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Gesundheitskompetenz und Patientinnenteilnahme an multidisziplinären Tumorkonferenzen in der Brustkrebsversorgung
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Veröffentlicht: | 2. Oktober 2019 |
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Hintergrund: Die Teilnahme von Patientinnen in der multidisziplinären Tumorkonferenz (MTK) ist eine neu diskutierte und in einigen Brustkrebszentren in Nordrhein-Westfalen bereits praktizierte Möglichkeit, Patientinnenpräferenzen verstärkt in die Behandlung einzubeziehen. Bislang ist unklar, welche Patientinnen an MTK teilnehmen und ob die Teilnahme zwischen Brustkrebszentren variiert. In einer vorherigen Studie konnten wir erste Hinweise für eine Assoziation zwischen der Teilnahme von Patientinnen und deren Soziodemografie finden. Jedoch wurde bisher die Gesundheitskompetenz der Patientinnen nicht mit der Teilnahme an MTK in Verbindung gebracht, obwohl vielfach gezeigt wurde, dass die individuelle Gesundheitskompetenz eine zentrale Voraussetzung für die Beteiligung von Patienten in der Gesundheitsversorgung darstellt.
Fragestellung: Um die Forschungslücke für Deutschland schließen zu können, wird in dieser Studie analysiert, ob die individuelle Gesundheitskompetenz, soziodemografische und krankheitsbezogene Variablen mit der Patientinnenteilnahme an MTK assoziiert sind und ob die Patientinnenteilnahme zwischen Brustkrebszentren variiert.
Methode: In einer prospektiven, multizentrischen und deutschlandweiten Kohortenstudie wurden neu diagnostizierte Brustkrebspatientinnen mithilfe eines Fragebogens direkt nach der OP (T1), 10 Wochen (T2) und 40 Wochen (T3) nach OP befragt. Gesundheitskompetenz wurde in T1 mithilfe des HLS-EU-Q16 Fragebogens erfasst. Neben einer deskriptiven Analyse und t-Tests wurde eine logistische Mehrebenen-Regressionsanalyse mit n=863 Patientinnen und n=43 Brustkrebszentren durchgeführt, um die Assoziation zwischen der Patientinnenteilnahme an MTK zu T1 und Gesundheitskompetenz, soziodemografischen und krankheitsbezogenen Variablen sowie der Variation zwischen den Brustkrebszentren zu berechnen.
Ergebnisse: Die deskriptiven Ergebnisse zeigen, dass 6,8% der Brustkrebspatientinnen an der MTK teilnehmen. Die logistische Mehrebenen-Regressionsanalyse ergibt, dass die Patientinnen mit einer inadäquaten Gesundheitskompetenz eine signifikant geringere Wahrscheinlichkeit der Teilnahme an MTK aufweisen (OR = 0,31, 95%-CI = 0,1–0,9) und dass die Patientinnenteilnahme zwischen den Brustkrebszentren variiert (ICC = 0,161).
Diskussion: Die Ergebnisse zeigen erstmals für Deutschland signifikante Unterschiede der Patientinnenteilnahme an MTK, die mit individuellen (Gesundheitskompetenz) und organisationalen (Brustkrebszentrum) Faktoren assoziiert sind. Für die zukünftige Forschung zur Patientinnenteilnahme an MTK und Gesundheitskompetenz sollten Vor- und Nachteile der Patientinnenteilnahme Beachtung finden. Hierbei sind insbesondere die möglichen positiven und negativen Erfahrungen der teilnehmenden Patientinnen und Versorger in Abhängigkeit von der Gesundheitskompetenz der Patientinnen relevant.
Praktische Implikationen: Die Berücksichtigung der Gesundheitskompetenz im Versorgungsalltag bedeutet eine an die jeweilige Patientin angepasste Kommunikation zum Thema MTK. Dies könnte im Rahmen eines strukturierten und eng begleiteten MTK-Versorgungpfades erfolgen und folgende Maßnahmen beinhalten: eine einfach verständliche mündliche und schriftliche Definition von MTK, eine gemeinsame Evaluation der Teilnahme, ein Vor- und Nachbereitungsgespräch der MTK einschließlich der Berücksichtigung medizinischer und emotionaler Aspekte. Die Prozess- und Outcomequalität der Versorgung von Frauen mit Brustkrebs in MTK könnte durch die verstärkte Berücksichtigung der individuellen Gesundheitskompetenz verbessert werden.
Anmerkung: Teile der zu präsentierenden Ergebnisse wurden bereits in BMC Cancer veröffentlicht [1].