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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Zusammenarbeit – was wird darunter verstanden? Eine deskriptive Analyse von verwandten Begriffen und ihrer Zuordnung zueinander

Meeting Abstract

  • Marietta Handgraaf - Hochschule für Gesundheit, Department für Angewandte Gesundheitswissenschaften, Bochum, Germany
  • Martina Schlüter-Cruse - Hochschule für Gesundheit, Department für Angewandte Wissenschaften, Studienbereich Hebammenwissenschaft, Bochum, Germany
  • Bernd Reuschenbach - Katholische Stiftungshochschule München, Fakultät Pflege, München, Germany
  • Monika Rausch - Deutscher Bundesverband für Logopädie e.V., Logopädie, Koblenz, Germany
  • Anita Hausen - Katholische Stiftungshochschule München, Fakultät Pflege, München, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf087

doi: 10.3205/19dkvf087, urn:nbn:de:0183-19dkvf0877

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Handgraaf et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Zusammenarbeit zwischen den Berufsgruppen des Gesundheitswesens gilt als ein wichtiger Bedingungsfaktor für eine nutzer- und nutzerinnenorientierte Versorgung und wird als ein Lösungsansatz für die Bewältigung der Herausforderungen im Gesundheitswesen angesehen (Robert Bosch Stiftung, 2013). In der englischsprachigen (internationalen) Fachliteratur wird in diesem Zusammenhang von „interprofessional collaboration“ (IPC) gesprochen. In der deutschsprachigen Literatur hingegen pluralisiert sich die Verwendung von IPC zu Begriffen wie Zusammenarbeit, Teamarbeit, Kollaboration, Kooperation, Koordination und Netzwerk in unterschiedlicher Weise. Aber die sowohl in der internationalen als auch in der nationalen Literatur verwendeten Begriffe zur Beschreibung von Zusammenarbeit sind heterogen und es existiert eine breite Debatte über unterschiedliche Terminologien. Vor diesem Hintergrund erscheint eine konzeptionelle Klärung dieser Begriffe angebracht, um sie künftig in Forschung und Versorgungspraxis eindeutiger anwenden zu können. Ziel der Literaturarbeit ist es die im nationalen und internationalen Kontext verwendeten Begriffe zur Zusammenarbeit der Berufsgruppen des Gesundheitswesens zu analysieren.

Fragestellung:

  • Wie werden die Begriffe C(K)ollaboration, Teamwork/Teamarbeit/Zusammenarbeit, C(K)ooperation, C(K)oordination, Networking/Netzwerk in der Forschungsliteratur verwendet?
  • Wie können die Begrifflichkeiten voneinander abgegrenzt werden?
  • Welches konzeptionelle Verständnis steht hinter der Verwendung dieser Begriffe?

Methode: Zur Beantwortung der Fragestellung wurde eine systematische Literaturrecherche in den Datenbanken Pubmed, CINAHL, Livivo, Psyndex sowie PsycINFO im Zeitraum von 1/2000 bis 2/2019 durchgeführt. Zusätzliche Referenzen konnten durch eine Handsuche ergänzt werden. Die Suchhistorie orientierte sich an der Vorgabe des PRISMA-Statements (Moher et al., 2009). Als Einschlusskriterien wurden die Berücksichtigung einer Definition und Merkmalsbeschreibung des Begriffs mit Fokus Gesundheitsversorgung in englischer oder deutscher Sprache festgelegt. In den eingeschlossenen Artikeln wurde gezielt nach Definitionen und konzeptionellen Ansätzen zu den jeweiligen Begriffen gesucht. Die Auswertung des Textmaterials erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2016). Zunächst wurde durch das Forscher*innenteam ein Leitfaden für die Kodierung entwickelt. Daran anschließend erfolgte die Anwendung des Kodierleitfadens auf das Textmaterial. Leitend für die Kategorienbildung ist das Input-Prozess-Output-Modell.

Ergebnisse: In die Analyse konnten 132 Artikel zu den verschiedenen Begriffen eingeschlossen werden. In einer ersten Sichtung der Artikel zeigt sich, dass auch in der englischsprachigen Literatur die Begriffe keine eindeutige Anwendung erfahren. Vor allem die Begriffe „Teamwork“ und „Collaboration“ werden inflationär verwendet. Werden die einzelnen Definitionen im Rahmen der Analyse prozesshaft betrachtet und in einem Input-Prozess-Output-Modell kategorisiert, lassen sich verschiedene gemeinsame Merkmale für alle Kategorien der jeweiligen Begriffe identifizieren. Die Gemeinsamkeiten, wie z.B. dass mehr als zwei unterschiedliche Gesundheitsberufe zusammenarbeiten, lassen sich allerdings in ihrer prozesshaften Umsetzung (z.B. Rollenzuweisung, Teilung von Verantwortung) unterschiedlich auslegen. Auch variiert zwischen den Begriffen der Grad an Formalität auf einem Kontinuum von formell bis hin zu informell, wobei Networking die informellste Form der Zusammenarbeit darstellt. Es zeigt sich, dass die Begrifflichkeiten sich erst in ihrer spezifischen Zusammensetzung und unterschiedlichen Gewichtung voneinander abgrenzen lassen.

Diskussion: Die vorliegende Analyse stellt Gemeinsamkeiten und Abgrenzungen der Begriffe zur Diskussion und schlägt eine systematisierte Beschreibung von Bedeutungsaspekten von Zusammenarbeit für den deutschen Sprachraum vor.

Praktische Implikationen: Mit der Analyse wird eine Verständigung über die Begriffe, die in Zusammenhang mit Zusammenarbeit stehen angeregt, um eine eindeutige Nutzung für Forschung und Versorgungspraxis zu erreichen.

Anmerkung: Abstract ist im Rahmen der AG Zusammenarbeit in der Gesundheitsversorgung entstanden.