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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Entwicklung eines QS-Verfahrens zur individualisierten Messung der Ergebnisqualität in der geriatrischen Rehabilitation

Meeting Abstract

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  • Norbert Birkner - BQS Institut, Statistik und Forschungsmethoden, Düsseldorf, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf165

doi: 10.3205/19dkvf165, urn:nbn:de:0183-19dkvf1652

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Birkner.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Messung der Ergebnisqualität erfolgt innerhalb von QS-Verfahren für einzelne Leistungsbereiche i.d.R. einheitlich. Für die geriatrische Rehabilitation wurde ein Messverfahren entwickelt, das von diesem Prinzip abweicht. Für jeden geriatrischen Patienten wird hier eine individuelle Auswahl an für ihn relevanten Leistungsaspekten erhoben. Damit wird ein individualisiertes Messverfahren realisiert.

Fragestellung: Wie lässt sich die Ergebnisqualität in der geriatrischen Rehabilitation für ein Benchmark-Verfahren messen, bei dem das Patientenklientel durch Inhomogenität der Beschwerdebilder sowie durch hohes Alter und Multimorbidität gekennzeichnet ist?

Methode: Konzept: Die Grundidee des Verfahrens besteht darin, für jeden Patienten individuell nur die Leistungsmerkmale in die Messung einzubeziehen, die bei ihm therapeutisch bearbeitet wurden. Dazu wird für hier anzutreffende Beschwerdenklassen, z.B. Gehen, Treppensteigen, Greifen, Schlucken, ein separates Instrument vorgehalten. Für jeden Patienten werden dann die für ihn relevanten Instrumente entsprechend den angesetzten Therapien ausgewählt und zur Beschreibung seines Therapieerfolges angewendet.

Die Ergebnisqualität wird durch Befragung von Patienten im prä-post-Design gemessen. Die Messungen erfolgen auf Basis gradueller Leistungseinschätzungen gut beobachtbarer Merkmale, die auch Bezugspersonen reliabel vornehmen können. Jeder Patient erhält also zu zwei Messzeitpunkten einen für ihn individuell zusammengestellten Fragebogen.

Exploration: In vier Reha-Einrichtungen wurden Therapeuten unterschiedlicher Professionen befragt, um

  • einen standardisierten Ablauf für das QS-Verfahren abzuleiten, der den Auswahlprozess der relevanten Beschwerdenklassen für einen Patienten beschreibt,
  • eine Klasseneinteilung der therapeutischen Maßnahmen zu entwickeln und
  • substanzielle Leistungsstufen innerhalb bestimmter therapeutischer Maßnahmen zu ermitteln, die für Laien gut beobachtbar sind.

Erhebungen: Die empirische Überprüfung der Messeigenschaften der entwickelten Instrumente erfolgte durch ihre Anwendung in zwei unabhängigen Stichproben. Zuvor wurden Kognitive Pretests zur Prüfung der Fragebögen auf Verständlichkeit an 38 Patienten aus sechs Reha-Einrichtungen durchgeführt.

In Studie 1, die innerhalb des prä-post-Designs als Parallelerhebung angelegt war, wurde zudem geprüft, inwieweit Patienten- und korrespondierende Bezugspersonenangaben übereinstimmen. Die Messeigenschaften der revidierten Instrumente wurden an einer weiteren Stichprobe (Studie 2) überprüft.

Im Erhebungsdesign wurden Patienten, Bezugspersonen und Behandler sowie die Messzeitpunkte Reha-Beginn und zwei Wochen nach Reha-Ende differenziert. Erhoben wurden die Ergebnisqualität sowie diverse Patientenmerkmale. Zur Messung der Ergebnisqualität standen 33 Instrumente zur Auswahl.

Ergebnisse: In Studie 1 haben 13 teilnehmende Reha-Einrichtungen 629 Fälle akquiriert und vollständig dokumentiert, wovon für 255 Patienten und 72 Bezugspersonen ausgefüllte Fragebögen zur prä-post-Messung vorlagen. Die Rücklaufquoten (RQ) lagen bei 41,3 bzw. 30,1%. In 60 Fällen lagen parallele Ergebnisse für Patienten und Bezugspersonen vor. Pro Patient wurden im Mittel 6,1 therapierelevante Beschwerdenklassen ausgewählt, am häufigsten die der Mobilität (Gangsicherheit, Gehen in Innenbereich, Treppensteigen, Gehen im Außenbereich) sowie die für Schmerzen mit Anteilen von 50 bis 70%. Die Reliabilität der Scores ist gut und die Scores einzelner Leistungsaspekte von Patienten und Bezugspersonen korrelieren hoch miteinander.

In Studie 2 haben 12 teilnehmende Einrichtungen 464 Fälle vollständig dokumentiert, wovon für 201 Patienten und 9 Bezugspersonen Fragebögen zur prä-post-Messung vorlagen (RQ: 44,6%, 15,5%). Die Ergebnisse aus Studie 1 zur Auswahl der Beschwerdenklassen sowie zur Reliabilität und Validität der Instrumente konnte repliziert werden.

Diskussion: Das Konzept eignet sich, die Ergebnisqualität patientenspezifisch valide und reliabel zu messen. Auch die alternative Befragung von Bezugspersonen hat sich bewährt. In beiden Studien wurden übereinstimmend gute Ergebnisse der Messeigenschaften gefunden. Das Verfahren hat sich für Patienten wie für Einrichtungen als praktikabel erwiesen.

Die berichteten Ergebnisse basieren auf den Auswertungen der am häufigsten ausgewählten Beschwerdenklassen. Weitere Erhebungen erfolgen derzeit, so dass auch die bisher nicht geprüften Instrumente überprüft werden können.

Praktische Implikationen: Das Messverfahren kann als bundesweit verpflichtendes Benchmark-Verfahren verwendet werden. Das Konzept der individualisierten Ergebnisqualitätsmessung lässt sich auch auf andere inhomogene Indikationsbereiche übertragen. Der Ansatz eignet sich zudem für die einrichtungsübergreifende Qualitätssicherung sowie zur Messung langfristiger Behandlungserfolge durch zusätzliche Follow-Up-Erhebungen.