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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Patienten- und krankenhausspezifische Einflussfaktoren auf die Mortalität von Patienten mit Beatmung > 24 Stunden: eine explorative Multilevel-Analyse im Rahmen der IMPRESS-Studie

Meeting Abstract

  • Olaf Schoffer - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV), Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der TU Dresden, Dresden, Germany
  • Martin Rößler - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV), Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der TU Dresden, Dresden, Germany
  • Felix Walther - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV), Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der TU Dresden, Dresden, Germany
  • Maria Eberlein-Gonska - Zentralbereich Qualitäts- und Medizinisches Risikomanagement, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der TU Dresden, Dresden, Germany
  • Ralf Kuhlen - IQM Initiative Qualitätsmedizin e.V., -, Berlin, Germany
  • Peter C. Scriba - IQM Initiative Qualitätsmedizin e.V., -, Berlin, Germany
  • Jochen Schmitt - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV), Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der TU Dresden, Dresden, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf163

doi: 10.3205/19dkvf163, urn:nbn:de:0183-19dkvf1633

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Schoffer et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Patienten mit Beatmung > 24 Stunden weisen mit durchschnittlichen Mortalitätsraten von über 30% eine hohe Krankenhaussterblichkeit auf. Vor diesem Hintergrund kommt Maßnahmen zur Reduktion der Mortalität von Beatmungspatienten eine hohe Relevanz zu. Das IQM-Peer Review zur Beatmung > 24 Stunden zielt als Instrument zur Qualitätssicherung und -verbesserung auf die Reduktion eben jener Sterblichkeit. Die Studie „Effektivität des IQM-Peer Review Verfahrens zur Verbesserung der Ergebnisqualität – eine pragmatische cluster-randomisierte kontrollierte Studie“ (IMPRESS) untersucht die Effektivität des IQM-Peer Review Verfahrens im Rahmen eines cluster-randomisierten, kontrollierten Studiendesigns. Neben der Schätzung des kausalen Effektes des IQM-Peer Reviews zur Beatmung > 24 Stunden werden Einflussfaktoren auf die Sterblichkeit von Beatmungspatienten sowie von Patienten mit weiteren Erkrankungsbildern mittels explorativer Analysen untersucht. Dieser Beitrag präsentiert die Ergebnisse der explorativen Untersuchung zur Sterblichkeit von Beatmungspatienten.

Fragestellung: Welche Faktoren sind mit der Krankenhausmortalität von Patienten mit Beatmung > 24 Stunden assoziiert?

Methode: Die Analysen basieren auf Sekundärdaten gemäß §21 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG). Eingeschlossen wurden IQM-Mitgliedskliniken, welche der Teilnahme an der IMPRESS-Studie zustimmten. Zur Abgrenzung von der Datengrundlage der konfirmatorischen Analyse wurden lediglich solche Kliniken in die explorative Analyse einbezogen, welche vor Studienbeginn in die Beobachtungsstudie allokiert wurden. Zur Schätzung der Effekte von Patientencharakteristika, von Umständen der Aufnahme und des Aufenthalts im Krankenhaus sowie von Krankenhausmerkmalen auf die Sterblichkeit der Patienten wurden robuste Multilevel-Poisson-Regressionen sowie logistische Regressionsmodelle verwendet.

Ergebnisse: Die explorativen Analysen basieren auf 95 672 Krankenhausfällen von Patienten mit Beatmung > 24 Stunden in den Jahren 2016 und 2017, welche in insgesamt 163 IQM-Mitgliedskliniken behandelt wurden. Ein höheres Alter des Patienten, die Aufnahme als Notfall sowie die Zuverlegung von einem anderen Krankenhaus waren mit einem statistisch signifikant höheren Sterberisiko assoziiert. Die Regressionsergebnisse liefern lediglich schwache Evidenz für ein höheres Sterberisiko von weiblichen relativ zu männlichen Patienten. Die Krankenhausaufnahme an Freitagen und Samstagen war mit einem höheren Sterberisiko relativ zur Aufnahme an Sonntagen assoziiert. Während Patienten in Krankenhäusern mit hoher Bettenzahl ein im Mittel höheres Sterberisiko aufwiesen als Patienten in Häusern mit niedriger Bettenzahl, ergeben die Analysen einen negativen Zusammenhang zwischen dem individuellen Sterberisiko und der kumulierten Behandlungszeit von Beatmungspatienten in dem jeweiligen Krankenhaus. Kliniken, welche einen höheren Anteil ihrer Beatmungspatienten in andere Krankenhäuser verlegten, verzeichneten eine niedrigere Sterblichkeit. Die Ergebnisse der Regressionsanalysen geben keine Hinweise auf systematische Unterschiede in Hinblick auf die Trägerschaft (öffentlich/privat/frei-gemeinnützig) und die Lokalisation (städtischer/ländlicher Raum) der Krankenhäuser. Gegenüber dem Jahr 2016 war eine Erhöhung des adjustierten Sterberisikos im Jahr 2017 festzustellen. Das Merkmal „Universitätsklinikum“ stellt insbesondere in Hinblick auf Notfallaufnahmen und Zuverlegungen von anderen Krankenhäusern einen Effektmodifikator dar: sowohl Notfallaufnahmen als auch Zuverlegungen sind in Universitätskliniken mit einer stärkeren Erhöhung des Sterberisikos assoziiert als in Nicht-Universitätskliniken.

Diskussion: Die Ergebnisse der explorativen Analysen liefern Evidenzen für Zusammenhänge zwischen der Mortalität von Patienten mit Beatmung > 24 Stunden und verschiedenen patientenindividuellen und krankenhausbezogenen Merkmalen. Die vorgefundenen Interkationen zwischen Notfallaufnahmen und Zuverlegungen mit dem Merkmal „Universitätsklinikum“ könnten auf Unterschiede zwischen diesen Klinikgruppen in Hinblick auf den Case-Mix und die Erkrankungsschwere der Patienten hindeuten. Zusätzlich könnten diese Befunde Unterschiede im Kodierungsverhalten widerspiegeln. Als potentielle Limitation zu diskutieren ist der Zusammenhang zwischen Mortalität und Beatmungsdauer.

Praktische Implikationen: Die in dieser explorativen Untersuchung erzielten Ergebnisse geben Anhaltspunkte für relevante Einflussgrößen auf die Mortalität von Patienten mit Beatmung > 24 Stunden. Diese Einflussgrößen können im Rahmen geeigneter Sensitivitätsanalysen der konfirmatorischen Analyse zur Schätzung des kausalen Effektes des IQM-Peer Review Verfahrens berücksichtigt werden.