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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Verbesserung der Versorgung von Kindern-und Jugendlichen mit Arzneimitteln durch Erhöhung der Arzneimittelsicherheit – Das KiDSafe Projekt

Meeting Abstract

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  • Antje Neubert - Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Germany
  • Matthias Schwab - Dr. Margarete Bosch Institut für klinische Pharmakologie, Stuttgart, Germany
  • Wolfgang Rascher - Universitätsklinikum Erlangen, Hamburg, Germany
  • Konsortium KiDSafe - Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP233

doi: 10.3205/17dkvf179, urn:nbn:de:0183-17dkvf1798

Veröffentlicht: 26. September 2017

© 2017 Neubert et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Kinder und Jugendliche sind bei der Versorgung mit Arzneimitteln benachteiligt. Im stationären Bereich werden 42-90%, im ambulanten Bereich 46-64% der Kinder und Jugendlichen mit Medikamenten außerhalb der Zulassung behandelt.

Aufgrund von off-label Anwendungen, fehlenden pädiatrischen Darreichungsformen und komplexen Dosisberechnungen treten Medikationsfehler (MF) im Vergleich zu Erwachsenen bis zu dreimal häufiger auf. Es ist davon auszugehen, dass 3-5% aller stationären Aufnahmen aufgrund einer unerwünschten Arzneimittelwirkung (UAW) erfolgen. Die UAW-Meldung ist daher ein wichtiges Instrument um Signale zu möglichen Sicherheitsrisiken von Arzneimitteln zu generieren. Die Melderate bei Kindern betrug 2008 im Vergleich zu Erwachsenen nur die Hälfte der Meldungen pro Millionen Personen.

Fragestellung: Das bestehende Versorgungsdefizit in der pädiatrischen Arzneimitteltherapie soll durch die Einführung einer strukturierten Behandlungsmaßnahme signifikant verbessert werden.

Methode: „PaedPharm“ ist eine Qualitätssicherungsmaßnahme, die evidenzbasierte Informationen sowie spezifische Handlungsempfehlungen zur Anwendung von Arzneimitteln bei Kindern an ambulant und stationär tätige Ärzte sowie Apotheker weitergibt. PaedPharm besteht aus drei Modulen: 1. Ein digitales Kinderarzneimittelinformationssystem, Modul 2: Pädiatrisch-pharmazeutische Qualitätszirkel und Modul 3: Ein System zur verpflichtenden nationalen Meldung von UAW.

Das Arzneimittelinformationssystem beinhaltet systematisch recherchierte und mit Expertenwissen abgeglichene Informationen zur Dosierung von Arzneimitteln bei Kindern und Jugendlichen sowie pharmazeutische Informationen zu Darreichungsformen und zur Anwendung. Qualitätszirkel begleiten die Einführung des Arzneimittelinformationssystems und sensibilisieren für den Medikationsprozess. Das Modul 3 etabliert eine kontinuierliche, intensivierte Meldung für UAW und MF, vor allem für off-label Anwendungen.

All drei Module werden im Rahmen des Projektes in 12 geographischen Clustern bestehend aus jeweils einer Kinderklinik und umliegenden Arztpraxen schrittweise implementiert.

Ergebnisse: Es ist zu erwarten, dass durch eine gesteuerte und evidenzbasierte Verordnung von Medikamenten für Kinder und Jugendliche unter Berücksichtigung relevanter klinisch-pharmakologischer Aspekte die Verschreibungspraxis behandelnder Kinder-und Jugendärzte verbessert wird und daraus resultierend die Rate an UAW und MF im Kindesalter signifikant reduziert wird. Dadurch werden Kosten für die stationäre Behandlung von UAW und MF für die Krankenversicherungen gesenkt.

Der Erfolg der Implementierung von „PaedPharm“ wird von einem unabhängigen Institut sowohl qualitativ als auch quantitativ evaluiert. Der primäre Endpunkt in der Evaluation ist die Inzidenz von UAW und MF zum einen als Ursache für eine stationäre Aufnahme und zum anderen während eines stationären Aufenthaltes.

Diskussion: „PaedPharm“ bietet ein innovatives Instrumentarium, um die interdisziplinäre Arbeit insbesondere zwischen Ärzten, Apothekern und Pflegekräften, aber auch weiterer Berufsgruppen zu intensivieren. Durch die Einbindung der Expertise verschiedener Berufsgruppen ist es möglich, deren Sichtweisen gleichermaßen zu berücksichtigen und in der Routineversorgung abbildbar zu machen.

Praktische Implikationen: Durch die Bündelung aller Aspekte der pädiatrischen Arzneimittelverordnung und Anwendung in praxisrelevanter und dennoch wissenschaftlich fundierter Form kann eine nachhaltige Verbesserung aller patienten- und qualitätsrelevanter Parameter erreicht werden. Eine flächendeckende bundesweite Implementierung von „PaedPharm“ und Aufnahme in die Regelversorgung ist angestrebt, um eine dauerhafte Verbesserung der pädiatrischen Arzneimitteltherapie zu erreichen.