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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Gesundheitskommunikation auf Instagram – eine qualitative Inhaltsanalyse zum Einfluss sozialer Medien auf die Entwicklung von Gesundheitskompetenzen junger Menschen

Meeting Abstract

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  • Katharina Pilgrim - Universität Witten/Herdecke, Walcker Stiftungsprofessur für Management und Innovation im Gesundheitswesen, Witten, Germany
  • Sabine Bohnet-Joschko - Universität Witten/Herdecke, Walcker Stiftungsprofessur für Management und Innovation im Gesundheitswesen, Witten, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf120

doi: 10.3205/19dkvf120, urn:nbn:de:0183-19dkvf1202

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Pilgrim et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Der hohe Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Essstörungen und Adipositas ist auch in Deutschland von anhaltender Public-Health-Relevanz. Um im Alltag bei Krankheitsbewältigung, Prävention und Gesundheitsförderung Entscheidungen treffen zu können, welche die Lebensqualität im gesamten Lebensverlauf erhalten oder verbessern, gelten persönliche Gesundheitskompetenzen als Schlüsselkriterium. Verknüpft mit Bildung umfassen sie das Wissen, die Motivation und die Kompetenz, relevante Gesundheitsinformation in unterschiedlicher Form zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden. Gleichzeitig ist aus Entwicklungen der Mediennutzung von Teenagern in Deutschland ein aktueller Trend abzuleiten: Digitale Infrastrukturen und Angebote sind für 14- bis 24-Jährige unverzichtbar, weil sie den Zugang zu Informationen bedeutend erleichtern, ehemals mühsame Vorgänge beschleunigen und zu Neuem inspirieren: 68 % können sich ein Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen. Erste Studien zeigen, dass Jugendliche zum Austausch sowie zur Informationsgewinnung täglich intensiv soziale Netzwerke nutzen und sog. Influencern wesentliche Vergleichsmaßstäbe in Haltung und Verhalten bilden.

Fragestellung: Es gilt der Frage nachzugehen, welche Gesundheitsinhalte mit welchen Techniken von Influencern in sozialen Netzwerken (am Beispiel von Instagram) produziert sowie rezipiert werden, um zu einem besseren Verständnis der Merkmale gesundheitsbezogener Kommunikation beizutragen. Erkenntnisse können zur gezielten Förderung von Gesundheitskompetenzen eingesetzt werden.

Methode: In einem Mixed-Methods-Ansatz wurden im Rahmen einer explorativen Studie 1.000 Beiträge ausgewählter Influencer auf Instagram quantitativ nicht-automatisiert mittels Häufigkeitsanalyse erhoben. Aus dem entstandenen Datensatz wurden für minimal ordinal-skalierbare Variablen Rangreihen gebildet. Insgesamt konnten 9 typische und 18 extreme Fälle als Stichprobe für eine qualitative Inhaltsanalyse identifiziert werden. Die Kommunikationsstränge wurden anhand der Bildunterschriften und Nutzerkommentare unter Einsatz von MAXQDA 12 qualitativ analysiert.

Ergebnisse: Influencer befriedigen unterschiedliche Bedürfnisse ihrer Nutzer (Follower), sie gewinnen durch den Einsatz von zwölf zu differenzierenden Kommunikationstechniken deren Vertrauen und Freundschaft. Ernährung und Bewegung werden von Influencern als Stellschrauben für die Perfektionierung des eigenen Körpers kommuniziert, insofern teilen Influencer aktiv und intensiv gesundheitsbezogene Inhalte. Ein Schwerpunkt der Kommunikation bezieht sich auf den Konsum von Nahrungsergänzungsmitteln. Aus der Analyse von Nutzerkommentaren ist abzuleiten, dass die von Influencern kommunizierten Inhalte als glaubwürdig wahrgenommen und empfohlene Verhaltensweisen nachgeahmt werden. .

Diskussion: Influencer können in der Gesundheitskommunikation eine bedeutende Rolle spielen, da sie die Sprache der Generation Z sprechen. Sie können eine Brücke zur minderjährigen Zielgruppe bilden und bestehende Lücken zwischen dem Vokabular von Public Health Informationen und den von Jugendlichen nachgefragten Suchbegriffen und Sachverhalten schließen.

Praktische Implikationen: Influencer kommunizieren zu gesundheitsbezogenen Themen wie Ernährung und Bewegung, sie könnten daher zur aktiven Entwicklung von Gesundheitskompetenzen bei Kindern und Jugendlichen beitragen. Während die bisherige Public Health Debatte überwiegend die Gefahren der Beeinflussung junger Menschen durch soziale Medien fokussiert, könnte die Glaubwürdigkeit und Kommunikationskraft von Influencern zukünftig auch als Chance bei der Gestaltung präventiver und gesundheitsfördernder Maßnahmen verstärkt berücksichtigt werden.