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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Relevanz von Parametern der Gebrechlichkeit für die Ein-Jahres-Mortalität bei Patienten mit kathetergestützter Aortenklappenkorrektur (TAVI)

Meeting Abstract

  • Annett Salzwedel - Universität Potsdam, Potsdam, Germany
  • Sarah Eichler - Potsdam, Germany
  • Rona Reibis - Potsdam, Germany
  • Axel Harnath - Cottbus, Germany
  • Christian Butter - Bernau, Germany
  • Karl Wegscheider - UKE Hamburg, Hamburg, Germany
  • Mihai Chiorean - Klinik am See, Rüdersdorf b. Berlin, Germany
  • Heinz Völler - Potsdam, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP155

doi: 10.3205/17dkvf342, urn:nbn:de:0183-17dkvf3421

Veröffentlicht: 26. September 2017

© 2017 Salzwedel et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Für Patienten mit hochgradiger Aortenklappenstenose, die aufgrund ihres Alters oder Multimorbidität ein hohes Operationsrisiko tragen, konnte mit der kathetergestützten Aortenklappenkorrektur (transcatheter aortic valve implantation, TAVI) eine vielversprechende Alternative zum herzchirurgischen Eingriff etabliert werden. Daten hinsichtlich der mittelfristigen Prognose in Abhängigkeit präinterventionell bestehender Gebrechlichkeit (Frailty) sowie körperlicher Leistungsfähigkeit liegen für Deutschland bislang nicht vor.

Fragestellung: Das Ziel vorliegender Studie war, präinterventionelle Prädiktoren unter Berücksichtigung der Gebrechlichkeit für die Gesamtmortalität von Patienten innerhalb eines Jahres nach TAVI zu ermitteln.

Methodik: Zwischen 10/2013 und 07/2015 wurden 344 Patienten präinterventionell in die prospektive multizentrische Studie eingeschlossen. Ein Frailty Index (Score bestehend aus Barthel-Index, Instrumental Activities of Daily Living, Mini Mental State Exam, Mini Nutritional Assessment [MNA], Timed Up and Go [TUG] und subjektiver Mobilitätsverschlechterung), Lebensqualität (SF-12), Ängstlichkeit und Depressivität (HADS) sowie die körperliche Leistungsfähigkeit im 6-Minuten Gehtest (6MWT) wurden vor der Intervention erhoben. Zusätzlich wurden soziodemographische, klinische und funktionelle Daten, Komorbiditäten, die Art des Eingriffs sowie peri-/postinterventionelle Komplikationen dokumentiert. 11 Patienten sind peri-/postinterventionell verstorben, sodass die Daten von 333 Patienten (80,1±5,1 Jahre, 44,1% Männer) analysiert werden konnten. Der Vitalstatus wurde ca. 12 Monate nach TAVI telefonisch bzw. über die Einwohnermeldeämter ermittelt. Prädiktoren wurden mittels binärer logistischer Regression berechnet.

Ergebnisse: Während des Follow-Up von 381,0±41,9 Tagen verstarben 46 (13,8%) Patienten. Diese waren im Vergleich zu den Überlebenden älter (82,3±5,0 vs. 80,6±5,1 Jahre; p=0,035) und wiesen eine höhere Anzahl von Komorbiditäten (2,6±1,4 vs. 2,1±1,3; p=0,026), insbesondere Diabetes mellitus (60,9% vs. 44,6%; p=0,040), sowie eine geringere linksventrikuläre Ejektionsfraktion auf (51,0±13,6 vs. 54,6±10,6%; p=0,048). In der multivariaten Analyse waren als Einzelkomponenten des Frailty-Index ein schlechter Ernährungsstatus (MNA: OR 0,83 pro 1 Pkt., CI 0,72-0,95; p=0,006) wie auch eine schlechte Mobilität (TUG ≥ 10 - < 20 sek.: OR 5,12, CI 1,64 - 16,00; p=0,005) mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko behaftet. Darüber hinaus zeigten der EuroSCORE (OR 1,04 pro 1 %, CI 1,01-1.06; p=0,002) und ein Diabetes mellitus (OR 2,17, CI 1,10-4,32; p=0,026) einen prädiktiven Wert hinsichtlich der Gesamtmortalität nach einem Jahr.

Diskussion: Die vorliegende Untersuchung konnte präinterventionell erhobene Parameter als Prädiktoren für die Ein-Jahres-Gesamtmortalität für Patienten nach kathetergestützter Aortenklappenkorrektur identifizieren. Als Einzelkomponenten der Gebrechlichkeit kam dabei dem Ernährungsstatus sowie der Mobilität eine unabhängige Bedeutung zu. Diesen Parametern sollten neben dem EuroSCORE und einem Diabetes mellitus bei der Entscheidung des Heart-Teams über Therapiewege bei multimorbiden und hochaltrigen Patienten mit schwerer Aortenklappenstenose Beachtung geschenkt werden. Sie sollten ebenso, neben klinischen Parametern, bei der Planung postinterventioneller Therapieangebote wie der Rehabilitation Berücksichtigung finden.

Praktische Implikationen: Einzelne Komponenten der Gebrechlichkeit sollten bei hochaltrigen Patienten mit kathetergestützter Aortenklappenkorrektur sowohl prä- als auch postinterventionell untersucht werden, um ggf. notwendige Therapien einleiten und eine individualisierte Patientenversorgung gewährleisten zu können.