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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Risikoadjustierung von Qualitätsindikatoren bei Korrelation zwischen Behandlungsqualität und Risikofaktoren: Verzerrungspotential und Lösungsansatz

Meeting Abstract

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  • Martin Rößler - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV), Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der TU Dresden, Dresden, Germany
  • Jochen Schmitt - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV), Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der TU Dresden, Dresden, Germany
  • Olaf Schoffer - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV), Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der TU Dresden, Dresden, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf162

doi: 10.3205/19dkvf162, urn:nbn:de:0183-19dkvf1623

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Rößler et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Messung und die vergleichende Darstellung von medizinischer Qualität in Krankenhäusern gewinnen zunehmend an öffentlicher und politischer Bedeutung. Hierfür wird häufig auf Qualitätsindikatoren zurückgegriffen, welche aus Routinedaten gewonnen werden. Die Konstruktion solcher Indikatoren erfolgt zunehmend unter Einsatz von Risikoadjustierungsverfahren, welche die unterschiedliche Verteilung von patientenspezifischen Risikofaktoren zwischen den Krankenhäusern berücksichtigen sollen. Eine in diesem Kontext gebräuchliche Kennzahl ist die standardized mortality ratio (SMR). Zur Berechnung der SMR stehen verschiedene etablierte Methoden zur Verfügung, darunter nichtparametrische Ansätze, logistische Regressionen und Mixed-Effects-Modelle. Allen genannten Verfahren liegt hierbei implizit die Annahme der Unkorreliertheit der unbeobachteten Behandlungsqualität der Krankenhäuser mit relevanten, beobachteten Risikofaktoren zugrunde. Verletzungen dieser potentiell kritischen Annahme können z.B. bei der Adjustierung für Komorbiditäten ohne Berücksichtigung des Status‘ „present on admission“ (POA) vorliegen. Eine Berücksichtigung dieses Status‘ ist bei Verwendung von Routinedaten i.d.R. nicht möglich, da diese zumeist keine Angabe zu POA enthalten. Dieser Beitrag untersucht das Verzerrungspotential entsprechender Szenarien und schlägt mit der logistischen Fixed-Effects-Regression inklusive Firth-Korrektur [1], [2] eine Methode zur Elimination möglicher Verzerrungen im Rahmen von Risikoadjustierungen vor. Des Weiteren wird die Eignung von Model-Fit und prädiktiver Kraft als Kriterien zur Auswahl von Risikoadjustierungsmodellen kritisch hinterfragt.

Fragestellung: Inwieweit induziert die Korrelation zwischen Behandlungsqualität und Risikofaktoren eine Verzerrung der Ergebnisse von Risikoadjustierungen? Kann eine solche Verzerrung mittels logistischer Fixed-Effects-Regression inklusive Firth-Korrektur vermieden werden? Welche Bedeutung kommt dem Model-Fit und der prädiktiven Kraft statistischer Modelle im Rahmen von Risikoadjustierungen zu?

Methode: Die Verzerrungspotentiale von Risikoadjustierungen durch Korrelation von Behandlungsqualität und Risikofaktoren wurden mittels Monte-Carlo-Simulationen untersucht. Hierbei wurden Risikoadjustierungen basierend auf nicht-parametrischen Ansätzen, logistischen Regressionen und Mixed-Effects-Modellen mit Adjustierungen auf Basis von logistischen Fixed-Effects-Regressionen inklusive Firth-Korrektur verglichen. Die Bemessung des Verzerrungspotenzials erfolgte über einen Vergleich der simulierten mit der geschätzten Qualitätsrangfolge. Model-Fit und prädiktive Kraft wurden anhand des Pseudo-R-Quadrats und der Area under the curve (AUC) quantifiziert.

Ergebnisse: Eine Korrelation zwischen Behandlungsqualität und Risikofaktoren führt zu einer Verzerrung einer Qualitätsmessung, welche auf nichtparametrischen Ansätzen, logistischen Regressionen oder Mixed-Effects-Modellen basiert. Die Simulationen belegen, dass der Einsatz von logistischen Fixed-Effects-Regressionen inklusive Firth-Korrektur eine bessere Abbildung der Rangfolge der Krankenhäuser nach Behandlungsqualität ermöglichen kann. Dies gilt sogar bei Abwesenheit von Korrelation zwischen Behandlungsqualität und Risikofaktoren. Der beste Fit und die höchste prädiktive Kraft eines statistischen Modells gehen mit einer erheblichen Verzerrung der Qualitätsmessung einher.

Diskussion: Gängige Verfahren zur Risikoadjustierung von Qualitätsindikatoren beruhen implizit auf der Annahme der Unkorreliertheit von Behandlungsqualität und Risikofaktoren. Diese Annahme kann in realen Anwendungsfällen verletzt sein. Die im Rahmen dieses Beitrages präsentierten Simulationsergebnisse für nichtparametrische Verfahren, logistische Regressionen und Mixed-Effects-Modelle belegen, dass sich diese Annahmeverletzung in einer schlechteren Abbildung der Behandlungsqualität niederschlägt. Die logistische Fixed-Effects-Regression inklusive Firth-Korrektur erweist sich dahingegen als robuster. Eine Validierung dieser Ergebnisse in zusätzlichen Szenarien ist anzustreben.

Praktische Implikationen: Zur Vermeidung von Verzerrungen der Ergebnisse von Risikoadjustierungen von Qualitätsindikatoren sollten Fixed-Effects-Modelle in Erwägung gezogen werden. Erklärungsgehalt und prädiktive Kraft statistischer Modelle sollten nicht als primäre Kriterien zur Auswahl der Risikoadjustierungsmodelle verwendet werden.


Literatur

1.
Firth D. Bias reduction of maximum likelihood estimates. Biometrika. 1993;80(1):27-38.
2.
Varewyck M, Goetghebeur E, Eriksson M, Vansteelandt S. On shrinkage and model extrapolation in the evaluation of clinical center performance. Biostatistics. 2014;15(4):651-664.