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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Neue Qualitätsindikatoren für die Behandlung des Brustkrebses. Erste Befunde aus dem Disease-Management-Programm Brustkrebs in Nordrhein

Meeting Abstract

  • Bernd Hagen - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, DMP-Projektbüro, Köln, Germany
  • Jens Kretschmann - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, DMP-Projektbüro, Köln, Germany
  • Andreas Juhasz - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, DMP-Projektbüro, Köln, Germany
  • Sabine Groos - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, DMP-Projektbüro, Köln, Germany
  • Christine Macare - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, DMP-Projektbüro, Köln, Germany
  • Arne Weber - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, DMP-Projektbüro, Köln, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf023

doi: 10.3205/19dkvf023, urn:nbn:de:0183-19dkvf0232

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Hagen et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Zeitgleich mit dem Disease-Management-Programm (DMP) Diabetes mellitus Typ 2 wurde 2003 deutschlandweit das DMP Brustkrebs für gesetzlich Krankenversicherte eingeführt. Hauptziele dieses DMP sind, die Patientinnen während des Behandlungsprozesses zu begleiten und über Risiken und Nebenwirkungen der geplanten Maßnahmen zu informieren, psychosozial zu beraten und über eine umfassende Nachsorge zu einer verbesserten Lebensqualität beizutragen. Bis 2018 lag der Schwerpunkt der Qualitätssicherung im DMP Brustkrebs auf Indikatoren, die im Wesentlichen die erfolgte Therapie der Erkrankung beschrieben (brusterhaltende Therapie, Sentinel-Lymphknoten-Biopsie und Vermeiden von Lymphödemen, Strahlentherapie, HER2/neu-Statusbestimmung, Trastuzumab-Therapie bei HER2/neu-positiven Tumoren, Chemotherapie bei Hormonrezeptor-negativen und endokrine Therapie bei Hormonrezeptor-positiven Tumoren, Bisphosphonat-Therapie bei Knochenmetastasen). Seit dem 4. Quartal 2018 liegt der Schwerpunkt der Qualitätsindikatoren dagegen auf der Nachsorge. Hierzu wird jetzt erfasst, ob (Nummer des Indikators laut Anlage DMP-Vertrag: 1; vertraglich festgelegte Quote: 95%) die Nebenwirkungen einer endokrinen Therapie erfragt wurden bzw. (2a; 95%) eine solche Therapie aktuell erfolgt oder (2b; 75%) über mindestens fünf Jahre fortgeführt wurde, (3; –) bei einer Therapie mit Aromataseinhibitoren das Ergebnis einer zentralen DXA bzw. generell (4; 90%) das Vorliegen einer kardiotoxischen Therapie bekannt ist, (5; 70%) die Patientinnen keine symptomatischen Lymphödeme aufweisen, (6; 75% bzw. 7; 90%) allen Patientinnen bzw. solchen mit einem BMI > 30 kg/qm ein körperliches Training empfohlen wurde, (8; 85%) Patientinnen mit Knochenmetastasen mit Bisphosphonat oder Denosumab behandelt werden, sowie (9; –) eine bioptische Sicherung viszeraler Fernmetastasen erfolgt ist.

Fragestellung: Am Beispiel der Region Nordrhein wird gezeigt, in welchem Ausmaß die neuen Qualitätsindikatoren bzw. die festgelegten Quoten im 4. Quartal 2018 erreicht werden und in welchen Fällen sie (noch) nicht erreicht werden.

Methode: Die erreichten Quoten werden deskriptivstatistisch beschrieben (Prozentwerte, 95-%-Konfidenzintervalle). Datenbasis waren die Dokumentationen der im 4. Quartal 2018 im DMP betreuten 6.907 Patientinnen, von denen mindestens eine Erst- oder Folgedokumentation vorliegt.

Ergebnisse: Die Patientinnen waren zum Zeitpunkt ihrer Einschreibung in das DMP im Median 59 Jahre alt. 795 (11,5%) Patientinnen waren unter 50 Jahre alt, 2.338 (33,8%) waren 70 Jahre alt oder älter. 54,5% wiesen einen Tumor der Größe T1 auf, 34,3% einen der Größen T2–T4, sowie 11,2% einen des Typs Tis. Bei 68% der Patientinnen lag kein Lymphknotenbefall vor, 18,7% waren im Stadium N1 (N2–3: 6,6%, NX: 6,7%). Metastasen waren bei 2,1% der Patientinnen dokumentiert.

In Bezug auf die Qualitätsindikatoren fanden sich die folgenden Ergebnisse: 1, Nebenwirkungen einer endokrinen Therapie: 96,5% (96,0–97,0%), 2a, aktuelle endokrine Therapie: 85,9% (84,9–86,9%), 2b, mindestens über 5 Jahre fortgesetzte endokrine Therapie: 73,4% (70,8–76,0%), 3, Ergebnis zentraler DXA bekannt: 50,7% (48,5–52,8%), 4, kardiotoxische Therapie bekannt: 95,4% (94,9–95,9%), 5, keine symptomatischen Arm-Lymphödeme: 79,8% (78,8–80,8%), 6, körperliches Training empfohlen: 87,1% (86,4–87,9%), 7, körperliches Training bei BMI > 30 kg/qm empfohlen: 88,0% (86,4–89,6%), 8, bei Knochenmetastasen mit Bisphosphonat/Denosumab therapiert: 69,7% (63,3–76,1%), 9, viszerale Fernmetastasen bioptisch gesichert: 59,3% (46,2–72,4%).

Diskussion: Bereits im 4. Quartal 2018, also dem ersten Quartal, für das die neuen Qualitätsindikatoren im DMP Brustkrebs gelten, werden bei sechs von acht mit einer vorgegebenen Quote die entsprechenden Anteile überschritten bzw. in zwei Fällen (mindestens über 5 Jahre fortgeführte endokrine Therapie, Trainingsempfehlung bei einem BMI > 30 kg/qm) fast erreicht. Nur bei weiteren zwei Indikatoren (aktuelle endokrine Therapie, Bisphosphonat/Denosumab-Therapie) werden die gewünschten Quoten (noch) nicht erreicht. Insgesamt ist somit, auf der Grundlage der neu gefassten Indikatoren, eine gute bis sehr gute Versorgungsqualität der Patientinnen im DMP Brustkrebs festzustellen. Vor allem der hohe Anteil von fast drei Viertel derjenigen Patientinnen, bei denen eine endokrine Therapie über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren erfolgte, ist als positiv zu bewerten. Aufgrund der veränderten Indikatoren sowie des erst sehr kurzen Beobachtungszeitraums lässt sich derzeit zu möglichen Trends noch keine Aussage treffen.

Praktische Implikationen: Bereits unmittelbar nach Einführung der neuen Qualitätsindikatoren lässt sich eine gute Versorgungsqualität der in dem DMP Brustkrebs betreuten Patientinnen feststellen. Es wäre daher wünschenswert, wenn dieses DMP zukünftig von den Betroffenen in einem stärkeren Ausmaß als in der Vergangenheit angenommen würde.