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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Therapieverlauf und Kosten der Biologikabehandlung bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen anhand von Daten aus Apothekenrechenzentren

Meeting Abstract

  • Alina Brandes - Takeda Pharma Vertrieb GmbH & Co. KG, Berlin, Germany
  • Kathrin Krause - Takeda Pharma Vertrieb GmbH & Co. KG, Berlin, Germany
  • Lena Fanter - Takeda Pharma Vertrieb GmbH & Co. KG, Berlin, Germany
  • Dietmar Wassener - Pharmafakt GmbH, München, Germany
  • Boris Ratsch - Takeda Pharma Vertrieb GmbH & Co. KG, Berlin, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP074

doi: 10.3205/17dkvf230, urn:nbn:de:0183-17dkvf2302

Veröffentlicht: 26. September 2017

© 2017 Brandes et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind mit über 300.000 Betroffenen die wichtigsten chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen in Deutschland. Die Arzneimitteltherapie erfolgt zumeist abgestuft, wobei Biologika am Ende des Arzneimittelspektrums stehen und bei Nicht-Ansprechen oder Versagen die Dosis erhöht oder auf ein anderes Biologikum umgestellt werden kann. Es finden sich Hinweise, dass Patienten je nach Vortherapie unterschiedlich auf Biologika ansprechen. Bisher wurden keine Analysen von Therapieverlauf und Kosten für verschiedene Biologika im deutschen Versorgungskontext durchgeführt.

Fragestellung: Ziel dieser Studie ist eine Gegenüberstellung von Verweildauer, Biologika-Dosierung, Begleitmedikation und Arzneimittelkosten von Fällen, die mit Vedolizumab (VDZ), Adalimumab (ADA) oder Infliximab (IFX) behandelt werden.

Methode: Die Analyse basiert auf anonymisierten Einzeldaten aus Apothekenrechenzentren mit einer Abdeckung von 65% der Verordnungen. Eingeschlossen in die Studie werden Fälle mit einer erstmaligen Verordnung von VDZ, ADA oder IFX (Originalpräparat und Biosimilars) zwischen Juli und Dezember 2015 sowie einer Therapiedauer von mind. 12 Monaten, wobei mind. eine Verordnung durch einen Gastroenterologen erfolgt sein muss. Die Analyse von Therapieverlauf und Kosten erfolgt sowohl stratifiziert nach der mittleren Biologikadosierung in 10 Gruppen, als auch für die gesamte Kohorte. Ein Therapieabbruch ist definiert als keine weitere Verordnung innerhalb von 12 Monaten. Die Biologikadosierung wird deskriptiv in mg über 12 Monate berichtet. Begleitmedikation mit Glukokortikoiden, Azathioprin und Methotrexat wird als Fallanteil und DDD ausgewiesen. Arzneimittelkosten der Biologikatherapie und Begleitmedikation basieren auf dem Apothekenverkaufspreis. Stratifizierte Analysen nach Vortherapie werden in den Gruppen Bio-erfahren und Bio-naiv (entsprechend Biologikaverordnungen 12 Monate vor Neueinstellung) dargestellt.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 963 Fälle in die Studie eingeschlossen, davon 713 Bio-naiv und 250 Bio-erfahren. 203 (Bio-naiv:76/ Bio-erfahren:127) Fälle wurden neu auf VDZ eingestellt, 382 (331/51) auf ADA und 378 (306/72) auf IFX. Die Verweildauer auf den Wirkstoffen ist in den Gesamtkohorten mit 52% - 54% vergleichbar. Die höchste Verweildauer nach 12 Monaten weist die Bio-naive VDZ-Population mit 59% auf. In der Gesamtkohorte bekommen VDZ-Fälle im Mittel 2.535mg in 12 Monaten verordnet (Median: 2.400mg, Minimum: 600mg, Maximum: 4.200mg). ADA wird mit einer mittleren Jahresdosis von 1.194mg (1.200mg, 80mg,3.360mg) verordnet und IFX in Höhe von 3.121mg (3.000mg, 300mg, 9.800mg). Ähnlich zur Gesamtkohorte beträgt die mittlere Jahresdosis von VDZ 2.522mg bei Bio-naiven, 1.187mg bei ADA und 3.082mg bei IFX mit vergleichbaren Verteilungsparametern. 53% der Fälle in der Gesamtkohorte erhalten begleitend zur Therapie mit VDZ Glukokortikoide, Azathioprin und/oder Methotrexat. Für 47% der Fälle unter ADA und 60% unter IFX ist eine Begleitmedikation dokumentiert; in den Bio-naiven Kohorten findet sich eine verordnete Begleitmedikation in jeweils 54%, 46% und 59% der Fälle. Die mittleren Jahrestherapiekosten schwanken zwischen 22.763€ und 28.526€, wobei die IFX Biosimilars und VDZ die geringsten Kosten aufweisen und das IFX Originalpräparat die höchsten.

Diskussion: Die Studienkohorte weist mit 74% einen hohen Anteil an Bio-naiven Fällen auf, wobei der deutliche Unterschied zwischen VDZ (38%) und ADA (87%) bzw. IFX (81%) auffällt.

Basierend auf den Angaben der Fachinformationen kann auf die Anteile an Fällen geschlossenen werden, die eine von der Standardempfehlung abweichende Dosierung erhalten. So erhalten 33% der Fälle unter ADA sowie 38% unter VDZ und IFX eine erhöhte Jahresdosis. Insgesamt geht ein Anstieg der Gesamtdosis Biologika mit steigender Begleitmedikation einher. Dies ist am steigenden Anteil der Fälle mit Glukokortikoiden und an der steigenden Dosierung dieser zu erkennen. Über alle Gruppen hinweg zeigt sich, dass eine höhere Jahresgesamtdosis Biologika mit höheren Jahrestherapiekosten einhergeht, da diese vor allem von den Kosten der Biologikatherapie bestimmt werden. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Preisdiskussion im Zusammenhang mit einer Biologikatherapie ist zu erwähnen, dass die Kosten von IFX trotz eines biosimilaren Anteils von 56% insgesamt nicht geringer als die der anderen Wirkstoffe sind.

Diese Studie zeichnet sich durch eine große Fallzahl aus, die eine hohe regionale Abdeckung und Repräsentativität ermöglicht. Dem Fehlen von Diagnoseangaben wird dadurch begegnet, dass mindestens eine Verordnung von einem Gastroenterologen stammt. Es sind keine Angaben zu Therapie-relevanten Patientencharakteristika, wie Alter, Geschlecht, Gewicht oder Krankheitsschwere im Datensatz enthalten. Vergleichbarkeit der Gruppen wird insoweit geschaffen, dass nur Neueinstellungen auf einen Wirkstoff im gleichen Zeitraum und mit gleicher Follow-up-Dauer betrachtet werden.