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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Die Erfassung stimmbezogener Lebensqualität: Ein systematischer Überblick verfügbarer Messinstrumente

Meeting Abstract

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  • Sandra Salm - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR), Universität zu Köln, Köln, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP142

doi: 10.3205/17dkvf330, urn:nbn:de:0183-17dkvf3301

Veröffentlicht: 26. September 2017

© 2017 Salm.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Erfassung subjektiver Indikatoren bei der Wirksamkeitsuntersuchung von Behandlungsmethoden hat sich in der klinischen Forschung etabliert (Fayers & Machin, 2016; Koller et al., 2009). Für die Versorgungsforschung ist die Messung patientenberichteter Outcomes wie Lebensqualität insoweit interessant, als dass ihr hiermit ein methodisches Werkzeug vorliegt, mit dem sich Versorgungsituationen beschreiben, Bedingungszusammenhänge aufdecken und Versorgungskonzepte evaluieren lassen (Koller et al., 2009). Zudem erhöht sich für Versorger*innen die Wichtigkeit der Erhebung patientenberichteter Outcomes durch die Implementierung der International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) (World Health Organization, 2001) mit ihrem zugrundeliegenden biopsychosozialen Modell von Gesundheit in die Praxis.

Neben dem allgemeinen Begriff der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HrQoL) existieren auch Teilkonstrukte wie die stimmbezogene Lebensqualität (VrQoL). Hierbei wird das subjektive Befinden im Fokus der Stimmfunktion betrachtet.

In Anbetracht der Fülle an Fragebögen zur Lebensqualität stehen Wissenschaftler*innen und Versorger*innen vor der Herausforderung, das für ihre Forschungsfrage bzw. ihren Fall geeignete Messinstrument zu finden.

Fragestellung: Welche Messinstrumente zur stimmbezogenen Lebensqualität (VrQoL) sind bislang verfügbar?

Methode: Im Rahmen des Forschungspraktikums eines versorgungswissenschaftlichen Studiengangs wurde ein systematisches Review durchgeführt. Dazu erfolgte die Suche nach geeigneten Artikeln in den Datenbanken PubMed, Web of Science und PsycINFO.

Es wurden jene Studien eingeschlossen, in denen mindestens ein Instrument zur quantitativen Erfassung der VrQoL angewendet wurde. Dieses sollte zudem standardisiert sein und als Self-Assessment vorliegen. Für kindliche Populationen wurden auch Studien mit Fragebögen als Proxy-Report, also als Einschätzung durch die Erziehungsberechtigten, inkludiert. Es wurden keine Einschränkungen hinsichtlich der untersuchten Population vorgenommen. Sowohl die Einschätzung der Sprech- als auch der Singstimme wurde berücksichtigt. Die Studienauswahl erfolgte dreistufig auf Titel-, Abstract- und Volltextebene. Zur Datenextraktion wurden die Studiencharakteristika (Untersuchungsgegenstand, Stichprobe, Studiendesign, Ergebnisse) sowie die identifizierten Instrumente und ihre Eigenschaften (Zielgruppe, Subskalen, Scoring, psychometrische Gütekriterien, Verfügbarkeit einer deutschen Version) erfasst. Ferner wurde festgehalten, welche der identifizierten Instrumente jeweils in den eingeschlossenen Studien eingesetzt wurde.

Ergebnisse: Die Suche ergab 1092 potentiell relevante Artikel, von denen 129 in die systematische Übersicht eingeschlossen wurden. Die am häufigsten untersuchten Populationen waren Menschen mit nicht näher bezeichneter Dysphonie (n = 38 Studien), Menschen nach Laryngektomie (n = 13 Studien) und Menschen mit Stimmlippenlähmung (n = 7 Studien). Die Anzahl an Studien, die die VrQoL bei Kindern untersucht haben, liegt bei n = 18.

Anhand der inkludierten Studien konnten 22 standardisierte Instrumente zur Messung der VrQoL identifiziert werden. Davon erfassen 17 die VrQoL bei Erwachsenen und 5 bei Kindern. Spezifische Instrumente liegen für folgende Populationen vor: Sänger, Erwachsene mit Stimmlippenlähmung, transsexuelle Menschen und – zur Berücksichtigung kultureller Aspekte – Menschen im Iran und in Indien.

Deutsche Versionen sind für 8 der 22 gefundenen Fragebögen verfügbar. Dazu zählen vier generische Instrumente für Erwachsene (davon drei Versionen unterschiedlicher Itemanzahl eines generischen VrQoL-Fragebogens), drei zur VrQoL der Singstimme sowie ein Assessment für Mann-zu-Frau-Transsexuelle.

Die innerhalb der eingeschlossenen Studien am häufigsten angewendeten Fragebögen sind zwei generische Instrumente.

Diskussion: Das systematische Review hat gezeigt, dass selbst bei einem so spezifischen Selbstbeurteilungskonstrukt wie der VrQoL das Phänomen einer hohen Auswahl an Instrumenten besteht, was die Bedeutung der Messung subjektiver Outcomes unterstreicht. Allerdings ist die Auswahl für den deutschsprachigen Raum überschaubar; mit geringerer Berücksichtigung spezifischer Populationen verglichen mit den verfügbaren englischsprachigen Assessments. Darüber hinaus fehlt es gänzlich an Instrumenten zur kindlichen VrQoL.

Praktische Implikationen: Die durchgeführte systematische Recherche gibt Forschenden wie Versorgenden im Bereich der Phoniatrie und Stimmtherapie einen Überblick zu bislang verfügbaren Messinstrumenten der VrQoL, um die Auswahl passend zur jeweiligen Forschungsfrage bzw. zur versorgenden Population zu erleichtern. Zudem deckt sie vor allem für den deutschsprachigen Raum den Bedarf an Entwicklung von Assessments und Forschung zur VrQoL auf.