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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Die Entwicklung und Implementierung eines patientenberichteten, elektronischen Erfassungsinstruments unter Einbeziehung von Stakeholdern im spezialisierten palliativmedizinischen, ambulanten Setting (Projekt Palli-MONITOR)

Meeting Abstract

  • Anna Bolzani - LMU München, Lehrstuhl Palliativmedizin, München, Germany
  • Farina Hodiamont - Klinikum der Universität München, Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin, München, Germany
  • Christina Ramsenthaler - Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Institut für Sport und Sportwissenschaft, München, Germany
  • Isabel Burner-Fritsch - Klinikum der Universität München, Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin, München, Germany
  • Claudia Bausewein - Klinikum der Universität München, Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin, München, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf065

doi: 10.3205/19dkvf065, urn:nbn:de:0183-19dkvf0656

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Bolzani et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: In der Palliativmedizin wird die Integrierte Palliative Outcome Skala (IPOS) zunehmend als multidimensionales und patientenberichtetes Messinstrument verwendet. IPOS dient zur Erfassung von Palliativbedürfnissen bei Patienten mit fortgeschrittener, lebenslimitierender Erkrankung und wird in der S3-Leitlinie Palliativmedizin sowie international empfohlen. Mit dem IPOS werden palliative Probleme in der körperlichen, psychischen, sozialen und spirituellen Dimension erfasst. IPOS ist in einer Patienten- und einer Betreuerversion als Papierversion verfügbar.

Häufig werden palliative Patienten allerdings nicht im stationären Kontext versorgt, sondern zu Hause mit Hilfe von spezialisierten ambulanten palliativen Versorgungs- (SAPV) Teams. Die standardmäßige Anwendung von Papier-Fragebögen ist dabei kaum möglich. Wenn Patienten den IPOS zu Hause ausfüllen, gibt es eine potenzielle Verzögerung, bis das zuständige Versorgungsteam die Informationen erhält und ein potenzieller Nutzen durch die vom Patienten berichtete Ergebnismessung wird dadurch unterbunden.

Im Projekt Palli-MONITOR geht es um die Entwicklung, Implementierung und Feasibilitätstestung eines internet-basierten Echtzeit-Monitorings palliativmedizinischer Bedürfnisse von Patienten mit Hilfe der digitalen Version von IPOS (eIPOS) mit Behandlungsempfehlungen in der SAPV.

Methodik: Palli-MONITOR ist in zwei Phasen unterteilt: In Phase 1 (seit 10/18) wird ein für Patienten und Professionelle akzeptables, elektronisches Erfassungsinstrument mit Stakeholdern entwickelt und technisch umgesetzt. Hierfür werden qualitative Interviews mit Palliativpatienten (n = 20) sowie zwei Fokusgruppen (n = 6-8 je Gruppe) mit Mitarbeitenden der fünf beteiligten SAPV-Teams durchgeführt. Patienten werden eingeschlossen, wenn sie mind. 18 Jahre alt sind, ausreichend Deutsch verstehen, keine kognitiven Einschränkungen besitzen und von einem der fünf beteiligten SAPV-Teams betreut werden. Des Weiteren wird in Phase 1 die Validität des eIPOS erfasst (n = 50 Patienten; Einschlusskriterien s.o.) und ein Handbuch zur evidenzbasierten Versorgung der identifizierten Symptome und Probleme mittels eines Gruppen-Delphi (n = 15) erstellt.

Phase 2 (ab 9/19) dient zur Überprüfung der Machbarkeit des entwickelten eIPOS. Hierbei wird eine quasi-experimentelle Pilotstudie mit historischer Kontrollgruppe durchgeführt.

Mit einer retrospektiven Datenerhebung wird die Art der Versorgung sowie Schweregrad der erhobenen Palliativbedürfnisse vor Einführung des elektronischen Monitorings erhoben. Danach wird der in Phase 1 entwickelte eIPOS in den SAPV-Teams implementiert und getestet (n = 230 Patienten). Dieser Prozess wird mit qualitativen Interviews (n = 30) und zwei Fokusgruppen (n = 6-8 je Gruppe) begleitet. Einschlusskriterien sind wie in Phase 1.

Ergebnisse: Die qualitativen Daten aus Phase 1 werden mittels thematischer Inhaltsanalyse nach der Framework-Methode ausgewertet, wobei der Fokus auf den Themen Akzeptanz, mögliche technische Barrieren und Erwartungen an die Versorgung durch das SAPV-Team liegt. Die Behandlungsempfehlungen werden in das Handbuch aufgenommen, wenn mind. 70% der beteiligten Experten zustimmen. Zur Bestimmung, ob Messäquivalenz zwischen der Papier- und elektronischen Version des IPOS vorliegt, wird ein zweifaktorielles Intraklassenkorellations-Modell mit festen Effekten gerechnet.

Die quantitative Analyse in Phase 2 konzentriert sich primär auf die Beschreibung von Nutzer-, Rekrutierungs- und Drop-out-Raten. Weitere Outcomes wie Vollständigkeit des ausgefüllten eIPOS, Veränderungen der Lebensqualität, Symptomlast und Behandlungsbedarf werden ebenfalls analysiert.

Die qualitativen Daten der Phase 2 werden mittels thematischer Analyse ausgewertet, wobei Informationen zu folgenden Themen herausgearbeitet werden: Akzeptanz der Intervention durch den Patienten, Akzeptanz der Rekrutierung und Datenerhebungstechniken, Meinungen bezüglich nützlicher Komponenten der Intervention und Meinungen zu Behandlungsmaßnahmen durch das SAPV-Team und Kontakt vom Patienten zum Team.

Diskussion: Durch die Beteiligung von Patienten und Praxisakteuren sollen frühzeitig Nutzen und Barrieren im Setting erkannt und berücksichtigt werden. Zudem begleitet eine Public- and Patient Involvement-Gruppe (PPI) die Teilschritte des Forschungsprojekts und wird in Entscheidungen involviert. Die Ergebnisse dieser Machbarkeitsstudie sollen in die Konzeption einer groß angelegten Phase III-Studie einfließen.

Praktische Implikationen: Durch die Implementierung einer elektronischen Erfassung des IPOS bei Palliativpatienten und einem Feedback an Professionelle in SAPV-Teams mit Behandlungsempfehlungen soll die SAPV-Betreuung noch bedarfsgerechter und patientenorientierter werden. Die elektronische Erfassung kann eine frühere Erkennung körperlicher und psychologischer Symptome und Probleme bewirken, sodass Spitzen in der Belastung des Patienten erkannt und gezielt bedürfnisgeleitet therapiert werden können.