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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Implementierung existierender Behandlungsprotokolle zur strukturierten Versorgung von Patienten mit chronischen Erkrankungen in der Primärversorgung

Meeting Abstract

  • Reingard Glehr - Medizinische Universität Graz, Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung, Graz, Austria
  • Thomas Semlitsch - Medizinische Universität Graz, Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung, Graz, Austria
  • Sarah Burgmann - Medizinische Universität Graz, Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung, Graz, Austria
  • Stefan Korsatko - Medizinische Universität Graz, Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung, Graz, Austria
  • Nicole Posch - Medizinische Universität Graz, Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung, Graz, Austria
  • Ulrike Spary-Kainz - Medizinische Universität Graz, Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung, Graz, Austria
  • Andrea Siebenhofer - Medizinische Universität Graz/Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung/Institut für Allgemeinmedizin, Graz, Austria

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf069

doi: 10.3205/19dkvf069, urn:nbn:de:0183-19dkvf0695

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Glehr et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Seit der österreichischen Gesundheitsreform 2014 mit dem Ziel der Stärkung der Primärversorgung befindet sich diese im Wandel. Die Weiterentwicklung multiprofessioneller und interdisziplinärer Zusammenarbeit macht eine Etablierung von integrierten Versorgungspfaden mit strukturierter Aufteilung von Kompetenzen und Abstimmung von Abläufen für neue Versorgungsstrukturen notwendig.

Fragestellung: Qualitätsgesicherte Implementierung eines bereits existierenden und gut etablierten Versorgungsmodells für chronische Erkrankungen in Primärversorgungseinheiten (PVE) in Österreich.

Methoden: Aufgrund der ähnlichen Versorgungsstruktur wurde von der steirischen Steuerungs-, Finanzierungs- und Organisationsstelle des Gesundheitswesens ein Modell aus Slowenien mit derzeit acht in Verwendung stehenden Behandlungsprotokollen (Arterielle Hypertonie, COPD, KHK, Asthma, Diabetes mellitus, Osteoporose, Depression und benigne Prostatahyperplasie) für eine mögliche Implementierung ausgewählt. Nach deutscher Übersetzung der einzelnen Behandlungsprotokolle erfolgte eine wissenschaftliche Überprüfung hinsichtlich Evidenzbasierung und Vertrauenswürdigkeit der Inhalte. Zum einen wurde dazu die methodische Qualität der zugrundeliegenden Basisleitlinie mit Hilfe des validierten Leitlinien-Kurzbewertungsinstrumentes MiChe (Semlitsch T, Jeitler K et al. 2014, Siebenhofer A, Semlitsch T et al. 2016) überprüft, zum anderen die inhaltliche Robustheit durch den Vergleich des Behandlungsprotokolls mit den Empfehlungen der Basisleitlinie sowie einer ausgewählten evidenzbasierten Kontrollleitlinie kontrolliert. Schließlich erfolgte die Beurteilung der Übertragbarkeit und Anwendbarkeit der slowenischen Behandlungsprotokolle in Österreich mittels Überprüfung berufsrechtlicher Voraussetzungen sowie struktureller Gegebenheiten im österreichischen Gesundheitssystem. Zur Abschlussevaluation vor Implementierung wurden Expertenmeinungen praktizierender ÄrztInnen und diplomierter Gesundheits- und Krankenpflegekräfte eingeholt.

Ergebnisse: Bis auf eine Leitlinie zu Osteoporose, die nur mit Einschränkungen für eine Verwendung empfohlen werden konnte, konnte allen zur Erstellung der Behandlungsprotokolle verwendeten Leitlinien hohe Qualität zugesprochen werden.

Im Zuge der Überprüfung der Robustheit und Übertragbarkeit der Inhalte wurden teilweise Empfehlungen aus internationalen Leitlinien ergänzt bzw. einzelne Prozessabläufe an das österreichische Gesundheitssystem angepasst. Hinsichtlich berufsrechtlicher Voraussetzungen der Gesundheitsberufe in Österreich ergaben sich keine Einschränkungen für die Anwendbarkeit.

Schließlich wurden österreichische Versionen der slowenischen Protokolle und in weiterer Folge darauf aufbauend strukturierte graphische Versorgungspfade mit dazugehörigen Informationstexten erstellt. Für die Pilotierung wurden drei steirische Primärversorgungseinheiten ausgewählt, teilnehmende ÄrztInnen und Pflegefachkräfte entsprechend eingeschult.

Diskussion: Für eine optimale Nutzung neu etablierter Strukturen mit verstärkter multiprofessioneller Zusammenarbeit braucht es Empfehlungen zur Kompetenzaufteilung mit Hilfe strukturierter Versorgungspfade. Um ein effektives, kostengünstiges Primärversorgungssystem zu etablieren, müssen die geschaffenen Strukturen effizient genutzt und ausgeschöpft werden. Durch eine klare Schnittstellenregelung mit definierten Überweisungen in die Sekundär- und Tertiärversorgung soll Kontinuität verbessert, Komplikationen vermieden bzw. frühzeitig erkannt werden.

Praktische Implikation: Die Behandlungsprotokolle liefern Algorithmen für die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen patientennahen Gesundheitsberufen in PVEs und sollen eine integrierte Versorgung mittels standardisierter, kontinuierlicher, interdisziplinärer und sektorenübergreifender Betreuung ermöglichen.