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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Ein motivational-volitionales Programm für Frauen nach Brustkrebs erhöht sportliche Aktivität 12 Monate nach Entlassung aus der Rehabilitation – prospektive, kontrollierte Studie

Meeting Abstract

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  • Eva-Maria Bitzer - Pädagogische Hochschule Freiburg, Public Health & Health Education, Freiburg, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf152

doi: 10.3205/19dkvf152, urn:nbn:de:0183-19dkvf1529

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Bitzer.
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Gliederung

Text

Die positiven Effekte eines körperlich aktiven Lebensstils bei Frauen, die eine Brustkrebserkrankung überlebt haben, sind wissenschaftlich gut belegt. Entsprechend bewegungsaktiv gestaltet sich die medizinische Rehabilitation. Dennoch gelingt es vielen Rehabilitandinnen nicht, den während der Rehabilitation hohen Bewegungsumfang längerfristig aufrecht zu erhalten.

Ziel dieser Studie ist es, eine Intervention zur nachhaltigen Verbesserung der körperlichen Aktivität bei körperlich wenig aktiven Frauen (< 60 Minuten) nach Brustkrebs, zu entwickeln, in Rehabilitationskliniken zu implementieren sowie die Wirksamkeit der Intervention zu prüfen.

Die Intervention basiert auf dem motivationalen-volitionalen Prozessmodell und heißt Motivational-volitionale Intervention – Bewegung nach Brustkrebs (MoVo-BnB). Die Entwicklung beinhaltete die systematische Zusammenstellung bestehenden Wissens, Definition des Curriculums, Entwicklung der Arbeitsmaterialien und Manualisierung [1]. Die Implementierung der Intervention umfasste die Elemente Trainerfortbildung, sukzessive Einführung der einzelnen Einheiten in zwei Rehabilitationseinrichtungen sowie zwei Visitationen im Rahmen der formativen Evaluation.

Die Wirksamkeitsprüfung erfolgte als prospektive kontrollierte, bi-zentrische Interventionsstudie mittels standardisierter schriftlicher Befragungen zu Reha-Beginn (T0) und -ende (T1) sowie sechs (T2) und zwölf Monate (T3) nach der Rehabilitation. Zielgruppe waren Frauen nach einer Brustkrebserkrankung. Primäres Zielkriterium war die Erhöhung der körperlichen Aktivität (BSA [2]) zu T2 im Vergleich zur Kontrollgruppe. Sekundäre Zielkriterien waren patientenberichtete Endpunkte (u.a. EORTC-QLQ C30, EORTC – QLQ BR23, EORTC-QLQ-FA12). Die statistische Auswertung des primären Endpunktes erfolgt durch den Intergruppenvergleich zu den T2 und T3 mittels Kovarianzanalyse unter Kontrolle der Ausgangswerte zu T0. Die Studie ist registriert (DRKS-ID: DRKS00011122), das Studienprotokoll publiziert [3] und es liegt ein Ethikvotum der Landesärztekammer Baden-Württemberg vor (AZ: F-2014-091).

Kurzbeschreibung der Intervention: Die Intervention MoVo-BnB besteht aus vier Einheiten à 60 Minuten und wird von physiotherapeutischem oder gesundheitspädagogischem Personal angeleitet. Zu den Inhalten zählen u.a. Informationen zu Bewegung und Sportaktivitäten nach einer Brustkrebserkrankung, Identifizieren geeigneter Sportarten, Planen von Sportaktivitäten und Umgang mit Barrieren. Die Durchführung erfolgt in geschlossenen Kleingruppen. Jede Einheit folgt einem methodischen Grundrhythmus: (1) Einstieg, (2) Erarbeitung und Ergebnissicherung, (3) Vertiefung- und Reflexion, (4) Abschluss. Die Teilnehmerinnen ehrhalten neben einem Begleitheft ein Bewegungstagebuch für die Rehabilitation als auch für die Zeit danach.

Akzeptanz, Praktikabilität: Nach der mehrperspektivisch durchgeführten formativen Evaluation sind Inhalte, Vermittlungsmethoden und Begleitmaterialien manualgetreu umsetzbar und praktikabel. Die zusätzlich erhobene Interventionsbewertung durch die Teilnehmerinnen (n=418) fällt insgesamt mit einem Summenwert von 81 (Wertebereich 0-100: höhere Werte weise auf eine bessere Bewertung hin) ebenfalls gut aus.

Wirksamkeit: In die statistische Auswertung konnten aus den vier Messzeitpunkten insgesamt n=545 (57%) Fragebögen einbezogen werden [Interventionsgruppe (IG) n=279, Kontrollgruppe (KG) n=266]. Hinsichtlich der soziodemografischen und medizinischen Angaben bestehen keine signifikanten Unterschiede zwischen IG und KG, das mittlere Alter beträgt in beiden Gruppen 57 Jahre (SD: 9,9).

Der selbstberichtete zeitliche Umfang körperlicher Aktivität in Minuten pro Woche der IG beträgt zu T0, T1, T2, T3 (12, 202, 98, 98) und in der Kontrollgruppe (12, 197, 85, 75). Die IG ist zu T3 im Mittel 22 min/Woche (95%-CI 2,6 bis 41,5) sportlich aktiver als die KG (p=0,02). 49,1% der IG ist zu T3 mindestens 60 Minuten pro Woche sportlich aktiv, gegenüber 37,6% der KG (p < 0,01). Hinsichtlich der sekundären Zielkriterien (Lebensqualität, Fatigue, Depression, Angst, Teilhabe) unterscheiden sich IG und KG zu keinem der Erhebungszeitpunkte substanziell.

Fazit: Die Intervention MoVo-BnB erhöht die sportlichen Aktivität bei zuvor wenig sportlich aktiven Frauen nach einer Brustkrebserkrankung im ersten Jahr nach Abschluss einer medizinischen Rehabilitation nachhaltig.


Literatur

1.
Spörhase U, et al. Bewegung nach Brustkrebs aufnehmen und aufrechterhalten – ein Schulungsmanual. Tübigen: dgvt; 2019.
2.
Fuchs R, et al. Messung der Bewegungs- und Sportaktivität mit dem BSA-Fragebogen. Z Gesundheitspsychol. 2015; 23(2):60-76.
3.
Adams L, et al. Effectiveness of a motivational-volitional group intervention to increase physical activity among breast cancer survivors compared to standard medical rehabilitation – study protocol of a prospective controlled bi-centered interventional trial 2018. Eur J Cancer Care. Forthcoming 2019.