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Drei randomisiert-kontrollierte Studien zur Evaluation des webbasierten Gesundheits-Coachs der Techniker Krankenkasse
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Veröffentlicht: | 2. Oktober 2019 |
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Hintergrund: Für die Förderung des präventiven Gesundheitsverhaltens existiert eine kaum noch überschaubare Vielfalt von mobilen Apps sowie Webseiten und Portalen. Ohne die Aufstellung und Prüfung von wissenschaftlich erfassbaren Qualitätsmerkmalen ist absehbar, dass Nutzer die Orientierung im Markt der Angebote verlieren werden und nicht gesichert ist, dass ein qualitativ hochwertiges und wirksames Programm genutzt wird. Qualitätskriterien für derartige Angebote umfassen z.B. die Wirksamkeitsprüfung (möglichst mit einer randomisiert-kontrollierten Studie), eine medizinisch-psychologisch fundierte inhaltliche Konzeption, eine nutzerfreundliche technische Umsetzung und auch die Sicherstellung des Erreichens der intendierten Zielgruppe. Die vorliegende Studie fokussiert auf das erste Kriterium (Wirksamkeitsprüfung) und untersucht mit randomisiert-kontrolliertem Design den GesundheitsCoach der Techniker Krankenkasse (https://ecoach.tk.de).
Fragestellung: Der in den letzten Jahren erarbeitete und kontinuierlich weiterentwickelte TK GesundheitsCoach bietet den Nutzern ein auf Gesundheitsverhalten bezogenes Coaching, welches sich – je nach Gesundheitsziel – auf verschiedene Themen (wie z.B. „Fitness steigern“, „Gewicht abnehmen und halten“, „Mit dem Rauchen aufhören“) bezieht. Ziel des Coaches ist es, dem Nutzer bei der Verwirklichung seiner persönlichen Gesundheitsziele hilfreich zur Seite zu stehen und damit präventives Gesundheitsverhalten zu fördern. Nach der Klassifikation von Knöppler et al. [1] liegen die Schwerpunkte des Programms bei den Anwendungstypen 3 »Indirekte Intervention: Förderung von Selbstwirksamkeit, Adhärenz & Sicherheit« und 4 »Direkte Intervention: Veränderung von Fähigkeiten, Verhalten & Zuständen«. Ziel der Evaluation ist es, die Wirksamkeit der drei o.g. Coachings („FitnessCoaching“ FC, „AbnehmCoaching“ AC und „NichtraucherCoaching“ NC) zu überprüfen.
Methode: Die summative Evaluation besteht aus drei jeweils zweiarmigen RCTs, in denen die primären Endpunkte (Gesundheitsverhalten) als Selbstwahrnehmung über den Nutzer erfasst werden. In den RCTs wird verglichen, inwiefern die Teilnahme an einem der o.g. Coachings (=Interventionsgruppe) mit einer größeren Verbesserung des jeweiligen Gesundheitsverhaltens verbunden ist, als die Teilnahme an einem wenig interaktiven Online-Informationsangebot (=Kontrollgruppe). In den RCTs zu den Coachs FC und AC erfolgt zusätzlich je eine Teilstudie, die medizinisch-physiologische Messungen einschließlich des Einsatzes von Activity Trackern umfasst.
Die primären Endpunkte sind:
- FC: Veränderung der Bewegungs- und Sportaktivität (in der medizinischen Teilstudie zusätzlich Veränderungen der maximalen Sauerstoffaufnahme)
- AC: Gewichtsreduktion in kg (in der medizinischen Teilstudie zusätzlich der Körperfettanteil)
- NC: Rauchabstinenz
Sekundäre Zielgrößen sind die Veränderungen des Ernährungsverhaltens, der Zigarettenabhängigkeit, Veränderungen in der Motivation, der Handlungsplanung und dem Barrierenmanagement, die wahrgenommene Zielerreichung und die Veränderung der Lebensqualität (SF-12). In der medizinischen Teilstudie zusätzlich Blutdruck, Endothelfunktion, Cholesterine, Trigyzeride, und HbA1c-Werte.
Zusätzlich werden Nutzerdaten der Studienteilnehmer im Hinblick auf die Häufigkeit und Dauer der Logins der Teilnehmer in den spezifischen Interventionsmodulen erhoben und analysiert.
In allen RCTs sollen ab dem 1. September 2019 innerhalb von sechs Monaten insgesamt ca. N = 3.000 Studienteilnehmer rekrutiert werden. Es werden vier Messzeitpunkte realisiert (t0 = Interventionsbeginn, t1= Ende der empfohlenen Mindestlaufzeiten der Interventionen (nach 6 bzw. 12 Wochen), t2= 4 bzw. 6 Monaten nach t1; t3=12 Monate nach t1).
Die formative Evaluation umfasst Fragen zur Programm-Compliance und -Intensität, sowie zu Motivation und Nutzerzufriedenheit. Diese werden u.a. mittels qualitativen halbstandardisierten Telefoninterviews, Fragebögen und weiteren Nutzerdaten erhoben.
Diskussion und praktische Implikationen: Der gesamtgesellschaftliche Nutzen von Digital Health-Angeboten zur Förderung des Gesundheitsverhaltens wird auch davon abhängen, dass eine qualitäts- und wirksamkeitsbezogene Selektion stattfindet und keine reinen Marketing-Aspekte über die Verbreitung eines Angebots entscheiden. Ungenügende Gesundheits-Coachings können auch zu negativen Nebenwirkungen führen (z.B. Demotivierung, Durchführung medizinisch schädlicher Aktivitäten). Die vorliegende Studie versteht sich auch als Prototyp eines wissenschaftlichen Prüfansatzes, mit dem die Versorgungsforschung dazu beitragen kann, Qualitätstransparenz über derartige Angebote herzustellen.
Förderung: Die Studie wird von der Techniker Krankenkasse gefördert.