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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

GKV-Gesundheitsausgaben von Überlebenden und Versterbenden – eine Analyse vor dem Hintergrund des demografischen Wandels

Meeting Abstract

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  • Jona Stahmeyer - AOK Niedersachsen, Stabsbereich Versorgungsforschung, Hannover, Germany
  • Sascha Hamp - AOK Niedersachsen, Stabsbereich Versorgungsforschung, Hannover, Germany
  • Sveja Eberhard - AOK Niedersachsen, Politik, Forschung, Presse, Hannover, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf049

doi: 10.3205/19dkvf049, urn:nbn:de:0183-19dkvf0493

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Stahmeyer et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: In der Diskussion um den demographischen Wandel und die steigende Lebenserwartung sowie deren Auswirkungen auf die Gesundheitsausgabenentwicklung wird immer wieder vor einer bevorstehenden Kostenexplosion gewarnt. Verschiedene Studien zeigen jedoch, dass weniger das kalendarische Alter, sondern viel mehr die Nähe zum Tod das entscheidende Kriterium für die stark ansteigenden Ausgaben im Alter ist. Die Nichtberücksichtigung der Sterbekosten resultiert somit in einer deutlichen Überschätzung der Auswirkungen des demographischen Wandels bei der Prognose der Gesundheitsausgabenentwicklung. Dies kann allerdings für einzelne Leistungsbereiche eine sehr unterschiedliche Rolle spielen.

Methodik: Auf Basis von GKV-Abrechnungsdaten der AOK Niedersachsen wurden alle durchgängig Versicherten Personen des Jahres 2017 identifiziert und in „Verstorbene“ und „Überlebende“ eingeteilt. Nachfolgend wurden die Bruttokosten pro Versicherten im 1-Jahreszeitraum vor Tod bzw. Kalenderjahr 2017 für die Leistungsbereiche Krankenhausbehandlungen, ärztliche Behandlungen, Arzneimittel, Hilfsmittel, Heilmittel, Krankengeld, häusliche Krankenpflege, Fahrkosten und Rehabilitation extrahiert. Diese Leistungsbereiche machen mehr als 90 % der Gesamtleistungsausgaben aus. Die Ergebnisse wurden nach Alter und Geschlecht entsprechend der GKV-Altersstruktur nach KM-6 Statistik und der Mortalität nach offiziellen Sterbetafeln des Statistischen Bundesamtes standardisiert.

Ergebnisse: Die standardisierten Pro-Kopf-Ausgaben für die GKV-Population betragen 2.970 €. Mit durchschnittlich 22.400 € verursachen Verstorbene achtmal so hohe Kosten wie ein Überlebender (2.750 €). Während die GKV-Ausgaben von Überlebenden mit dem Alter ansteigen (z.B. von 1.950 € bei 40- bis 44-Jährigen auf 6.200 € bei 80 bis 84-Jährigen), sinken die Kosten von Verstorbenen mit dem Alter (z.B. von 35.100 € bei 40- bis 44-Jährigen auf 21.900 € bei 80- bis 84-Jährigen). Krankenhausleistungen sind bei Verstorbenen aller Altersklassen der Hauptkostenfaktor, wobei die Relevanz bei Hochaltrigen abnimmt. Versterbende sind in allen Leistungsbereichen teurer als Überlebende. wobei sich erhebliche Unterschiede zwischen den Leistungsbereichen zeigen. Bei Angleichung der Alters- und Geschlechtsstruktur zwischen Versterbenden und Überlebenden erhöhen sich die Ausgaben je Überlebenden auf 5.580 €. Eine differenziertere Betrachtung für die Leistungsbereiche zeigt sechsfach so hohe Kosten im stationären Bereich, doppelt so hohe Kosten im ambulant-ärztlichen Bereich und 3,4-fach so hohe Kosten für Arzneimittel.

Diskussion: Circa 825.000 Verstorbene (1,1 % der GKV-Population) verursachen fast 9 % der gesamten jährlichen GKV-Ausgaben. Im Zuge des demographischen Wandels wird die Anzahl der Versterbenden weiter ansteigen. Vor diesem Hintergrund ermöglichen die vorliegenden Daten eine differenzierte Betrachtung und Prognose der GKV-Ausgaben und damit eine Erweiterung bereits vorhandener Erkenntnisse über die Kosten vor dem Tod und in Zusammenhang mit dem demografischen Wandel.