gms | German Medical Science

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

PROMoting Quality – Intersektorale Nutzung von digital erhobenen Patient Reported Outcome Measures zur Steigerung der patientenrelevanten Ergebnisqualität im Bereich Orthopädie

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • Laura Oschmann - TU Berlin, Management im Gesundheitswesen, Berlin, Germany
  • Christoph Pross - TU Berlin, Management im Gesundheitswesen, Berlin, Germany
  • Alexander Geissler - TU Berlin, Management im Gesundheitswesen, Berlin, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf146

doi: 10.3205/19dkvf146, urn:nbn:de:0183-19dkvf1462

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Oschmann et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

In Deutschland steigen die Gesundheitsausgaben seit Jahren kontinuierlich, die Medizintechnik entwickelt sich rasant und auch die Digitalisierung stellt die Versorger in Deutschland vor Herausforderungen.

Die Erwartung an letztere ist, dass sie zu transparenteren Abläufen im (alltäglichen) Versorgungs- und Verwaltungsgeschehen führt, wodurch datenbasierte Entscheidungen getroffen, medizinische Behandlungsabläufe gesteuert und letztlich durch die somit ermöglichte gezielte Ressourcenallokation Kosten eingespart werden.

Nicht allein die Kostenersparnis wäre ein Erfolg digitalisierter Prozesse. Insbesondere eine nachweisbare Verbesserung der Behandlungsqualität durch die von Patienten erwirkte Transparenz im Behandlungs-verlauf kann die anfangs hohen Investitionen in die Digitalisierung von Prozessen legitimieren.

Um die Hypothese von Kostenersparnis und erhöhter Behandlungsqualität durch den sektorübergreifenden Einsatz digitaler Lösungen wissenschaftlich zu untersuchen, fördert der Innovationsfonds in der Kategorie Neue Versorgungsformen die „Intersektorale Nutzung von Patient Reported Outcome Measures zur Steigerung der patientenrelevanten Ergebnisqualität (PROMoting Quality)“ in Form einer multizentrisch, randomisierten und kontrollierten Interventionsstudie.

Im Projekt werden die PROMs von knapp zehntausend Patienten im Kontext eines Hüft- und Kniegelenkersatzes über zwei Jahre in mehreren Krankenhäusern in sechs Bundesländern gemessen, um den Behandlungserfolg kontinuierlich und patientenbezogen zu beobachten und bei Fehlentwicklungen frühzeitig gegenzusteuern.

Die Intervention besteht darin, unter Zuhilfenahme von PROMs postoperative Komplikationen zeitnah zu behandeln und/oder die Lebensqualität mindernde Fehlentwicklungen früh zu identifizieren. Außerdem wird das Verhältnis von Ergebnisqualität zu aufgewendeten Ressourcen untersucht, welches u.a. durch eine Optimierung des funktionellen Status, der Minimierung von Schmerzen und postoperativen Mortalitäts-, Wideraufnahme- und Reoperationsraten sowie der schnelleren Arbeitsbefähigung verbessert werden soll. Das primäre Ziel der Studie besteht dementsprechend in der Untersuchung des Verhältnisses von Behandlungsergebnis und den Gesamtkosten um diese Behandlung durchzuführen, also dem kosteneffektiven Gewinn an Gesundheit und Lebensqualität, ohne einen überproportionalen Anstieg der dafür aufgewendeten Ressourcen bzw. von mittelfristigen Einsparungen bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen.

Die PROMs werden in Form von standardisierten und digitalisierten Fragebögen mittels der Software eines Digital Health Startups erhoben. Zudem schult eine Studienassistenz in jeder Klinik die einzuschließenden Patienten und verfolgt stichpunktartig ihre Datenerhebungen. Da sich der Abstand und die Häufigkeit dieser Erhebungen bei Interventions- (insgesamt sechs Erhebungszeitpunkte) und Kontrollgruppe (insgesamt zwei Erhebungszeitpunkte) unterscheidet, werden die Patienten zu Beginn des Projektes zufällig den zwei Gruppen zugeteilt. Der Ersteinschluss der Patienten erfolgt ab 01.10.19 in neun Kliniken.

Durch die Messungen sollen bei der Interventionsgruppe ungünstige Entwicklungen frühzeitig erkannt und entsprechend effektiver behandelt werden. Bei auffälligen Patientenergebnisdaten erfolgt dann schwellenwertbezogen durch die zuständige Studienassistenz der Klinik die Benachrichtigung an den behandelnden Facharzt und darauf basierend eine engere und individuellere Betreuung im Sinne einer situationsgerechten Anpassung der Nachbehandlung.

Eine Besonderheit der Studie besteht zusätzlich darin, dass von einem Teil der Patienten – die sowohl der Interventions- als auch Kontrollgruppe zugehören und die bei den projektbeteiligten Krankenkassen Barmer und BKK Dachverband versichert sind – im Sinne eines 'Value Based Health Care' Ansatzes die Leistungs- und Abrechnungsdaten erhoben werden.

Für die Einbindung von PROMs in den Behandlungspfad kann die Studie wegweisend sein. Die repräsentative Anzahl der Patienten, die Teilnahme einer großen Anzahl der führenden Endoprothetik-Kliniken, die Dauer der Nachverfolgung (12 Monate) und die Gegenüberstellung von Ergebnis- und Kostendaten ist nicht nur in Deutschland, sondern auch international einmalig. Die relevanten Akteure des Gesundheitssystems sind Teil des Projekts und bilden demnach das Versorgungssystem größtenteils ab; Für die Versorgungsforschung ist eine stärkere Erfassung des Patientenblickwinkels im Rahmen des am besten verfügbaren Studiendesigns ein innovativer und vielversprechender Ansatz. Jeder teilnehmende Patient kann durch die Auswertung seiner Daten den eigenen Behandlungsverlauf nachverfolgen, und ermöglicht mit seiner Teilnahme eine sektorübergreifende Qualitätsverbesserung und ableitbare optimierte Interventionsstrategien. Ist die Kosteneffektivität des PROM-Einsatzes in der Endoprothetik zusätzlich nachweisbar, könnte dies Aufschluss für die Übertragung auf andere Leistungsbereiche geben.