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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Psychoonkologische Beratung in Prostatakrebszentren: Wie lassen sich Unterschiede in der Inanspruchnahme erklären?

Meeting Abstract

  • Clara Breidenbach - Deutsche Krebsgesellschaft, Zertifizierung, Berlin, Germany
  • Rebecca Hein - Institut für Medizinische Statistik und Bioinformatik (IMSB), AG Medizinische Statistik, Köln, Germany
  • Simone Wesselmann - Deutsche Krebsgesellschaft, Zertifizierung, Berlin, Germany
  • Sebastian Dieng - OnkoZert GmbH, OncoBox, Neu-Ulm, Germany
  • Alisa Oesterle - OnkoZert GmbH, OncoBox, Neu-Ulm, Germany
  • Ernst-Günther Carl - Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V., Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V., Bonn, Germany
  • Günter Feick - Förderverein Hilfe bei Prostatakrebs e. V., Förderverein Hilfe bei Prostatakrebs e. V., Bonn, Germany
  • Christoph Kowalski - Deutsche Krebsgesellschaft, Zertifizierung, Berlin, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf150

doi: 10.3205/19dkvf150, urn:nbn:de:0183-19dkvf1505

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Breidenbach et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Krebsbetroffene sind starken psychischen Belastungen ausgesetzt, die negative Auswirkungen auf die Lebensqualität und das Überleben haben können. Psychoonkologische Angebote stellen somit wichtige Instrumente der Krebsversorgung dar und sind deshalb in von der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. zertifizierten Zentren für jeden Patienten obligatorisch. Auch bei vielen Prostatakrebspatienten, die häufig von beeinträchtigter sexueller Funktionsfähigkeit und Inkontinenz nach chirurgischen und hormonellen Eingriffen betroffen sind, gibt es psychoonkologischen Beratungsbedarf. Allerdings variiert die psychoonkologische Inanspruchnahme zwischen Prostatakrebszentren stark.

Fragestellung: Inwieweit können strukturelle Zentrumsmerkmale und Patienteneigenschaften die Inanspruchnahme psychoonkologischer Beratung in Prostatakrebszentren erklären?

Methode: Für einen risikoadjustieren Vergleich der Prostatakrebszentren wurde eine Mehrebenenanalyse durchgeführt. Dazu wurden die Daten von n = 2.766 lokal behandelten Prostatakrebspatienten aus 43 zertifizierten Prostatakrebszentren in Deutschland genutzt, die im Rahmen der Prostate Cancer Outcome (PCO)-Studie erhoben wurden.

Ergebnisse: Es zeigen sich große Unterschiede zwischen den Prostatakrebszentren (ICC=0,58). Patienten mit lokal-begrenzt hohem Risiko nehmen psychoonkologische Beratung signifikant häufiger in Anspruch als Patienten mit lokal-begrenzt mittlerem Risiko (p=0,043). Hinsichtlich der Behandlungsart nutzen strahlentherapierte (p=0,000) sowie Active Surveillance (AS)/Watchful Waiting (WW)-Patienten (p=0,000) seltener psychoonkologische Angebote als Patienten, die sich einer Radikalen Prostatektomie (RPE) unterziehen. In Bezug auf die strukturellen Zentrumsmerkmale ist die psychoonkologische Inanspruchnahme in Universitätskliniken systematisch niedriger als in akademischen Lehrkrankenhäusern (p=0,018). Bildungs- und Versicherungsstatus der Patienten zeigen sich nicht als signifikante Prädiktoren für die Nutzung psychoonkologischer Beratung.

Diskussion: Die Ergebnisse bestätigen zunächst, dass die Inanspruchnahme psychoonkologischer Beratung zwischen Prostatakrebszentren variiert, wobei angemerkt werden sollte, dass sich auch die Studieneinschlussquote zwischen den Zentren stark unterscheidet. Des Weiteren ist hinsichtlich der Ergebnisvalidität auf die Unterrepräsentanz Strahlentherapierter in der Stichprobe im Vergleich zu Patienten mit RPE hinzuweisen. Keine Aussagen können wir über mit dieser Analyse über die Bedarfsgerechtigkeit der psychoonkologischen Beratung treffen.

Praktische Implikationen: Die Risikogruppe des Patienten, die Behandlungsart und der Lehrstatus des Zentrums konnten als Prädiktoren für die Varianz bei der Inanspruchnahme von psychoonkologischen Angeboten in Prostatakrebszentren identifiziert werden. Dies sollte jedoch unter Berücksichtigung der genannten Limitationen interpretiert werden. In zukünftigen Untersuchungen gilt es demzufolge, den Ursachen der Unterschiede zwischen den Behandlungsarten auf den Grund zu gehen und zu klären, inwieweit diese auf die Behandlungseffekte oder auf die geringe Studienteilnahme in der Strahlentherapie zurückzuführen sind. Ferner sollte zukünftig geklärt werden, inwieweit die Unterschiede zwischen akademischen Lehrkrankenhäusern und Universitätskliniken Defizite einer bedarfsgerechten Beratung widerspiegeln.