gms | German Medical Science

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Die PAWEL-Studie – Prävention von Delir und kognitiver Dysfunktion nach Elektivoperationen im Alter

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • Friederike Deeken - Universität Potsdam, Sozial- und Präventivmedizin, Potsdam, Germany
  • Christine Thomas - Krankenhaus Bad Cannstatt, Klinikum Stuttgart, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie für Ältere, Stuttgart, Germany
  • Gerhard Eschweiler - Universitätsklinikum Tübingen, Geriatrisches Zentrum, Tübingen, Germany
  • Michael A. Rapp - Universität Potsdam, Sozial- und Präventivmedizin, Potsdam, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf128

doi: 10.3205/19dkvf128, urn:nbn:de:0183-19dkvf1284

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Deeken et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Das postoperative Delir (POD) ist ein komplexes Syndrom, welches vor allem bei älteren Personen nach größeren Operationen auftritt. Die Prävalenz vom post-operativen Delir beträgt nach Elektivoperationen bis zu 28% (Bruce et al., 2007), jedoch wird im klinischen Alltag ein hoher Prozentsatz der Delirien nicht erkannt bzw. nicht diagnostiziert. Ergänzend zu Risikofaktoren auf Seite des Patienten, wie dem Alter oder vorbestehenden kognitiven Defiziten (Guenther et al., 2016), trägt auch das Wissen des medizinischen Personals über Diagnosekriterien, Risikofaktoren und Behandlungsmöglichkeiten zu der Entstehung und dem Verlauf von PODs bei.

Neben Symptomen wie Aufmerksamkeits- und Denkstörungen ist das POD zudem mit längerfristigen Folgen wie beispielsweise einem langanhaltenden kognitiven Abbau (POCD) bis hin zur Entwicklung einer Demenz sowie höheren Institutionalisierungsraten und Gesundheitskosten assoziiert (Witlox et al., 2010). Somit sind Delirien mit erheblichen Belastungen sowohl für die Patienten, die Angehörigen als auch das medizinische Personal verbunden. Das Erkennen von Delirrisiken und die Vermeidung von Delirien bilden einen bedeutsamen Faktor für die Patientensicherheit.

Fragestellung: Die PAWEL-Studie (PAWEL = Patientensicherheit, Wirtschaftlichkeit und Lebensqualität: Reduktion von Delirrisiko und postoperativer kognitiver Dysfunktion (POCD) nach Elektivoperationen im Alter) beschäftigt sich mit der Fragestellung, ob eine sektorübergreifende, multimodale Intervention zur Delir-Prävention die Prävalenz von Delir und postoperativen kognitiven Abbau bei Patienten über 70 Jahren nach einer Elektivoperation reduzieren kann.

Ziele: Die Ziele der PAWEL-Studie sind:

1.
die Entwicklung eines prästationären Risikoscreenings für Delir vor elektiven chirurgischen Eingriffen mit sowohl bereits bekannten als auch neuen, potenziellen Risikofaktoren,
2.
die Reduktion der Delir-Prävalenz um 40% durch die Einführung einer multimodalen Intervention zur Delir-Prävention sowie die Reduktion von POCD um 20% nach 6 Monaten,
3.
die Entwicklung von Implementierungsstrategien der Intervention für die Routineversorgung

Methode: Als Studiendesign wird in der PAWEL-Studie ein stepped-wedge Design mit Clusterrandomisierung angewendet.

Die PAWEL-Studie wird in fünf klinischen Einrichtungen in Baden-Württemberg mit jeweils 2-3 chirurgischen Abteilungen durchgeführt. Im Zeitraum 2017 bis 2020 ist der Einschluss von 1800 Patienten im Alter von über 70 Jahren in die Studie geplant. Assessments erfolgen sowohl prä- und postoperativ als auch in Follow-Up Untersuchungen nach 6 und 12 Monaten. Neben soziodemographischen Variablen, der medizinischen Vorgeschichte und den Alltagsfähigkeiten des Patienten, werden unter anderem eine prä-operative Delir-Diagnostik, neuropsychologische Testverfahren und Delir-Assessments durchgeführt.

Zusätzlich werden der Nutzen, Aufwand und die Kosten einer solchen Risikoerkennung und Delirverhinderung erfasst.

Ergebnisse: Es soll ein Überblick über die Ziele, Methoden, Assessments und die verwendete Intervention der PAWEL-Studie gegeben werden [1]. Darüber hinaus sollen Ergebnisse zum aktuellen Stand der Studie präsentiert werden.

Diskussion und praktische Implikation: Die Ergebnisse der PAWEL-Studie können sowohl zu der Weiterentwicklung der Leitlinien zur Delir-Prävention und Delir-Management als auch zum Umgang mit der häufig unzureichend definierten postoperativen Dysfunktion (POCD) beitragen. Dadurch kann das funktionelle Operationsergebnis verbessert, die Patientensicherheit und Lebensqualität der Patienten gesteigert und das Langzeitrisiko Risiko für eine Demenz minimiert werden.

Aus einer gesundheitsökonomischen Perspektive heraus sind eine frühe Diagnostizierung von kognitiven Defiziten sowie die Minimierung von POD und POCD vorteilhaft für Patienten, Angehörige, Krankenhäuser und Kranken- und Pflegeversicherungen.

Die PAWEL-Studie wird durch den Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses, Bereich Versorgungsforschung, gefördert (Förderkennzeichen 01VSF16016). Wir danken den Mitgliedern der PAWEL Study Group (siehe [1]).


Literatur

1.
Sánchez A, Thomas C, Deeken F, Wagner S, Klöppel S, Kentischer F, von Arnim CAF, Denkinger M, Conzelmann LO, Biermann-Stallwitz J, Joos S, Sturm H, Metz B, Auer R, Skrobik Y, Eschweiler GW, Rapp MA; PAWEL Study group. Patient safety, cost-effectiveness, and quality of life: reduction of delirium risk and postoperative cognitive dysfunction after elective procedures in older adults-study protocol for a stepped-wedge cluster randomized trial (PAWEL Study). Trials. 2019 Jan 21;20(1):71. DOI: 10.1186/s13063-018-3148-8 Externer Link