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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Elterliche Akzeptanz der Pneumokokken-Impfung – Entwicklung und Erprobung eines Fragebogens

Meeting Abstract

  • Maresa Buchholz - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine Abteilung Methoden, Greifswald, Germany
  • Bianca Biedenweg - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine Abteilung Methoden, Greifswald, Germany
  • Julia Schiffner-Rohe - Pfizer Deutschland GmbH, Pfizer Deutschland GmbH, Berlin, Germany
  • Maren Laurenz - Pfizer Pharma GmbH, Pfizer Pharma GmbH, Berlin, Germany
  • Thomas Kohlmann - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine Abteilung Methoden, Greifswald, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf073

doi: 10.3205/19dkvf073, urn:nbn:de:0183-19dkvf0733

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Buchholz et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Impfungen stellen auch heute eine der erfolgreichsten Präventionsstrategien dar. Aktuelle Impfraten des Robert-Koch-Instituts zeigen jedoch, dass im Vergleich zu weiteren Impfungen im Kindesalter die Teilnahmebereitschaft an der Pneumokokken-Impfung geringer ausfällt. Bislang fehlen Untersuchungen zur elterlichen Akzeptanz gegenüber der Pneumokokken-Impfung bei Kindern. Ebenso liegt bisher kein Fragebogen vor, welcher dieses Thema im Speziellen adressiert.

Fragestellung: Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, einen Fragebogen zu entwickeln und zu erproben, der elterliche Gründe erfasst, warum betroffene Kinder nicht, unzureichend oder verspätet gegen Pneumokokken geimpft wurden.

Methode: Für die Entwicklung des Fragebogens wurden eine Literatursuche, qualitative leitfadengestützte Experteninterviews (N=13) mit Kinderärzten, Sprechstundenhilfen und weiteren Impfexperten, sowie Fokusgruppengespräche mit Eltern (N=11) von Kindern mit unzureichendem Pneumokokken-Impfstatus durchgeführt. In die Literatursuche wurden nationale und internationale Publikationen aufgenommen, die eine quantitative Umfrage zu elterlichen Impfeinstellungen beinhalteten und Angaben zum verwendeten Fragebogen dokumentierten. Relevante Publikationen wurden inhaltlich miteinander verglichen und gemeinsame Themenschwerpunkte herausgearbeitet. Die qualitative Datenerhebung erfolgte deutschlandweit. Die Experteninterviews erfolgten telefonisch und wurden schriftlich erfasst, die Fokusgruppengespräche wurden aufgenommen und transkribiert. Mittels des Softwareprogramms MAXQDA wurde das qualitative Datenmaterial inhaltsanalytisch nach Mayring ausgewertet, mit den Resultaten aus der Literatursuche verglichen und Themenfelder erstellt. Der aus diesen Themenfelder entwickelte Fragebogen wurde qualitativ erprobt (Verständnisfragen, unklare Formulierungen, inhaltliche und strukturelle Modifizierungen, Messung der Ausfülldauer) und quantitativ (Akzeptanz, Praktikabilität) ausgewertet.

Ergebnisse: In der Literatursuche wurden sieben Publikationen identifiziert. Lediglich eine Studie befasste sich mit der Pneumokokken-Impfung. Diese konnte jedoch nicht im vollen Umfang berücksichtigt werden, da es sich hauptsächlich um gesundheitsrelevante Fragen und Impfkosten in Singapur handelte. Aus den Experteninterviews wurden folgende potentielle Einflussfaktoren für eine unzureichende oder verspätete Pneumokokken-Impfung genannt: Bildungsstatus der Eltern, mediale Informationen, (fehlendes) Bewusstsein für Infektionskrankheiten und die damit verbundene Gesundheitsgefährdung, elterliche Bedenken bezüglich Nebenwirkungen und Auftreten von Impfreaktionen, Alter der Kinder bei Beginn der Impfserien sowie Anzahl der Impfstoffe in einer Impfung. Mittels der Fokusgruppengespräche konnten weitere Faktoren erfasst werden, die einen möglichen Einfluss auf die elterliche Akzeptanz gegenüber der Pneumokokken-Impfung haben: Immunsystemstärkung des Kindes durch das Durchleben einer Infektionserkrankung, unzureichende ärztliche Beratung, fehlende Berücksichtigung elterlicher Bedürfnisse und Fragen zu individuellen Impfzyklen sowie Hilfsstoffe in einer Impfung. Aus den Publikationen und den qualitativen Daten konnten sechs Themenfelder für die Entwicklung des Fragebogens herausgearbeitet werden:

1.
Wissen über Impfungen,
2.
elterliche Einstellungen,
3.
Bedenken gegenüber Impfungen,
4.
genutzte Informationsquellen,
5.
Inanspruchnahme und Qualität einer ärztlichen Impfberatung und
6.
Bedenken gegenüber Gesundheitsrisiken.

Aus diesen wurde schließlich der Fragebogen erstellt und erprobt. Die qualitative Felderprobung mit sechs Eltern ergab inhaltliche (z. B. zusätzliche Antwortmöglichkeiten) und strukturelle Modifizierungen des Fragebogens. Nach der Modifizierung besteht der Fragebogen aus 92 Items. Die Antwortmöglichkeiten variieren dabei zwischen Ja/Nein-Optionen sowie drei- und vierstufigen Likert-Skalen. Die mittlere Ausfülldauer lag bei 23 Minuten. Die anschließende quantitative Erprobung mit N= 29 Eltern ergab, dass nur wenige Fragen unbeantwortet (Mittelwert fehlende Werte 7,2%) blieben und die Fragebögen konsistent ausgefüllt wurden.

Diskussion: Durch das Projekt liegt erstmals ein Fragebogen in deutscher Sprache vor, der die elterlichen Gründe einer fehlenden, unzureichenden oder verspäteten Pneumokokken-Impfung bei Kindern erfasst. Der Fragebogen erwies sich bereits als akzeptabel und praktikabel. Eine weitere Analyse der psychometrischen Eigenschaften des Fragebogens soll in einer größeren Stichprobe mit Eltern durchgeführt werden.

Praktische Implikation: Um weitere Erkenntnisse zur elterlichen Akzeptanz der Pneumokokken-Impfung zu erhalten, ist es essentiell, diese mittels Fragebogen messbar zu machen. Somit können die auf Basis des Fragebogens gewonnenen Daten dabei helfen, geeignete Strategien zur Einhaltung der empfohlenen STIKO-Impfzyklen zu entwickeln.