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Entwicklung eines flexiblen Behandlungskonzepts für die neurologische Anschlussrehabilitation nach Schlaganfall (AOK-pro Reha Schlaganfall)
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Veröffentlicht: | 26. September 2017 |
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Hintergrund: Die Diagnose Schlaganfall stellt in den meisten Fällen ein einschneidendes Lebensereignis dar, dessen Folgen die Lebensführung nachhaltig beeinflussen. Die Erkrankung und ihre Folgen stellen damit hohe Anforderungen an eine qualitativ hochwertige und zielorientierte medizinische Rehabilitation. Um eine diesen Anforderungen genügende Rehabilitation von Schlaganfallpatienten zu gewährleisten, fördert die AOK Baden-Württemberg ein Projekt, dessen Ziel es ist, ein evidenzbasiertes Behandlungskonzept für die Rehabilitation nach Schlaganfall (nur Phase D) zu erarbeiten, das Leistungsstandards definiert.
Fragestellung: Ziel dieses Beitrags ist es, die Entwicklung und den Inhalt des Behandlungskonzepts darzustellen. Das Behandlungskonzept wird eine hohe Verbindlichkeit haben, da es auch die Grundlage einer zugehörigen, leistungsorientierten Vergütung darstellt. Gleichzeitig muss es aufgrund der Heterogenität des Krankheitsbilds Schlaganfall eine hohe Flexibilität der Therapieplanung und Reha-Zielfestlegung zulassen.
Methode: Die Erarbeitung des Behandlungskonzeptes erfolgte in mehreren Schritten: Es wurde zunächst eine eingehende systematische und strukturierte Literarturrecherche nach Leitlinien durchgeführt. Für rehabilitative Behandlungsmaßnahmen, zu denen wenige Empfehlungen in den Leitlinien gefunden wurden, wurde eine weitere systematische Literaturrecherche zu Übersichtsarbeiten durchgeführt. So konnten insgesamt 47 Leitlinien und vier Reviews identifiziert werden. Parallel zu diesen Recherchen wurden neurologische Rehabilitationskliniken gebeten, ihre Behandlungskonzepte zuzusenden, um eine Bestandsaufnahme rehabilitativer neurologischer Behandlungskonzepte zu erstellen. Auf der Basis dieser Vorarbeiten wurde eine erste Version des Behandlungskonzepts erstellt. Diese Version wurde anschließend auf einer offenen Online-Plattform platziert, auf der sie von in der neurologischen Rehabilitation tätigen Personen eingesehen und kommentiert werden konnte. Eine auf der Basis dieser Rückmeldungen erstellte zweite Version wurde dann auf einem Workshop mit 23 Experten diskutiert. Nach mehreren weiteren Überarbeitungsschritten unter Beteiligung der Experten liegt nun ein Konzept vor, das implementiert werden kann.
Ergebnisse: Das Behandlungskonzept sieht in seiner aktuellen Version 12 Module vor, von denen sich 10 auf die Rehabilitation selber und zwei auf die Schnittstellen zu Vor- und Nachbehandlern beziehen:
I. Leistungen zur Verbesserung von motorischen und sensomotorischen Fertigkeiten
II. Leistungen zum Training von Alltagsaktivitäten
III. Leistungen zur Physikalischen Therapie
IV. Leistungen zur Verbesserung von Sprach-, Sprech- und Schluckfunktionen
V. Leistungen zur Therapeutischen Pflege
VI. Leistungen zur Verbesserung kognitiver Fähigkeiten
VII. Leistungen zur Verbesserung der psychischen Gesundheit
VIII. Leistungen zur Förderung einer gesunden Ernährung
IX. Leistungen zur Gesundheitsbildung und Patientenschulung
X. Leistungen zur Vorbereitung nachgehender Maßnahmen
XI. Informations- und Kommunikationsbedarf zur Optimierung der Schnittstelle zum Akutkrankenhaus
XII. Informations- und Kommunikationsbedarf zur Optimierung der Schnittstelle zur Nachsorge
Jedes Modul enthält eine Liste von konkreten Anforderungen, die für definierte Zielgruppen Leistungen festlegen. Z.B.: „Rehabilitanden mit Einschränkungen in der unteren Extremität: Für selbstständige und gehfähige Rehabilitanden sollen Leistungen wie ein Laufbandtraining, ein funktionelles Krafttraining, eine Balance- und Ausdauerschulung oder ein intensives aufgaben- und kontextspezifisches Training erbracht werden.“
Das Behandlungskonzept legt für jedes Modul 1-3 Intensitätsstufen fest (z.B. Leistungen zur Verbesserung von motorischen und sensomotorischen Fertigkeiten: Zwei Intensitätsstufen a) 150 Minuten pro Woche, b) 210 Minuten pro Woche). Es bleibt den Kliniken überlassen, ob die Priorität von Zielen, Schweregrade oder Sonstiges die Auswahl bestimmter Intensitätsstufen steuert. Die Einrichtung soll aber für jeden Fall eindeutig festlegen und dokumentieren, welche dieser Intensitätsstandards sie bei dem jeweiligen Patienten zugrunde legt. Um den ökonomischen Anreiz, möglichst geringe Intensitätsstufen zu definieren, zu vermeiden, wird gleichzeitig ein Minimum an Therapiezeiten über alle Module hinweg festgelegt.
Diskussion und praktische Implikationen: Innovativ scheint an dem Behandlungskonzept, dass die oft gegenläufigen Forderungen nach Standardisierung und Flexibilität im Einzelfall durch frei wählbare Intensitätsstandards in Einklang gebracht werden. Wichtig ist in diesem Fall aber die Festlegung eines Gesamtminimums an Therapiezeiten. Ab Ende 2017 wird das Behandlungskonzept zunächst in 7 Pilot-Einrichtungen implementiert. Es erfolgen eine Implementierungsbegleitung (Unterstützung der Einrichtungen bei der sachgemäßen Umsetzung des Behandlungskonzepts) und eine wissenschaftliche Evaluation durch eine kontrollierte Studie.