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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Rückgang der Teilnehmerzahlen von Patienten unter 18 Jahren am DMP Asthma bronchiale in der Region Nordrhein

Meeting Abstract

  • Arne Weber - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, DMP Projektbüro, Köln, Germany
  • Sabine Groos - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, DMP Projektbüro, Köln, Germany
  • Jens Kretschmann - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, DMP Projektbüro, Köln, Germany
  • Christine Macare - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, DMP Projektbüro, Köln, Germany
  • Bernd Hagen - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, DMP Projektbüro, Köln, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf021

doi: 10.3205/19dkvf021, urn:nbn:de:0183-19dkvf0212

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Weber et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Im Rahmen des Disease Management Programms (DMP) Asthma bronchiale, welches in der Region Nordrhein im 2. Halbjahr 2006 startete, ist nach einem Höchstwert im Jahr 2011 ein steter Rückgang der Teilnehmerzahlen unter 18 Jahren zu verzeichnen. Dies widerläuft der bundesweiten Entwicklung der Prävalenzrate der an Asthma erkrankten Patienten unter 18 Jahren sowie der Gesamtzahl der asthmakranken DMP-Teilnehmer.

Fragestellung: Es sollen verschiedene Ursachen für den Rückgang der Teilnahmezahlen überprüft sowie die Gruppe der aus dem Programm ausgestiegenen Teilnehmer charakterisiert.

Methodik: Es wird die Gruppe der zwischen den Jahren 2011 und 2018 aus dem DMP aussteigenden Kinder und Jugendlichen mit der Gruppe der im Jahr 2018 teilnehmenden Kinder und Jugendlichen in Bezug auf ausgewählte im DMP erhobene Parameter verglichen.

Ergebnisse: Im Jahr 2018 waren 10.771 Patienten unter 18 Jahren im DMP eingeschrieben (37,4 % davon weiblich), das ist ein Rückgang von 849 Patienten (n = 11.620) verglichen zum Vorjahr bzw. von 4.816 Patienten zum Jahr mit der höchsten Teilnehmerzahl (n= 15.587) im Jahr 2011.

Das Robert-Koch-Institut berichtet im Rahmen der KiGGS Welle 2 von einer Asthma-12-Monats-Prävalenz von 4,4 % der Jungen sowie 2,6 % der Mädchen (2014-2018). Nimmt man diese Angaben als Basis und setzt sie in Relation zur Bevölkerungsstatistik des Landes Nordrhein-Westfalen, so ergibt sich für das Jahr 2018 ein geschätzter Erreichungsgrad im DMP von 31 % der an Asthma erkrankten Jungen sowie 33 % der Mädchen. Im Jahr 2011 belief sich das Verhältnis auf 46 % respektive 47 % der im DMP erreichten Patienten.

Betrachtet man das Gesamtkollektiv der zwischen den Jahren 2011 und 2018 aus der Betrachtung der Kinder und Jugendlichen herausfallenden Patienten (n = 22.647), so war das Alter (17 Jahre) zu 28,6 % (n= 6.472) der ausschlaggebende Grund, dass der Patient im Folgejahr aus der Beobachtung dieser Altersgruppe rausfiel. Schließt man diese Subgruppe aus der Auswertung aus, verbleiben 16.175 aus dem DMP ausgeschiedene Kinder und Jugendliche. Verglichen zu den im Jahr 2018 eingeschriebenen Kinder und Jugendlichen ist die Patientengruppe der DMP-Aussteiger im letzten Teilnahmejahr etwas älter (11,8 vs. 11,3 Jahre), raucht häufiger (0,9 vs. 0,4 %) und hat seltener eine gute Asthmakontrolle (62,7 vs. 68,6 %) als die DMP-Teilnehmer des Jahres 2018. Zudem weist diese Gruppierung häufiger eine zweimal wöchentliche Symptomatik im Ausstiegsjahr auf als die Vergleichsgruppe im Jahr 2018 (4,1 vs. 3,4 %).

Regionalspezifisch betrachtet sind in nur 4 von 26 Kreisen bzw. kreisfreien Städten Nordrheins im Jahr 2018 mehr Teilnehmer als im Vorjahr zu verzeichnen. Vergleicht man die prozentualen Anteile der kreisbezogenen Standorte der jeweiligen Arztpraxen im Verhältnis zu allen DMP-Teilnehmern zwischen der Aussteigergruppe und der Vergleichsgruppe, so sind lediglich geringe Abweichungen von maximal 2,6 Prozentpunkten (Kreis Krefeld) zu erkennen.

Diskussion: Der Rückgang der Teilnehmerzahlen von Kindern und Jugendlichen am DMP Asthma bronchiale ist vermutlich auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. Nach einer großen Anzahl an Einschreibungen in den ersten Jahren des Chronikerprogramms ist die Ausschöpfungsrate an geeigneten Patienten mit fortlaufender Programmdauer bis zum Jahr 2011 zunehmend gestiegen, gleichwohl wird anschließend der altersbedingte Verlust der beschriebenen Alterskohorte nicht ausreichend durch Neueinschreibungen junger Patienten kompensiert. Dies bedingt einen Rückgang der Patientenzahlen ab dem Jahr 2011 sowie des Erreichungsgrads möglicher Asthma-Patienten.

Regionale Cluster scheinen hierbei keine übergeordnete Rolle zu spielen. Allerdings weisen zusätzliche Analysen auf eine Korrelation von sozialen Umgebungsfaktoren (Arbeitslosigkeit, Migrantenanteil) und der Teilnahmekontinuität der am DMP beteiligten Patienten hin.

Die Gruppe der Patienten unter 17 Jahren, welche das DMP in den vergangenen Jahren verließ, scheint darüber hinaus von einer etwas höheren Krankheitslast betroffen zu sein verglichen zum Gesamtkollektiv der Teilnehmer des Jahres 2018 dieser Altersgruppe. Die Übergabe der Patienten vom Pädiater zum Hausarzt kann aus administrativen Gründen in einem Programmausstieg resultieren, wofür auch das höhere Durchschnittsalter in der Gruppe der Aussteiger sprechen würde.

Für einen kleinen Teil der Aussteiger aus dem DMP ist zudem damit zu rechnen, dass es zu einer (Teil-)Reversibilität der Erkrankung im Übergang zur Pubertät bzw. zum Erwachsenenalter kommt.

Praktische Implikationen: Maßnahmen, welche den Teilnahmerückgang am DMP Asthma bronchiale verhindern, gilt es zu überdenken.

Durch die neu eingeführte Teilnahmemöglichkeit am Programm ab dem zweiten Lebensjahr statt dem bisher gültigen Mindestalter von 5 Jahren ist im Jahr 2019 vorerst ohnehin wieder mit einer höheren Anzahl an DMP-Neueinschreibungen junger Asthma-Patienten zu rechnen.