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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Von der Entwicklung bis zur modellhaften Implementierung eines Konzeptes zum Entlassmanagement – ein Ergebnistransfer am Beispiel der Innovationsfondsprojekte EMSE und USER

Meeting Abstract

  • Katja Kleine-Budde - aQua - Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Gesundheitsberichterstattung und Biometrie, Göttingen, Germany
  • Thorsten Pollmann - aQua – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Gesundheitsberichterstattung und Biometrie, Göttingen, Germany
  • Karl Blum - Deutsches Krankenhausinstitut e.V., Geschäftsleitung, Düsseldorf, Germany
  • Benjamin Finger - BKK Dachverband e.V., Versorgungsmanagement, Berlin, Germany
  • Philipp Gohmann - KNAPPSCHAFT, Versorgungsmanagement, Bochum, Germany
  • Wolfgang Rogalski - BITMARCK Service GmbH, Strategisches Business Management, Essen, Germany
  • Susanne Behrendt - Knappschaft Kliniken GmbH, Unternehmensentwicklung/Zentrale Steuerung, Dortmund, Germany
  • Björn Broge - aQua – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Geschäftsleitung, Göttingen, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf071

doi: 10.3205/19dkvf071, urn:nbn:de:0183-19dkvf0714

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Kleine-Budde et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Projekte EMSE und USER beschäftigen sich mit der Entwicklung und Umsetzung eines neuen Konzepts im Bereich des stationären Entlassmanagements (EM). Ziel ist es, Krankenkassen stärker in den Prozess des EM zu integrieren und die Nutzbarkeit von Routinedaten der Krankenkassen zu prüfen und umzusetzen. Die Entwicklung eines implementationsfähigen EM-Konzepts und dessen anschließende Umsetzung im Rahmen eines Modellprojekts erfolgt in zwei projektübergreifenden Schritten: 1) In einem ersten 18-monatigen Projekt (EMSE) stand die Erarbeitung des inhaltlichen Konzepts, vorbereitende Routinedatenanalysen sowie die Identifikation von Voraussetzungen für eine mögliche Implementierung im Vordergrund. 2) In einem Anschlussprojekt (USER) in Form einer Interventionsstudie werden die erarbeiteten Ergebnisse transferiert und modellhaft erprobt. Vorgesehen sind eine Ergebnis- und Prozessevaluation sowie die Identifizierung von Voraussetzungen für eine mögliche Überführung des Projekts in die Regelversorgung.

Fragestellung: Welche Voraussetzungen müssen für eine Implementierung des vorliegenden Konzepts in ein Modellprojekt geschaffen werden und welche Herausforderungen bestehen?

Methode: Neben der Erarbeitung der inhaltlichen Ausführungen wurde im Projekt EMSE mit zwei Arbeitspaketen die Grundlagen für eine Implementierung erarbeitet, welches folgende relevante Bereiche umfasste: a) IT-Umsetzung und b) Anpassung rechtlicher Rahmenbedingungen.

Zu a) Innerhalb von Workshops mit IT-Experten wurden die projektspezifischen Anforderungen an eine Spezifikation erarbeitet. Darüber hinaus wurde ein Datenflussmodell entwickelt, bei dem untersucht wurde, inwieweit sich an den bereits vorhandenen Datenflüssen nach § 301 SGB V zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen und an gemäß QSKH-RL und Qesü-RL etablierten Basisspezifikation orientiert werden kann, die sowohl in Krankenhäusern als auch bei Krankenkassen bereits Verwendung findet. Weitere Standards im Gesundheitswesen wurden auf ihre Nutzbarkeit überprüft.

Zu b) Die wesentlichen gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen zum Entlassmanagement wurden mit den entsprechenden Kernelementen des erarbeiteten Konzepts abgeglichen. Anhand von qualitativen Leitfadeninterviews mit 15 Experten aus der Gemeinsamen Selbstverwaltung sowie mit ausgewählten Krankenhauspraktikern wurde eruiert, welcher gesetzliche Anpassungsbedarf mit einer Einführung des vorliegenden Konzepts in ein Modellprojekt einhergehen müsste.

Ergebnisse: Die informationstechnischen Anforderungen an das erarbeitete Konzept können mit den bisherigen in der Praxis bestehenden Standards nur unzureichend abgedeckt werden. Um Interoperabilität gewährleisten zu können, müssen internationale Standards eingesetzt werden. Beispielsweise scheint der FHIR-Standard eine geeignete Spezifikationsgrundlage zu sein, um Vorgaben für Datenerfassung, -plausibilisierung und -austausch in einer zentralen Instanz zur Verfügung zu stellen. Für eine rechtssichere Umsetzung des Vorhabens in ein Modellprojekt sind insbesondere die Aufklärung und das Einverständnis der Patienten essentiell. Gesetzlicher oder untergesetzlicher Anpassungsbedarf wird nicht gesehen. Jedoch muss dies im Folgeprojekt USER erneut für eine mögliche Implementierung in die Regelversorgung untersucht werden.

Diskussion: Das erarbeitete Konzept aus EMSE befindet sich derzeit in der Vorbereitungsphase für die Intervention, welche im Rahmen des Folgeprojekts USER durchgeführt werden soll. Wie sich beim bisherigen Ergebnistransfer herausgestellt hat, können nicht alle projektspezifischen Inhalte wie angedacht umgesetzt werden. Beispielsweise muss aufgrund unterschiedlicher Datenverfügbarkeiten und -vorhaltungsarten der beteiligten Krankenkassen die Spezifikation der Sozialdaten angepasst werden, um auf die jeweiligen Gegebenheiten zu reagieren. Eine dreimonatige Pilotphase in einem Modellkrankenhaus vor Beginn der Intervention soll weitere Anpassungsbedarfe aufdecken.

Praktische Implikationen: In Anbetracht der Komplexität des Vorhabens wird nicht nur die Aufteilung in zwei Projekte, sondern auch die dadurch erzielte Gesamtförderdauer als sinnvoll und erforderlich erachtet. So konnte einerseits auf die Diskrepanzen zwischen dem erarbeiteten Konzept und den Realbedingungen vor Ort reagiert werden. Andererseits bestand in der Übergangsphase die Möglichkeit, neue Kooperationspartner in das Vorhaben zu integrieren. Darüber hinaus müssen für eine erfolgreiche Projektimplementierung Kompromisse zwischen allen Projektbeteiligten hinsichtlich Praktikabilität, zeitlichem Rahmen und Umsetzungsmöglichkeiten geschaffen werden. Insbesondere die IT-Umsetzung erfordert dabei eine agile Vorgehensweise, um regelmäßige Anpassungen und einen schnellen Einsatz in der Praxis gewährleisten zu können.