und Beratungsbedarf im Sinne einer Selbstmanagementförderung, insbesondere zur Überwindung von Entscheidungsunsicherheiten angesichts sich verändernder Anforderungen in der Pflegesituation. Dieser Bedarf bezieht sich auf Informationen, wo, durch wen und wie Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen und geltend gemacht werden können. Er umfasst aber auch Aspekte der emotionalen Unterstützung, Rückversicherung des eigenen Tuns und Bewältigung der mit der Pflege einhergehenden Belastungen. Oft sind Hausärztinnen und Hausärzte die erste Ansprechstelle für diese Fragen. Sie sind jedoch nur bedingt in der Lage, Fragen zur mittel- und langfristigen Bewältigung von Pflegebedürftigkeit zu beantworten. Zudem wird diese Unterstützung nicht als ihre originäre Aufgabe angesehen und es fehlt im Rahmen der Sprechstunden die Zeit, sich zufriedenstellend damit zu beschäftigen. Bestehende Beratungsangebote (z.B. Pflegestützpunkt, Pflegekassen oder ambulante Pflegedienste) werden – wie aus Untersuchungen bekannt ist – oftmals nicht in Anspruch genommen, weil sie nicht bekannt oder schlecht zugänglich bzw. erreichbar sind.

In diesem Projekt wurde daher der Versuch unternommen, Beratungskompetenz zu Pflegefragen in der Hausarztpraxis zu verankern und somit den Zugang zu erleichtern. Zudem stelle dieser Ansatz – die Pflegesprechstunde in der Hausarztpraxis – neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Hausärzten und ambulanten Pflegediensten dar. Diese Zusammenarbeit wird derzeit in einem kleinen Rahmen mit zwei ambulanten Pflegediensten und zwei Hausarztpraxen in einer niedersächsischen Kleinstadt umgesetzt und evaluiert. Die beteiligten Pflegedienste ließen in einem Vorprojekt „Beratungskompetenz stärken“ sieben Mitarbeiterinnen in Anlehnung an den „Qualitätsrahmen für Beratung und Schulung in der Pflege“ weiterbilden, um auf Basis dieses wissenschaftlich fundierten Instruments ein angemessenes Qualitätsniveau der Beratung gewährleisten zu können. Die Mitarbeiterinnen der beteiligten Pflegedienste haben sich somit im Vorfeld durch Fortbildungen eine umfangreiche Beratungsexpertise angeeignet und sich zu einem gemeinsamen Beratungsteam zusammengeschlossen. Die beteiligten Hausärzte wurden über direkte Ansprache durch die Pflegedienste gewonnen. Gefördert wird das Projekt durch das Förderprogramm zur Stärkung der ambulanten Pflege im ländlichen Raum durch die niedersächsische Landesregierung.

Fragestellung:

  • Lässt sich das Angebot der Beratungssprechstunde dauerhaft in einer Arztpraxis realisieren?
  • Wie hoch ist der administrative und kommunikative Aufwand?
  • Wie gestaltet sich die Kooperation?
  • Welcher Nutzen zeigt sich im Projekt für die beteiligten Arztpraxen und Pflegedienste?
  • Welche Erkenntnisse lassen im Hinblick auf mittel- und langfristige Kooperationen zwischen primärer Gesundheits- und Langzeitversorgung gewinnen?

Methode: Die Untersuchung erfolgt als formative und summative Evaluation der Einrichtung der Pflegesprechstunde durch die Hochschule Osnabrück. In diesem Rahmen werden qualitative Interviews mit den Beraterinnen und den beteiligten Hausärzten sowie Praxisangestellten geführt. Die Inhalte und weitere Aspekte der Beratungsgespräche werden über einen einheitlichen Dokumentationsbogen erfasst und deskriptiv ausgewertet.

Ergebnisse: Das Projekt läuft seit November 2018 und wird Ende April 2019 beendet sein. In dem Vortrag werden die wesentlichen Ergebnisse dargestellt. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Beratung, wenn auch zunächst zögerlich, in Anspruch genommen wird und sich dadurch langsam etablieren konnte. Die weiteren Auswertungen erfolgen ab Mai 2019.