gms | German Medical Science

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Entwicklung von Methoden zur Nutzung von Routinedaten für ein sektorenübergreifendes Entlassmanagement (EMSE)

Meeting Abstract

  • Katja Kleine-Budde - AQUA - Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen, Germany
  • Björn Broge - AQUA - Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen, Germany
  • Klaus Focke - BKK Dachverband e.V., Berlin, Germany
  • Karl Blum - Deutsches Krankenhausinstitut, Düsseldorf, Germany
  • Benjamin Finger - BKK Dachverband e.V., Berlin, Germany
  • Thomas Grobe - AQUA - Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen, Germany
  • Lars Behrenz - AQUA - Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen, Germany
  • Gerald Willms - AQUA - Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP219

doi: 10.3205/17dkvf209, urn:nbn:de:0183-17dkvf2097

Veröffentlicht: 26. September 2017

© 2017 Kleine-Budde et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Nach §11 Abs. 4 SGB V haben grundsätzlich alle Patienten, die aus dem Krankenhaus entlassen werden, Anspruch auf ein Entlassmanagement. Für die meisten Patienten ist jedoch der Unterstützungsbedarf, so wie er in einem strukturierten Entlassungsgespräch geleistet werden kann, ausreichend. Im vorliegenden Kontext geht es deshalb darum, diejenigen Patienten frühzeitig zu erkennen, die einen erhöhten Nachsorgebedarf aufweisen.

Fragestellung: Das beantragte Forschungsvorhaben zielt darauf ab, die wissenschaftlichen und methodischen Grundlagen für ein effektives, sektorenübergreifendes Entlassmanagement zu schaffen, mit dem die bestehenden gesetzlichen Anforderungen zur Kooperation und Koordination von Krankenhäusern, Krankenkassen und Nachsorgern erfüllt werden können. Hierzu wird ein Entlassmanagementinstrument entwickelt, welches die Maßnahmen und Verantwortlichkeiten zur Planung und Umsetzung der Nach- und Weiterversorgungsbedarfe von Patienten in informationstechnisch aufbereiteter Form und unter Berücksichtigung rechtlicher Rahmenbedingungen abbildet. Zudem wird geprüft, wie durch die Einbeziehung von Routinedaten der Krankenkassen die Informationsgrundlagen verbessert bzw. die notwendige Dokumentation vereinfacht werden kann. Die hierfür notwendigen Grundlagen und Entwicklungsschritte lassen sich in vier Fragekomplexe zusammenfassen:

(1) Wie können „Patienten mit einem erhöhten poststationären Versorgungsbedarf“ auf Grundlage von Routinedaten definiert und frühzeitig identifiziert werden?

(2) Welche Informationen werden im Prozess des Entlassmanagements benötigt und welche dieser Informationen stehen als Routinedaten bereits zur Verfügung?

(3) Wie können die Inhalte und Prozesse informationstechnisch so definiert werden, dass sie unabhängig von spezifischen EDV-Systemen als Vorgaben verwendbar sind?

(4) Welcher gesetzliche und untergesetzliche Anpassungsbedarf ergibt sich insbesondere dadurch, dass Krankenkassen und Nachsorger systematisch und frühzeitig in die Prozesse und Informationsgrundlagen einbezogen werden sollen?

Methode: Das Projekt gliedert sich in vier Arbeitspakete (AP). In AP1 werden Modelle zur Prognose eines erhöhten Bedarfs für ein Entlassmanagement auf der Basis von Routinedaten einer Krankenkasse aus den Jahren 2013 bis 2015 entwickelt. In dem Datensatz sind alle Versicherten erhalten, die in den betrachteten Jahren mindestens einmal aus stationärer Versorgung entlassen wurden.

Ziel des AP2 ist die Entwicklung eines Assessmentdatensatzes, der die notwendigen Inhalte eines Entlassmanagementinstruments beschreibt. Hierzu werden zunächst systematisch Recherchen und Interviews mit Praktikern des Entlassmanagements durchgeführt. Außerdem werden die Informationsbedarfe der Nachsorger ermittelt. In einem zweiten Schritt wird die Nutzbarkeit von Routinedaten im Hinblick auf die Abbildbarkeit von Merkmalen des Assessmentdatensatzes überprüft. Abschließend erfolgt eine formale Beurteilung der Merkmale durch ein Expertenpanel in einem zweistufigen Bewertungsverfahren.

In AP3 werden die inhaltlichen aus AP2 informationstechnisch aufbereitet. Dazu gehört die Spezifikation der Datenfelder sowie die Beschreibung eines möglichen Datenflusses, welcher sich an den bereits vorhandenen Datenflüssen nach §301 SGB V zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen orientieren soll. Neben Literaturrecherchen werden Softwareanbieter gefragt, um eine Übersicht über Aufbau und Funktionalitäten bereits in Verwendung befindlicher Softwareprodukte im Bereich Entlassmanagement zu erhalten.

Unter Einbeziehung eines Projektbeirats wird in AP4 geprüft, ob sich aus den Ergebnissen der Arbeitspakete 1-3 ein Anpassungsbedarf gesetzlicher oder untergesetzlicher Regelungen ableiten lässt bzw. welche konkreten gesetzlichen Bestimmungen ggf. erforderlich oder sinnvoll wären. Im Ergebnis sollen erste Vorschläge für Formulierungshilfen für den Gesetzgeber erarbeitet werden. Die Akzeptanz und Praktikabilität dieser Vorschläge wird dann mittels Interviews mit Experten aus der Selbstverwaltung sowie mit Praktikern aus verschiedenen Leistungsbereichen überprüft.

In einem gemeinsamen Workshop des Projektbeirats und Expertenpanels wird eine Gesamtwürdigung der Ergebnisse vorgenommen.

Praktische Implikationen: Das entwickelte Instrument zum Entlassmanagement wird veröffentlicht und kann von allen interessierten Akteuren als Grundlage zur Gestaltung der eigenen Prozesse oder für Zwecke der Weiterbildung verwendet werden. Die IT-technische Aufbereitung erfolgt auf Basis der Standards in der gesetzlichen Qualitätssicherung, sodass eine Reihe von Softwareanbietern in der Lage ist, diese Vorgaben zu implementieren, ggf. auch in Teilen. Damit steht den Akteuren des Entlassmanagements erstmalig eine transparente, wissenschaftlich erarbeitete Lösung zur Verfügung, die mit offenen Standards definiert ist.