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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Einstellungen von Ärztinnen und Ärzten zur Delegation ärztlicher Leistungen an nicht-ärztliches Personal in der ambulanten Versorgung – Eine Bestandsaufnahme

Meeting Abstract

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  • Daniele Civello - Institut für Gesundheitsökonomie und klinische Epidemiologie (IGKE), Köln, Germany
  • Marcus Redaelli - Institut für Gesundheitsökonomie und klinische Epidemiologie (IGKE), Köln, Germany
  • Dagmar Hertle - IQTIG - Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen, Berlin, Germany
  • Stephanie Stock - Institut für Gesundheitsökonomie und klinische Epidemiologie (IGKE), Köln, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP082

doi: 10.3205/17dkvf238, urn:nbn:de:0183-17dkvf2388

Veröffentlicht: 26. September 2017

© 2017 Civello et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Frage, ob und wenn ja, welche Leistungen an medizinische Fachangestellte (MFAs) delegiert werden können, ist seit vielen Jahren Thema im Gesundheitswesen und deren Rechtsprechung. Nachdem der Bundesgerichtshof bereits 1975 entschieden hat, dass der Arzt an qualifiziertes, nichtärztliches Personal delegieren kann, hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung 2013 eine Vereinbarung über die Delegation ärztlicher Leistungen an nichtärztliches Personal in der ambulanten Versorgung geschlossen, und darin die Rahmenbedingung solcher Delegationen klar festgelegt.

Fragestellung: Ziel des Projektes war es im Zuge einer Befragung von Haus- und KinderärztInnen Einstellungen zur und Erwartungen an die Delegation von ärztlichen Leistungen an MFAs zu ermitteln.

Methode: Seit über 10 Jahren führt der Commonwealth Fund (CMWF) den „International Health Policy (IHP)-Survey“ durch und befragt darin auch ÄrztInnen und PatientInnen in Deutschland. In diesem Zuge wurden im Frühjahr 2015 -durchgeführt durch das BQS Institut für Qualität- Patientensicherheit (BQS)- 3000 Haus- und KinderärztInnen zur Beantwortung eines postalischen Fragebogens eingeladen. Neben den Fragen der internationalen Erhebung wurden in hierbei auch Fragen zur Delegation von ärztlichen Leistungen an speziell weitergebildete MFAs inkludiert. Deren Beantwortung wurde deskriptiv analysiert.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 559 Fragebögen zurückgeschickt, was einer Response-Rate von 18,7% entspricht. 57% der Antwortbögen wurden von Männern zurückgesendet, 43% von Frauen. 80% der Teilnehmer waren AllgemeinärztInnen, 12% waren KinderärztInnen.

67% der Befragten gaben an, es gäbe geeignete Weiterbildungsangebote für die Qualifizierung von MFAs. 28% hielten die finanziellen Anreize, ärztliche Leistungen zu delegieren für ausreichend. Die Beantwortung dieser Frage zeigte sich im Test als abhängig von der Zufriedenheit mit dem eigenen Verdienst. Bei der Frage welche ärztlichen Tätigkeiten speziell weitergebildete MFAs selbständig ausführen können, fanden 4 der vorgegebenen Antwortmöglichkeiten zwischen 65% und 81% Zustimmung („Definierte Untersuchungen (z.B. Fußuntersuchungen)“/“Selbständige Durchführung von Injektionen und Impfungen“/“Selbständige Durchführung von Verbandswechseln“/“Beratung und Schulung von Patienten und Angehörigen“). Zwei Antwort-Items „Durchführung von Routinehausbesuchen bei chronisch Kranken“ und „Medikamentenanamnese einschließlich der Befragung zu Nebenwirkungen“ fanden nur um die 50% Zustimmung. Als besondere Erfordernisse, die die Delegation von ärztlichen Leistungen erfordert, wurden vor allem „hochwertige Weiterbildungsangebote“ (85%), „finanzielle Anreize“ (78%) und eine „Neuausrichtung der Aufgabenverteilung im Praxisteam“ (63%) bejaht. Weniger Zustimmung fand die „Einführung einer neuen Versorgungsebene für nichtärztliche Gesundheitsberufe mit der Zuweisung neuer Rollen“ (54%). Die überwiegende Mehrheit der Befragten war der Meinung, die Delegation wirke sich positiv („Man hat mehr Zeit für die ärztlichen Tätigkeiten“, 70%) oder neutral („Man hat unverändert viel Zeit…“, 22%) auf das Zeitmanagement als Arzt aus, nur 8% gingen von einem negativen Effekt aus. Einen positiven Effekt auf Aspekte der Versorgungsqualität nahmen zwischen 42% und 58% der Befragten an, wobei bis einem Drittel der Befragten hier weder zustimmen noch verneinen wollten.

Diskussion: Die Befragung gibt einen Eindruck, in welchen Bereichen sich ÄrztInnen die Delegation von ärztlichen Leistungen vorstellen können und in welchen Bereichen sie noch Raum zur Verbesserung sehen. Besonders der Aspekt der zeitlichen Entlastung durch MFAs ist ÄrztInnen bereits jetzt bewusst. Die Auswirkungen auf die Behandlungsqualität und –sicherheit der PatientInnen werden von den ÄrztInnen noch kritisch angesehen, hier sind weitere Aufklärung der ÄrztInnen und weitere Forschung nötig. Neben der Überzeugung von ÄrztInnen sollten auch die Überzeugungen von MFAs und PatientInnen Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.

Praktische Implikationen: Befragungen dieser Art helfen mögliche Probleme mit und Vorbehalte gegenüber der Delegation ärztlicher Leistungen aufzudecken. Ebenso kann so ermittelt werden, welche Aspekte weiterer Anreize bedürfen.