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Implementierung eines lokalen Gesundheitszentrums im ländlichen Raum – Ergebnisse einer Bevölkerungsbefragung
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Veröffentlicht: | 2. Oktober 2019 |
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Hintergrund: Lokale Gesundheitszentren werden als ein Lösungsmodell postuliert, das populationsorientiert eine flächendeckende Primärversorgung gerade in ländlichen Regionen sicherstellen kann. In Deutschland wurden bereits die ersten zukunfts- und problemorientierten Versorgungsmodelle implementiert und positive Auswirkungen, z. B. in Bezug auf die Hospitalisierungsrate, Mortalität und Morbidität beschrieben. Hingegen gibt es bisher nur begrenzte Informationen bezüglich der Konzeptbewertung und Akzeptanz solcher Modelle aus Sicht der zu versorgenden Bevölkerung.
Fragestellung: Wie bewertet die Bevölkerung einer ländlichen Region in Südhessen Kernelemente von Primärversorgung und welche sollten in einem vor Ort entstehenden Gesundheitsversorgungszentrum (GVZ) aus Sicht der Bevölkerung besondere Berücksichtigung finden?
Methoden: In einer Querschnittserhebung wurden von Juni bis Juli 2017 Bewohner (Alter ≥18 Jahre, selbst selektierte Stichprobe) der südhessischen Region Oberzent im Odenwald mittels eines Fragebogens schriftlich befragt. Neben soziodemographischen Angaben und Fragen zur derzeitigen Zufriedenheit mit der gesundheitlichen Versorgung wurde die Beurteilung einzelner Kerndomänen von Primärversorgung erfragt, die sich inhaltlich am Patient-Centered Assessment Tool (PCAT) orientierten. Inhaltlich wurden die PCAT-Domänen Zugänglichkeit, umfassende Versorgung, Koordination und Familienzentrierung sowie die Zusatzdomäne Digitalgestützte Behandlung betrachtet. Zusätzlich wurden Fragen zum gewünschten Angebot eines entstehenden Gesundheitszentrums gestellt. Die Auswertung erfolgte deskriptiv sowie mithilfe der Berechnung eines PCAT-Summenscores.
Ergebnisse: Von den insgesamt 500 ausgeteilten Fragebögen wurden 266 Fragebögen ausgefüllt (Rücklaufquote 53%). Mehr als die Hälfte der Befragten waren mit der aktuellen hausärztlichen (n=146/257, 57%) und fachärztlichen (n=153/244, 63%) Versorgung eher unzufrieden. 93% der Befragten sahen ein lokales Gesundheitszentrum zur Sicherstellung einer wohnortnahen Primärversorgung als notwendig an (n=234/262). Kerndomänen von Primärversorgung, wie eine partizipative Entscheidungsfindung (n=259/259, 100%) und der Einbezug aller Behandelnden in Therapieentscheidungen (n=213/251, 85%), wurden stark befürwortet (PCAT-Domäne „Koordination“). Ebenso sollte das GVZ als erste Anlaufstelle für die ganze Familie nutzbar sein (n=225/251, 90%) (PCAT-Domäne „Familienzentrierung“). 62% der Befragten könnten sich zudem vorstellen, Leistungen von nicht-ärztlichen Behandelnden, verbunden mit kürzeren Wartezeiten, wahrzunehmen (n=159/256), (Delegation ärztlicher Leistungen). Eine digitalgestützte Behandlung wurde hingegen ambivalent bewertet: 72% der Befragten würden eine elektronische Terminerinnerung (n=182/253) nutzen, 40% könnten sich die Nutzung einer Videosprechstunde bei der medizinischen Versorgung vorstellen (n=104/256). Die Befragten wünschten sich im Gesundheitszentrum vor allem zusätzliche Hausärztinnen/Hausärzte (mind. 87% der Befragten) und Physiotherapeuten/-innen (mind. 70%), außerdem eine Pflegeberatung (mind. 59%) und Bewegungskurse (mind. 76%) sowie präventive Angebote, auf welche individuell hingewiesen werden sollte (n=226/254, 89%), (PCAT-Domäne „Umfassende Versorgung“).
Diskussion: Die Ergebnisse lassen eine grundsätzliche Bereitschaft der Bevölkerung erkennen, neue Versorgungsmodelle anzunehmen. Die in der Studie deutlich werdende Bewertung der bestehenden Versorgungsstrukturen als nicht ausreichend könnte diese positive Einstellung mitbegründen. Die Präferenzen der befragten Bevölkerung bezüglich einer möglichen Delegation und guten Koordination von Behandlungsleistungen finden sich auch in anderen Studien. Dies deutet darauf hin, dass die Berücksichtigung dieser Präferenzen die Implementierung neuer Versorgungsmodelle positiv beeinflussen könnte. Die im Gesundheitszentrum bestehende räumliche Nähe zwischen den Behandelnden kann außerdem die interprofessionelle Kooperation und die Einbindung von zusätzlich gewünschten Angeboten erleichtern. Die ambivalente Bewertung der digitalgestützten Behandlung durch die Befragten verdeutlicht, dass bei der Einführung bzw. dem Ausbau der Digitalisierung im Gesundheitswesen zu berücksichtigen ist, dass diesbezüglich kritisch eingestellten Patienten/-innen deren Zugang zur Versorgung nicht erschwert wird.
Praktische Implikationen: Beim Aufbau eines lokalen Gesundheitszentrums sollten Kern- und Zusatzdomänen gesundheitlicher Primärversorgung erhoben werden, um die Bedürfnisse und Präferenzen der Bevölkerung berücksichtigen zu können und die nachhaltige Akzeptanz eines solche Zentrums zu fördern.